Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

wasser aufgewartet. -- Doch vielleicht habe ich Ihnen
schon zu lange von diesen Prechtthäler Bauern erzählt.
Ihre besondre Landwirthschaft gehört freilich mehr in die
Topographie meines Vaterlandes, als in die Geschich-
te dieser Reise. Also muß ich Sie wieder in eine Stadt
führen.

Aus dem Thal wegzukommen, ritt ich immer an der
Elz, die hier entspringt, fort, und bewunderte ihren
krummen und wandelbaren Lauf. Ich kan Ihnen nicht
sagen, wie oft man über eine Elzbrücke muß in kurzer
Zeit. Es vergeht beinahe kein Jahr, so entstehn von
diesem Wasser fürchterliche Ueberschwemmungen. In den
an sich engen und schmalen Wegen liegen Felsbrocken,
und grobe, wüste Steine, die das Wasser herbeigeführt
hat, in grosser Menge. Man zeigte mir den Ort, wo
die Elz noch vor kurzer Zeit eine katholische Kapelle zer-
stört hat. In einer Nacht wächst sie öfters zu einer un-
begreiflichen Höhe, und thut auf dem ebnen Lande, wenn
sie über die Wiesen läuft, oder die Weideplätze über-
schwemmt, auf welchen man meistens um die Zeit des
Anlaufens Hanf zum Trocknen und Bleichen aufgestellt
hat, der alsdann vom Wasser entweder fortgeführt, oder
doch unter einander geworfen und verdorben wird, gros-
sen Schaden. Nicht weit von meinem Geburtsorte,
Koendringen in der Marggrafschaft Hachberg, ver-
einigt sich die Elz mit der Treysam, und fällt hernach
mit ihr in Rhein.

Angenehm ist es, zwischen den einzelnen Höfen, die
bald mehr, bald weniger von einander entfernt sind,
durchzureiten. Die Leute essen alle gewaltig viel Brod.
Auf einmahl verbackt man oft in einer mittelmässigen Fa-

milie

waſſer aufgewartet. — Doch vielleicht habe ich Ihnen
ſchon zu lange von dieſen Prechtthaͤler Bauern erzaͤhlt.
Ihre beſondre Landwirthſchaft gehoͤrt freilich mehr in die
Topographie meines Vaterlandes, als in die Geſchich-
te dieſer Reiſe. Alſo muß ich Sie wieder in eine Stadt
fuͤhren.

Aus dem Thal wegzukommen, ritt ich immer an der
Elz, die hier entſpringt, fort, und bewunderte ihren
krummen und wandelbaren Lauf. Ich kan Ihnen nicht
ſagen, wie oft man uͤber eine Elzbruͤcke muß in kurzer
Zeit. Es vergeht beinahe kein Jahr, ſo entſtehn von
dieſem Waſſer fuͤrchterliche Ueberſchwemmungen. In den
an ſich engen und ſchmalen Wegen liegen Felsbrocken,
und grobe, wuͤſte Steine, die das Waſſer herbeigefuͤhrt
hat, in groſſer Menge. Man zeigte mir den Ort, wo
die Elz noch vor kurzer Zeit eine katholiſche Kapelle zer-
ſtoͤrt hat. In einer Nacht waͤchſt ſie oͤfters zu einer un-
begreiflichen Hoͤhe, und thut auf dem ebnen Lande, wenn
ſie uͤber die Wieſen laͤuft, oder die Weideplaͤtze uͤber-
ſchwemmt, auf welchen man meiſtens um die Zeit des
Anlaufens Hanf zum Trocknen und Bleichen aufgeſtellt
hat, der alsdann vom Waſſer entweder fortgefuͤhrt, oder
doch unter einander geworfen und verdorben wird, groſ-
ſen Schaden. Nicht weit von meinem Geburtsorte,
Koendringen in der Marggrafſchaft Hachberg, ver-
einigt ſich die Elz mit der Treyſam, und faͤllt hernach
mit ihr in Rhein.

Angenehm iſt es, zwiſchen den einzelnen Hoͤfen, die
bald mehr, bald weniger von einander entfernt ſind,
durchzureiten. Die Leute eſſen alle gewaltig viel Brod.
Auf einmahl verbackt man oft in einer mittelmaͤſſigen Fa-

