Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

stellen. Das Spezificum gegen die Blattern des Dr.
van Bosch im Haag (s. S. 511.) sei, weil ers etwas
marktschreierisch behandelte, verdächtig worden, aber
Kuren wären allerdings damit geschehen. Im Grunde
komme es mit dem Suttonschen überein, es sei aus den
Worten, die Boerhaven entwischt sind: "Forte ex
"antimonio et mercurio invenietur antido-
"tum,"
entstanden. Zu seiner Zeit habe man schon
in Paris eine Wachsanatomie gehabt, aber lange nicht
so vollständig und schön, wie ichs ihm vom Cab. d'anat.
artif.
der Mdlle. Biheron erzählte. -- Wie so erqui-
ckend ists mir doch allemahl, einen alten Mann zu sehen,
der viel gearbeitet hat, aber gleich wieder auflebt, wenn
von Wissenschaften die Rede ist! Ich habe, sagte er zu
mir, auf der Universität Leyden, wie ich da studirte,
das grosse Feld der Wissenschaften übersehen, und um's
durchzulaufen, hatt' ich nur einen einzigen Bekannten,
der auch ein Deutscher war. Wie ich nachher von Am-
sterdam,
wo ich prakticirte, hierher kam, kannte mich
dem Namen nach kein Mensch, bis sie mich sahen etc.
So studirte der Lehrer meiner Lehrer!

Hrn. Voorda. Er war aber nicht in der Stadt.
Man hatte mir schon im Haag gesagt, daß dieser Mann
das ganze Corpus Iuris Rom. in der Tonne auswendig
gelernt habe. Der Vater, auch so ein Mann, setzte sei-
ne 2. Söhne von Jugend auf in seiner Stube in 2. Fäs-
ser, und sobald nur einer den Kopf aus dem Faße heraus-
rekte, war der Vater in seinen Arbeiten schon gestört, und
prügelte ihn mit einem langen Stocke wieder ins Faß zu-
rück. Auf diese Weise aber lernte der eine Sohn das
lus Romanum, und der andre das Ius statutarium

von

ſtellen. Das Spezificum gegen die Blattern des Dr.
van Boſch im Haag (ſ. S. 511.) ſei, weil ers etwas
marktſchreieriſch behandelte, verdaͤchtig worden, aber
Kuren waͤren allerdings damit geſchehen. Im Grunde
komme es mit dem Suttonſchen uͤberein, es ſei aus den
Worten, die Boerhaven entwiſcht ſind: „Forte ex
„antimonio et mercurio invenietur antido-
„tum,“
entſtanden. Zu ſeiner Zeit habe man ſchon
in Paris eine Wachsanatomie gehabt, aber lange nicht
ſo vollſtaͤndig und ſchoͤn, wie ichs ihm vom Cab. d’anat.
artif.
der Mdlle. Biheron erzaͤhlte. — Wie ſo erqui-
ckend iſts mir doch allemahl, einen alten Mann zu ſehen,
der viel gearbeitet hat, aber gleich wieder auflebt, wenn
von Wiſſenſchaften die Rede iſt! Ich habe, ſagte er zu
mir, auf der Univerſitaͤt Leyden, wie ich da ſtudirte,
das groſſe Feld der Wiſſenſchaften uͤberſehen, und um’s
durchzulaufen, hatt’ ich nur einen einzigen Bekannten,
der auch ein Deutſcher war. Wie ich nachher von Am-
ſterdam,
wo ich prakticirte, hierher kam, kannte mich
dem Namen nach kein Menſch, bis ſie mich ſahen ꝛc.
So ſtudirte der Lehrer meiner Lehrer!

Hrn. Voorda. Er war aber nicht in der Stadt.
Man hatte mir ſchon im Haag geſagt, daß dieſer Mann
das ganze Corpus Iuris Rom. in der Tonne auswendig
gelernt habe. Der Vater, auch ſo ein Mann, ſetzte ſei-
ne 2. Soͤhne von Jugend auf in ſeiner Stube in 2. Faͤſ-
ſer, und ſobald nur einer den Kopf aus dem Faße heraus-
rekte, war der Vater in ſeinen Arbeiten ſchon geſtoͤrt, und
pruͤgelte ihn mit einem langen Stocke wieder ins Faß zu-
ruͤck. Auf dieſe Weiſe aber lernte der eine Sohn das
lus Romanum, und der andre das Ius ſtatutarium

