Eine erstaunende und überflüssige Menge von Hun- den gibts in der Stadt. Wo man an einem Hause an- klopft, wird man angebellt. Besonders lausen die Geist- lichen damit. Mancher führt gar zwei grosse Hunde mit sich, und weis im Wirthshause gar viel von ihren Kün- sten zu erzählen.
Zwischen Costanz und Zurzach gehen immer Tyro- ler und italienische Kaufleute hin und her.
Von der natürlichen Beschaffenheit des Bodensees selber kan ich Ihnen nicht viel sagen. Ich erfuhr wenig, weil hier niemand auf solche Dinge achtet. Es sind Fo- rellen, Karpfen, Krebse darin; bei Gottleben fängt man auch Aale, aber es ist auch hier, wie überall: man fängt den Fisch zur Laichzeit.
Für die wahre Kunst der Alten selbst hat man hier oft nicht Achtung genug. Im Münster, oder im Chor der Domkirche fand ich, daß man die schönen Holzschnitzereien mit weisgelber Oelfarbe überfirnißt hatte.
In der Stadt zirkulirt das deutsche Reichs- oder Konventionsgeld, und vom Schweizerischen Gelde sieht man meistens St. Galler Geld, weil die Stadt viel mit St. Gallen handelt.
Ihr Salz bekommt die Stadt aus Hall in Tyrol über Bregenz am Bodensee.
Der meiste Handel der Stadt ist mit ihren Garten- kräutern und mit ihrem Wein; beides geht nach Argau, Turgau, Schwaben etc.
Wenn auch der Fürstbischoff hier ist, wie er ge- genwärtig war. so kommt doch von den Adelichen in der Stadt niemand zur Cour, als der, dem sie angesagt
wird.
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Eine erſtaunende und uͤberfluͤſſige Menge von Hun- den gibts in der Stadt. Wo man an einem Hauſe an- klopft, wird man angebellt. Beſonders lauſen die Geiſt- lichen damit. Mancher fuͤhrt gar zwei groſſe Hunde mit ſich, und weis im Wirthshauſe gar viel von ihren Kuͤn- ſten zu erzaͤhlen.
Zwiſchen Coſtanz und Zurzach gehen immer Tyro- ler und italieniſche Kaufleute hin und her.
Von der natuͤrlichen Beſchaffenheit des Bodenſees ſelber kan ich Ihnen nicht viel ſagen. Ich erfuhr wenig, weil hier niemand auf ſolche Dinge achtet. Es ſind Fo- rellen, Karpfen, Krebſe darin; bei Gottleben faͤngt man auch Aale, aber es iſt auch hier, wie uͤberall: man faͤngt den Fiſch zur Laichzeit.
Fuͤr die wahre Kunſt der Alten ſelbſt hat man hier oft nicht Achtung genug. Im Muͤnſter, oder im Chor der Domkirche fand ich, daß man die ſchoͤnen Holzſchnitzereien mit weisgelber Oelfarbe uͤberfirnißt hatte.
In der Stadt zirkulirt das deutſche Reichs- oder Konventionsgeld, und vom Schweizeriſchen Gelde ſieht man meiſtens St. Galler Geld, weil die Stadt viel mit St. Gallen handelt.
Ihr Salz bekommt die Stadt aus Hall in Tyrol uͤber Bregenz am Bodenſee.
Der meiſte Handel der Stadt iſt mit ihren Garten- kraͤutern und mit ihrem Wein; beides geht nach Argau, Turgau, Schwaben ꝛc.
Wenn auch der Fuͤrſtbiſchoff hier iſt, wie er ge- genwaͤrtig war. ſo kommt doch von den Adelichen in der Stadt niemand zur Cour, als der, dem ſie angeſagt
wird.
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Eine erſtaunende und uͤberfluͤſſige Menge von Hun-
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lichen damit. Mancher fuͤhrt gar zwei groſſe Hunde mit
ſich, und weis im Wirthshauſe gar viel von ihren Kuͤn-
ſten zu erzaͤhlen.
Zwiſchen Coſtanz und Zurzach gehen immer Tyro-
ler und italieniſche Kaufleute hin und her.
Von der natuͤrlichen Beſchaffenheit des Bodenſees
ſelber kan ich Ihnen nicht viel ſagen. Ich erfuhr wenig,
weil hier niemand auf ſolche Dinge achtet. Es ſind Fo-
rellen, Karpfen, Krebſe darin; bei Gottleben faͤngt
man auch Aale, aber es iſt auch hier, wie uͤberall: man
faͤngt den Fiſch zur Laichzeit.
Fuͤr die wahre Kunſt der Alten ſelbſt hat man
hier oft nicht Achtung genug. Im Muͤnſter, oder im
Chor der Domkirche fand ich, daß man die ſchoͤnen
Holzſchnitzereien mit weisgelber Oelfarbe uͤberfirnißt hatte.
In der Stadt zirkulirt das deutſche Reichs- oder
Konventionsgeld, und vom Schweizeriſchen Gelde
ſieht man meiſtens St. Galler Geld, weil die Stadt
viel mit St. Gallen handelt.
Ihr Salz bekommt die Stadt aus Hall in Tyrol
uͤber Bregenz am Bodenſee.
Der meiſte Handel der Stadt iſt mit ihren Garten-
kraͤutern und mit ihrem Wein; beides geht nach Argau,
Turgau, Schwaben ꝛc.
Wenn auch der Fuͤrſtbiſchoff hier iſt, wie er ge-
genwaͤrtig war. ſo kommt doch von den Adelichen in der
Stadt niemand zur Cour, als der, dem ſie angeſagt
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 281. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/319>, abgerufen am 25.11.2024.
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