terscheidet die Rheinhäuser Weide, die Altspeirer Weide vor dem Wormser Thor, und die Hasenpfuler Weide. Das letzte ist der Namen einer Vorstadt, die viel tiefer liegt, als die Stadt selber. An der Rhein- häuser Weide haben alle Bürger Antheil, aber die bei- den andern sind den Einwohnern jener Vorstädte eigen. Man hat auch in Speier schon von der Abschaffung die- ser Almenden geredet, aber noch wollen die Bürger nichts davon hören. Sie wissen, daß in Reichsstädten das Gute immer etwas langsamer wächst, und später zu Stande kommt, als in andern Verfassungen, wiewohl es nicht allgemein wahr ist. Man zaudert an andern Orten auch, und bedenkt sich über jede Kleinigkeit oft un- erträglich lange.
Zu den Waldungen der Stadt gehört der sogenann- te Streitwald, worinnen Fichten, Föhren, Eichen, Espen, Birken und andere Bäume vorkommen. Nicht eine einzige Tanne, das Klima ist zu warm dazu. Ei- chen gedeihen nicht sonderlich, weil der Boden Sand ist. Man sieht dem Walde auch noch die gewaltige Hand der grossen Mordbrenner an. Die Stadt läßt alle Jahre in diesem Walde Holz für das Rathhaus schlagen, und so viel, als zu Besoldungen nöthig ist, hauen. Die Bür- ger müssen alle ihr Holz kaufen. Von der Murz kom- men grosse Flöße an, auch aus Neuburg und aus den Pfälzischen Waldungen. Am Rheinufer ist immer eine starke Niederlage von Holz, man kan sicher in jedem Jahre viel tausend Klaftern rechnen. Daher es auch nach dem eigenen Urtheil der Bürger nicht theuer ist. Sechs Guldeu kostet die Klafter Büchenholz. Ferner verkauft die Stadt, und auch die Hospitäler verkaufen
jährlich
U 4
terſcheidet die Rheinhaͤuſer Weide, die Altſpeirer Weide vor dem Wormſer Thor, und die Haſenpfuler Weide. Das letzte iſt der Namen einer Vorſtadt, die viel tiefer liegt, als die Stadt ſelber. An der Rhein- haͤuſer Weide haben alle Buͤrger Antheil, aber die bei- den andern ſind den Einwohnern jener Vorſtaͤdte eigen. Man hat auch in Speier ſchon von der Abſchaffung die- ſer Almenden geredet, aber noch wollen die Buͤrger nichts davon hoͤren. Sie wiſſen, daß in Reichsſtaͤdten das Gute immer etwas langſamer waͤchſt, und ſpaͤter zu Stande kommt, als in andern Verfaſſungen, wiewohl es nicht allgemein wahr iſt. Man zaudert an andern Orten auch, und bedenkt ſich uͤber jede Kleinigkeit oft un- ertraͤglich lange.
Zu den Waldungen der Stadt gehoͤrt der ſogenann- te Streitwald, worinnen Fichten, Foͤhren, Eichen, Eſpen, Birken und andere Baͤume vorkommen. Nicht eine einzige Tanne, das Klima iſt zu warm dazu. Ei- chen gedeihen nicht ſonderlich, weil der Boden Sand iſt. Man ſieht dem Walde auch noch die gewaltige Hand der groſſen Mordbrenner an. Die Stadt laͤßt alle Jahre in dieſem Walde Holz fuͤr das Rathhaus ſchlagen, und ſo viel, als zu Beſoldungen noͤthig iſt, hauen. Die Buͤr- ger muͤſſen alle ihr Holz kaufen. Von der Murz kom- men groſſe Floͤße an, auch aus Neuburg und aus den Pfaͤlziſchen Waldungen. Am Rheinufer iſt immer eine ſtarke Niederlage von Holz, man kan ſicher in jedem Jahre viel tauſend Klaftern rechnen. Daher es auch nach dem eigenen Urtheil der Buͤrger nicht theuer iſt. Sechs Guldeu koſtet die Klafter Buͤchenholz. Ferner verkauft die Stadt, und auch die Hoſpitaͤler verkaufen
jaͤhrlich
U 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0349"n="311"/>
terſcheidet die <hirendition="#fr">Rheinhaͤuſer</hi> Weide, die <hirendition="#fr">Altſpeirer</hi><lb/>
Weide vor dem <hirendition="#fr">Wormſer</hi> Thor, und die <hirendition="#fr">Haſenpfuler</hi><lb/>
Weide. Das letzte iſt der Namen einer Vorſtadt, die<lb/>
viel tiefer liegt, als die Stadt ſelber. An der <hirendition="#fr">Rhein-<lb/>