von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0544" n="520"/>
&#x017F;tellen. Das Spezificum gegen die Blattern des Dr.<lb/><hi rendition="#fr">van Bo&#x017F;ch</hi> im <hi rendition="#fr">Haag</hi> (&#x017F;. S. 511.) &#x017F;ei, weil ers etwas<lb/>
markt&#x017F;chreieri&#x017F;ch behandelte, verda&#x0364;chtig worden, aber<lb/>
Kuren wa&#x0364;ren allerdings damit ge&#x017F;chehen. Im Grunde<lb/>
komme es mit dem <hi rendition="#fr">Sutton</hi>&#x017F;chen u&#x0364;berein, es &#x017F;ei aus den<lb/>
Worten, die <hi rendition="#fr">Boerhaven</hi> entwi&#x017F;cht &#x017F;ind: <hi rendition="#aq">&#x201E;Forte ex<lb/>
&#x201E;antimonio et mercurio invenietur antido-<lb/>
&#x201E;tum,&#x201C;</hi> ent&#x017F;tanden. Zu &#x017F;einer Zeit habe man &#x017F;chon<lb/>
in <hi rendition="#fr">Paris</hi> eine Wachsanatomie gehabt, aber lange nicht<lb/>
&#x017F;o voll&#x017F;ta&#x0364;ndig und &#x017F;cho&#x0364;n, wie ichs ihm vom <hi rendition="#aq">Cab. d&#x2019;anat.<lb/>
artif.</hi> der Mdlle. <hi rendition="#fr">Biheron</hi> erza&#x0364;hlte. &#x2014; Wie &#x017F;o erqui-<lb/>
ckend i&#x017F;ts mir doch allemahl, einen alten Mann zu &#x017F;ehen,<lb/>
der viel gearbeitet hat, aber gleich wieder auflebt, wenn<lb/>
von Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften die Rede i&#x017F;t! Ich habe, &#x017F;agte er zu<lb/>
mir, auf der Univer&#x017F;ita&#x0364;t <hi rendition="#fr">Leyden,</hi> wie ich da &#x017F;tudirte,<lb/>
das gro&#x017F;&#x017F;e Feld der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften u&#x0364;ber&#x017F;ehen, und um&#x2019;s<lb/>
durchzulaufen, hatt&#x2019; ich nur einen einzigen Bekannten,<lb/>
der auch ein Deut&#x017F;cher war. Wie ich nachher von <hi rendition="#fr">Am-<lb/>
&#x017F;terdam,</hi> wo ich prakticirte, hierher kam, kannte mich<lb/>
dem Namen nach kein Men&#x017F;ch, bis &#x017F;ie mich &#x017F;ahen &#xA75B;c.<lb/>
So &#x017F;tudirte der Lehrer meiner Lehrer!</p><lb/>
            <p>Hrn. <hi rendition="#fr">Voorda.</hi> Er war aber nicht in der Stadt.<lb/>
Man hatte mir &#x017F;chon im <hi rendition="#fr">Haag</hi> ge&#x017F;agt, daß die&#x017F;er Mann<lb/>
das ganze <hi rendition="#aq">Corpus Iuris Rom.</hi> in der Tonne auswendig<lb/>
gelernt habe. Der Vater, auch &#x017F;o ein Mann, &#x017F;etzte &#x017F;ei-<lb/>
ne 2. So&#x0364;hne von Jugend auf in &#x017F;einer Stube in 2. Fa&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er, und &#x017F;obald nur einer den Kopf aus dem Faße heraus-<lb/>
rekte, war der Vater in &#x017F;einen Arbeiten &#x017F;chon ge&#x017F;to&#x0364;rt, und<lb/>
pru&#x0364;gelte ihn mit einem langen Stocke wieder ins Faß zu-<lb/>
ru&#x0364;ck. Auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e aber lernte der eine Sohn das<lb/><hi rendition="#aq">lus Romanum,</hi> und der andre das <hi rendition="#aq">Ius &#x017F;tatutarium</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[520/0544] ſtellen. Das Spezificum gegen die Blattern des Dr. van Boſch im Haag (ſ. S. 511.) ſei, weil ers etwas marktſchreieriſch behandelte, verdaͤchtig worden, aber Kuren waͤren allerdings damit geſchehen. Im Grunde komme es mit dem Suttonſchen uͤberein, es ſei aus den Worten, die Boerhaven entwiſcht ſind: „Forte ex „antimonio et mercurio invenietur antido- „tum,“ entſtanden. Zu ſeiner Zeit habe man ſchon in Paris eine Wachsanatomie gehabt, aber lange nicht ſo vollſtaͤndig und ſchoͤn, wie ichs ihm vom Cab. d’anat. artif. der Mdlle. Biheron erzaͤhlte. — Wie ſo erqui- ckend iſts mir doch allemahl, einen alten Mann zu ſehen, der viel gearbeitet hat, aber gleich wieder auflebt, wenn von Wiſſenſchaften die Rede iſt! Ich habe, ſagte er zu mir, auf der Univerſitaͤt Leyden, wie ich da ſtudirte, das groſſe Feld der Wiſſenſchaften uͤberſehen, und um’s durchzulaufen, hatt’ ich nur einen einzigen Bekannten, der auch ein Deutſcher war. Wie ich nachher von Am- ſterdam, wo ich prakticirte, hierher kam, kannte mich dem Namen nach kein Menſch, bis ſie mich ſahen ꝛc. So ſtudirte der Lehrer meiner Lehrer! Hrn. Voorda. Er war aber nicht in der Stadt. Man hatte mir ſchon im Haag geſagt, daß dieſer Mann das ganze Corpus Iuris Rom. in der Tonne auswendig gelernt habe. Der Vater, auch ſo ein Mann, ſetzte ſei- ne 2. Soͤhne von Jugend auf in ſeiner Stube in 2. Faͤſ- ſer, und ſobald nur einer den Kopf aus dem Faße heraus- rekte, war der Vater in ſeinen Arbeiten ſchon geſtoͤrt, und pruͤgelte ihn mit einem langen Stocke wieder ins Faß zu- ruͤck. Auf dieſe Weiſe aber lernte der eine Sohn das lus Romanum, und der andre das Ius ſtatutarium von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/544
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 520. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/544>, abgerufen am 10.05.2024.