Feld, Wiesen, Weideplatz und Waldungen. Aber je näher man jenem Städtchen kommt, je rauher wird die Luft, je rauher wird der Wind. Man kan auch He- chingen als den Anfang des Schwarzwaldes ansehen. Die Sprache ist schlecht, aber die Leute sind höflich, wohl gesitteter, als man vermuthen sollte: ohne Zweifel, weil ein kleiner Hof, und etwas Handel hier ist. Gegen- wärtig lagen etwa 40. Mann Soldaten in Hechingen. Das Land ist zur Jagd sehr bequem, und der Fürst liebt sie. Es gibt hier auch wilde Fasanen. Die Residenz ist so bergicht, und so schlecht gepflastert, daß der Reiter immer für seines Pferdes Füsse besorgt seyn muß. We- nigstens können sie die Hufeisen darin verreissen, oder bre- chen. Aber die Bürger sind es gewohnt, und klettern si- cher Tag und Nacht, wie Katzen auf den steilen Wegen herum. Sobald der geringste Regen fällt, so hat man in Hechingen kein gutes Wasser meht, es wird gleich trübe. Ich sah einen unvollendeten Kirchenbau, den der Fürst, die Stadt, und einige Pfleger zu gros ange- fangen haben, daher ist der Bau jetzt ins Stecken gera- then. Der Baustein ist ein weislichter Sandstein aus lauter feinen Quarzkörnern. Im Schlosse sind etwa vierzig Bedienten: so sagte man mir, wer aber in dieser Zahl mit begriffen ist, oder nicht, weis ich nicht. Der Fürst hält einen Kanzler, zwei Hofräthe, einen Gehei- menrath, der Finanzminister ist, und einige Sekretäre. Man hatte eben am Ostermontage, wiewohl es Feiertag war, Jahrmarkt. Dazu kamen viele Menschen und Vieh weit her, viele Krämer von Reutlingen, Ro- thenburg etc. Ueberhaupt ist hier eine starke Passage nach Schaffhausen und Zurzach etc. Ausser dem Schlosse und dem Amthause wird man das Städtchen
freilich
Feld, Wieſen, Weideplatz und Waldungen. Aber je naͤher man jenem Staͤdtchen kommt, je rauher wird die Luft, je rauher wird der Wind. Man kan auch He- chingen als den Anfang des Schwarzwaldes anſehen. Die Sprache iſt ſchlecht, aber die Leute ſind hoͤflich, wohl geſitteter, als man vermuthen ſollte: ohne Zweifel, weil ein kleiner Hof, und etwas Handel hier iſt. Gegen- waͤrtig lagen etwa 40. Mann Soldaten in Hechingen. Das Land iſt zur Jagd ſehr bequem, und der Fuͤrſt liebt ſie. Es gibt hier auch wilde Faſanen. Die Reſidenz iſt ſo bergicht, und ſo ſchlecht gepflaſtert, daß der Reiter immer fuͤr ſeines Pferdes Fuͤſſe beſorgt ſeyn muß. We- nigſtens koͤnnen ſie die Hufeiſen darin verreiſſen, oder bre- chen. Aber die Buͤrger ſind es gewohnt, und klettern ſi- cher Tag und Nacht, wie Katzen auf den ſteilen Wegen herum. Sobald der geringſte Regen faͤllt, ſo hat man in Hechingen kein gutes Waſſer meht, es wird gleich truͤbe. Ich ſah einen unvollendeten Kirchenbau, den der Fuͤrſt, die Stadt, und einige Pfleger zu gros ange- fangen haben, daher iſt der Bau jetzt ins Stecken gera- then. Der Bauſtein iſt ein weislichter Sandſtein aus lauter feinen Quarzkoͤrnern. Im Schloſſe ſind etwa vierzig Bedienten: ſo ſagte man mir, wer aber in dieſer Zahl mit begriffen iſt, oder nicht, weis ich nicht. Der Fuͤrſt haͤlt einen Kanzler, zwei Hofraͤthe, einen Gehei- menrath, der Finanzminiſter iſt, und einige Sekretaͤre. Man hatte eben am Oſtermontage, wiewohl es Feiertag war, Jahrmarkt. Dazu kamen viele Menſchen und Vieh weit her, viele Kraͤmer von Reutlingen, Ro- thenburg ꝛc. Ueberhaupt iſt hier eine ſtarke Paſſage nach Schaffhauſen und Zurzach ꝛc. Auſſer dem Schloſſe und dem Amthauſe wird man das Staͤdtchen
freilich
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Feld, Wieſen, Weideplatz und Waldungen. Aber je
naͤher man jenem Staͤdtchen kommt, je rauher wird die
Luft, je rauher wird der Wind. Man kan auch He-
chingen als den Anfang des Schwarzwaldes anſehen.
Die Sprache iſt ſchlecht, aber die Leute ſind hoͤflich, wohl
geſitteter, als man vermuthen ſollte: ohne Zweifel, weil
ein kleiner Hof, und etwas Handel hier iſt. Gegen-
waͤrtig lagen etwa 40. Mann Soldaten in Hechingen.
Das Land iſt zur Jagd ſehr bequem, und der Fuͤrſt liebt
ſie. Es gibt hier auch wilde Faſanen. Die Reſidenz
iſt ſo bergicht, und ſo ſchlecht gepflaſtert, daß der Reiter
immer fuͤr ſeines Pferdes Fuͤſſe beſorgt ſeyn muß. We-
nigſtens koͤnnen ſie die Hufeiſen darin verreiſſen, oder bre-
chen. Aber die Buͤrger ſind es gewohnt, und klettern ſi-
cher Tag und Nacht, wie Katzen auf den ſteilen Wegen
herum. Sobald der geringſte Regen faͤllt, ſo hat man
in Hechingen kein gutes Waſſer meht, es wird gleich
truͤbe. Ich ſah einen unvollendeten Kirchenbau, den
der Fuͤrſt, die Stadt, und einige Pfleger zu gros ange-
fangen haben, daher iſt der Bau jetzt ins Stecken gera-
then. Der Bauſtein iſt ein weislichter Sandſtein aus
lauter feinen Quarzkoͤrnern. Im Schloſſe ſind etwa
vierzig Bedienten: ſo ſagte man mir, wer aber in dieſer
Zahl mit begriffen iſt, oder nicht, weis ich nicht. Der
Fuͤrſt haͤlt einen Kanzler, zwei Hofraͤthe, einen Gehei-
menrath, der Finanzminiſter iſt, und einige Sekretaͤre.
Man hatte eben am Oſtermontage, wiewohl es Feiertag
war, Jahrmarkt. Dazu kamen viele Menſchen und
Vieh weit her, viele Kraͤmer von Reutlingen, Ro-
thenburg ꝛc. Ueberhaupt iſt hier eine ſtarke Paſſage
nach Schaffhauſen und Zurzach ꝛc. Auſſer dem
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/290>, abgerufen am 29.11.2024.
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