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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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wird. Auch speisen nicht alle bei Hofe, sondern nur die,
welche besonders gebeten werden. Er hat einen Mar-
schall und zwei Kavaliers, die gewöhnlich am Hofe sind.
Einige Stellen sind wirklich unbesetzt. Seine Residenz
in Mersburg, wo er auch seinen Kanzler hat, soll sehr
schön seyn. Er selber trägt das Groskreuz von Mal-
tha.

In den landüblichen Kalendern stehen die der Geist-
lichkeit in diesen Ländern angewiesene und vorgeschriebene
Betstunden für das ganze Jahr, für Tag und Nacht in
einer Tabelle verzeichnet. Was muß das für Begriffe
unter den gemeinen Mann pflanzen, oder vielmehr un-
terhalten? Heißt das nicht, das opus operatum pre-
digen?

In diesen Ostertagen ward überall stark getanzt,
und die Leute, besonders die Mädchen, sagten, sie hät-
ten auch in der Fastenzeit dies Vergnügen so lange ent-
behren müssen. --

Zu meinem Erstaunen verkaufte man noch das schön-
ste Obst hier, das vortreflich erhalten war. Bergamot-
ten und Borsdorfer sahen so schön aus, als wenn sie erst
vor einem Monate vom Baume genommen worden wä-
ren. Ich konnte nicht erfahren, wie das Obst hier so
schön erhalten wird, als daß es aus der Schweiz hieher
gebracht, und gar wohlfeil verkauft wird.

Vor dem Kreuzlinger Thore der Stadt Costanz
fängt gleich das Schweizerische Gebiet an. Das beför-
dert sehr das Ausreissen der Oesterreichischen Soldaten,
wenn sie von ihren Offizieren streng gehalten werden, wie
sich der Fall ereignete, als ich eben nicht weit vom Thore
war, und durch den Lärm aufmerksam gemacht wurde.

Der

wird. Auch ſpeiſen nicht alle bei Hofe, ſondern nur die,
welche beſonders gebeten werden. Er hat einen Mar-
ſchall und zwei Kavaliers, die gewoͤhnlich am Hofe ſind.
Einige Stellen ſind wirklich unbeſetzt. Seine Reſidenz
in Mersburg, wo er auch ſeinen Kanzler hat, ſoll ſehr
ſchoͤn ſeyn. Er ſelber traͤgt das Groskreuz von Mal-
tha.

In den landuͤblichen Kalendern ſtehen die der Geiſt-
lichkeit in dieſen Laͤndern angewieſene und vorgeſchriebene
Betſtunden fuͤr das ganze Jahr, fuͤr Tag und Nacht in
einer Tabelle verzeichnet. Was muß das fuͤr Begriffe
unter den gemeinen Mann pflanzen, oder vielmehr un-
terhalten? Heißt das nicht, das opus operatum pre-
digen?

In dieſen Oſtertagen ward uͤberall ſtark getanzt,
und die Leute, beſonders die Maͤdchen, ſagten, ſie haͤt-
ten auch in der Faſtenzeit dies Vergnuͤgen ſo lange ent-
behren muͤſſen. —

Zu meinem Erſtaunen verkaufte man noch das ſchoͤn-
ſte Obſt hier, das vortreflich erhalten war. Bergamot-
ten und Borsdorfer ſahen ſo ſchoͤn aus, als wenn ſie erſt
vor einem Monate vom Baume genommen worden waͤ-
ren. Ich konnte nicht erfahren, wie das Obſt hier ſo
ſchoͤn erhalten wird, als daß es aus der Schweiz hieher
gebracht, und gar wohlfeil verkauft wird.

Vor dem Kreuzlinger Thore der Stadt Coſtanz
faͤngt gleich das Schweizeriſche Gebiet an. Das befoͤr-
dert ſehr das Ausreiſſen der Oeſterreichiſchen Soldaten,
wenn ſie von ihren Offizieren ſtreng gehalten werden, wie
ſich der Fall ereignete, als ich eben nicht weit vom Thore
war, und durch den Laͤrm aufmerkſam gemacht wurde.

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[282/0320] wird. Auch ſpeiſen nicht alle bei Hofe, ſondern nur die, welche beſonders gebeten werden. Er hat einen Mar- ſchall und zwei Kavaliers, die gewoͤhnlich am Hofe ſind. Einige Stellen ſind wirklich unbeſetzt. Seine Reſidenz in Mersburg, wo er auch ſeinen Kanzler hat, ſoll ſehr ſchoͤn ſeyn. Er ſelber traͤgt das Groskreuz von Mal- tha. In den landuͤblichen Kalendern ſtehen die der Geiſt- lichkeit in dieſen Laͤndern angewieſene und vorgeſchriebene Betſtunden fuͤr das ganze Jahr, fuͤr Tag und Nacht in einer Tabelle verzeichnet. Was muß das fuͤr Begriffe unter den gemeinen Mann pflanzen, oder vielmehr un- terhalten? Heißt das nicht, das opus operatum pre- digen? In dieſen Oſtertagen ward uͤberall ſtark getanzt, und die Leute, beſonders die Maͤdchen, ſagten, ſie haͤt- ten auch in der Faſtenzeit dies Vergnuͤgen ſo lange ent- behren muͤſſen. — Zu meinem Erſtaunen verkaufte man noch das ſchoͤn- ſte Obſt hier, das vortreflich erhalten war. Bergamot- ten und Borsdorfer ſahen ſo ſchoͤn aus, als wenn ſie erſt vor einem Monate vom Baume genommen worden waͤ- ren. Ich konnte nicht erfahren, wie das Obſt hier ſo ſchoͤn erhalten wird, als daß es aus der Schweiz hieher gebracht, und gar wohlfeil verkauft wird. Vor dem Kreuzlinger Thore der Stadt Coſtanz faͤngt gleich das Schweizeriſche Gebiet an. Das befoͤr- dert ſehr das Ausreiſſen der Oeſterreichiſchen Soldaten, wenn ſie von ihren Offizieren ſtreng gehalten werden, wie ſich der Fall ereignete, als ich eben nicht weit vom Thore war, und durch den Laͤrm aufmerkſam gemacht wurde. Der

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/320>, abgerufen am 25.11.2024.