milie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0398" n="360"/>
wa&#x017F;&#x017F;er aufgewartet. &#x2014; Doch vielleicht habe ich Ihnen<lb/>
&#x017F;chon zu lange von die&#x017F;en <hi rendition="#fr">Prechttha&#x0364;ler Bauern</hi> erza&#x0364;hlt.<lb/>
Ihre be&#x017F;ondre Landwirth&#x017F;chaft geho&#x0364;rt freilich mehr in die<lb/>
Topographie meines Vaterlandes, als in die Ge&#x017F;chich-<lb/>
te die&#x017F;er Rei&#x017F;e. Al&#x017F;o muß ich Sie wieder in eine Stadt<lb/>
fu&#x0364;hren.</p><lb/>
          <p>Aus dem Thal wegzukommen, ritt ich immer an der<lb/><hi rendition="#fr">Elz,</hi> die hier ent&#x017F;pringt, fort, und bewunderte ihren<lb/>
krummen und wandelbaren Lauf. Ich kan Ihnen nicht<lb/>
&#x017F;agen, wie oft man u&#x0364;ber eine <hi rendition="#fr">Elzbru&#x0364;cke</hi> muß in kurzer<lb/>
Zeit. Es vergeht beinahe kein Jahr, &#x017F;o ent&#x017F;tehn von<lb/>
die&#x017F;em Wa&#x017F;&#x017F;er fu&#x0364;rchterliche Ueber&#x017F;chwemmungen. In den<lb/>
an &#x017F;ich engen und &#x017F;chmalen Wegen liegen Felsbrocken,<lb/>
und grobe, wu&#x0364;&#x017F;te Steine, die das Wa&#x017F;&#x017F;er herbeigefu&#x0364;hrt<lb/>
hat, in gro&#x017F;&#x017F;er Menge. Man zeigte mir den Ort, wo<lb/>
die <hi rendition="#fr">Elz</hi> noch vor kurzer Zeit eine katholi&#x017F;che Kapelle zer-<lb/>
&#x017F;to&#x0364;rt hat. In einer Nacht wa&#x0364;ch&#x017F;t &#x017F;ie o&#x0364;fters zu einer un-<lb/>
begreiflichen Ho&#x0364;he, und thut auf dem ebnen Lande, wenn<lb/>
&#x017F;ie u&#x0364;ber die Wie&#x017F;en la&#x0364;uft, oder die Weidepla&#x0364;tze u&#x0364;ber-<lb/>
&#x017F;chwemmt, auf welchen man mei&#x017F;tens um die Zeit des<lb/>
Anlaufens Hanf zum Trocknen und Bleichen aufge&#x017F;tellt<lb/>
hat, der alsdann vom Wa&#x017F;&#x017F;er entweder fortgefu&#x0364;hrt, oder<lb/>
doch unter einander geworfen und verdorben wird, gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Schaden. Nicht weit von meinem Geburtsorte,<lb/><hi rendition="#fr">Koendringen</hi> in der Marggraf&#x017F;chaft <hi rendition="#fr">Hachberg,</hi> ver-<lb/>
einigt &#x017F;ich die <hi rendition="#fr">Elz</hi> mit der <hi rendition="#fr">Trey&#x017F;am,</hi> und fa&#x0364;llt hernach<lb/>
mit ihr in <hi rendition="#fr">Rhein.</hi></p><lb/>
          <p>Angenehm i&#x017F;t es, zwi&#x017F;chen den einzelnen Ho&#x0364;fen, die<lb/>
bald mehr, bald weniger von einander entfernt &#x017F;ind,<lb/>
durchzureiten. Die Leute e&#x017F;&#x017F;en alle gewaltig viel <hi rendition="#fr">Brod.</hi><lb/>
Auf einmahl verbackt man oft in einer mittelma&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Fa-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">milie</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[360/0398] waſſer aufgewartet. — Doch vielleicht habe ich Ihnen ſchon zu lange von dieſen Prechtthaͤler Bauern erzaͤhlt. Ihre beſondre Landwirthſchaft gehoͤrt freilich mehr in die Topographie meines Vaterlandes, als in die Geſchich- te dieſer Reiſe. Alſo muß ich Sie wieder in eine Stadt fuͤhren. Aus dem Thal wegzukommen, ritt ich immer an der Elz, die hier entſpringt, fort, und bewunderte ihren krummen und wandelbaren Lauf. Ich kan Ihnen nicht ſagen, wie oft man uͤber eine Elzbruͤcke muß in kurzer Zeit. Es vergeht beinahe kein Jahr, ſo entſtehn von dieſem Waſſer fuͤrchterliche Ueberſchwemmungen. In den an ſich engen und ſchmalen Wegen liegen Felsbrocken, und grobe, wuͤſte Steine, die das Waſſer herbeigefuͤhrt hat, in groſſer Menge. Man zeigte mir den Ort, wo die Elz noch vor kurzer Zeit eine katholiſche Kapelle zer- ſtoͤrt hat. In einer Nacht waͤchſt ſie oͤfters zu einer un- begreiflichen Hoͤhe, und thut auf dem ebnen Lande, wenn ſie uͤber die Wieſen laͤuft, oder die Weideplaͤtze uͤber- ſchwemmt, auf welchen man meiſtens um die Zeit des Anlaufens Hanf zum Trocknen und Bleichen aufgeſtellt hat, der alsdann vom Waſſer entweder fortgefuͤhrt, oder doch unter einander geworfen und verdorben wird, groſ- ſen Schaden. Nicht weit von meinem Geburtsorte, Koendringen in der Marggrafſchaft Hachberg, ver- einigt ſich die Elz mit der Treyſam, und faͤllt hernach mit ihr in Rhein. Angenehm iſt es, zwiſchen den einzelnen Hoͤfen, die bald mehr, bald weniger von einander entfernt ſind, durchzureiten. Die Leute eſſen alle gewaltig viel Brod. Auf einmahl verbackt man oft in einer mittelmaͤſſigen Fa- milie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/398
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/398>, abgerufen am 06.05.2024.