haͤuſer</hi> Weide haben alle Buͤrger Antheil, aber die bei-<lb/>
den andern ſind den Einwohnern jener Vorſtaͤdte eigen.<lb/>
Man hat auch in <hirendition="#fr">Speier</hi>ſchon von der Abſchaffung die-<lb/>ſer <hirendition="#fr">Almenden</hi> geredet, aber noch wollen die Buͤrger nichts<lb/>
davon hoͤren. Sie wiſſen, daß in Reichsſtaͤdten das<lb/>
Gute immer etwas langſamer waͤchſt, und ſpaͤter zu<lb/>
Stande kommt, als in andern Verfaſſungen, wiewohl<lb/>
es nicht allgemein wahr iſt. Man zaudert an andern<lb/>
Orten auch, und bedenkt ſich uͤber jede Kleinigkeit oft un-<lb/>
ertraͤglich lange.</p><lb/><p>Zu den <hirendition="#fr">Waldungen</hi> der Stadt gehoͤrt der ſogenann-<lb/>
te <hirendition="#fr">Streitwald,</hi> worinnen Fichten, Foͤhren, Eichen,<lb/>
Eſpen, Birken und andere Baͤume vorkommen. Nicht<lb/>
eine einzige Tanne, das Klima iſt zu warm dazu. Ei-<lb/>
chen gedeihen nicht ſonderlich, weil der Boden Sand iſt.<lb/>
Man ſieht dem Walde auch noch die gewaltige Hand der<lb/>
groſſen Mordbrenner an. Die Stadt laͤßt alle Jahre in<lb/>
dieſem Walde Holz fuͤr das Rathhaus ſchlagen, und ſo<lb/>
viel, als zu Beſoldungen noͤthig iſt, hauen. Die Buͤr-<lb/>
ger muͤſſen alle ihr Holz kaufen. Von der <hirendition="#fr">Murz</hi> kom-<lb/>
men groſſe Floͤße an, auch aus <hirendition="#fr">Neuburg</hi> und aus den<lb/>
Pfaͤlziſchen Waldungen. Am <hirendition="#fr">Rheinufer</hi> iſt immer<lb/>
eine ſtarke Niederlage von Holz, man kan ſicher in jedem<lb/>
Jahre viel tauſend Klaftern rechnen. Daher es auch<lb/>
nach dem eigenen Urtheil der Buͤrger nicht theuer iſt.<lb/>
Sechs Guldeu koſtet die Klafter Buͤchenholz. Ferner<lb/>
verkauft die Stadt, und auch die Hoſpitaͤler verkaufen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">U 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">jaͤhrlich</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[311/0349]
terſcheidet die Rheinhaͤuſer Weide, die Altſpeirer
Weide vor dem Wormſer Thor, und die Haſenpfuler
Weide. Das letzte iſt der Namen einer Vorſtadt, die
viel tiefer liegt, als die Stadt ſelber. An der Rhein-
haͤuſer Weide haben alle Buͤrger Antheil, aber die bei-
den andern ſind den Einwohnern jener Vorſtaͤdte eigen.
Man hat auch in Speier ſchon von der Abſchaffung die-
ſer Almenden geredet, aber noch wollen die Buͤrger nichts
davon hoͤren. Sie wiſſen, daß in Reichsſtaͤdten das
Gute immer etwas langſamer waͤchſt, und ſpaͤter zu
Stande kommt, als in andern Verfaſſungen, wiewohl
es nicht allgemein wahr iſt. Man zaudert an andern
Orten auch, und bedenkt ſich uͤber jede Kleinigkeit oft un-
ertraͤglich lange.
Zu den Waldungen der Stadt gehoͤrt der ſogenann-
te Streitwald, worinnen Fichten, Foͤhren, Eichen,
Eſpen, Birken und andere Baͤume vorkommen. Nicht
eine einzige Tanne, das Klima iſt zu warm dazu. Ei-
chen gedeihen nicht ſonderlich, weil der Boden Sand iſt.
Man ſieht dem Walde auch noch die gewaltige Hand der
groſſen Mordbrenner an. Die Stadt laͤßt alle Jahre in
dieſem Walde Holz fuͤr das Rathhaus ſchlagen, und ſo
viel, als zu Beſoldungen noͤthig iſt, hauen. Die Buͤr-
ger muͤſſen alle ihr Holz kaufen. Von der Murz kom-
men groſſe Floͤße an, auch aus Neuburg und aus den
Pfaͤlziſchen Waldungen. Am Rheinufer iſt immer
eine ſtarke Niederlage von Holz, man kan ſicher in jedem
Jahre viel tauſend Klaftern rechnen. Daher es auch
nach dem eigenen Urtheil der Buͤrger nicht theuer iſt.
Sechs Guldeu koſtet die Klafter Buͤchenholz. Ferner
verkauft die Stadt, und auch die Hoſpitaͤler verkaufen
jaͤhrlich
U 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 311. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/349>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.