tern und obern Porkirche stehen die prächtigsten weissen korinthischen kannelirten Säulen. Oben sind gar keine Plätze, aber das ganze obre Gewölbe ist mit den schön- sten Gemälden angefüllt. Sie stellen Sujets aus der Bibel vor, sind aber so hoch, und so fein, daß man sie auch mit der Lorgnette nicht erkennen kan.
Der Hochaltar ist fast ganz von Gold. Zwei En- gel mit grossen Flügeln sind darneben. Das Schönste für mich war immer die herrliche Stukkaturarbeit von Gyps, die alles übertrift, was man sonst sehen kan. Die Brustlehnen an dem Königl. Stuhl und an den Galle- rien sind von rothem und weissem Marmor. Der Kö- nigl. Stuhl hat zwei Flügelthüren, die fast ganz vergol- det sind. Eh der König kam, kam ein Bedienter, und breitete noch eine rothsamtne Decke mit goldnen Franzen darüber. Fenster sind nicht dran, auch stehen keine Stüh- le darin, sondern lange, schmale, rothsamtne Bänkchen. Darneben steht auf jeder Seite eine Art von Prie Dieu, wie ein Schrank mit Glasthüren, vergoldeten Leisten, und oben darauf eine starke vergoldete Krone. Die Kanzel hat viel Gold, aber sonst nichts besonders, und steht sehr niedrig: ein Fehler, den ich in protestantischen und katho- lischen Kirchen gar oft gefunden habe. Die Orgel ist gros und sehr durchdringend. Die Fenster haben alle ei- ne Einfassung von gemahlten Scheiben. Die Kapellen, wo der Comte de Provence mit seiner Gemalin, und die Comt. d'Artois Messe hören, sind unten. Schon am Freitag sah ich die Comt. d'Artois mit ihrer Da- me d'honneur in einem rothen Kleide herausgehen, und heute die Comt. de Provence. Die Königin hört am Sonntag die Messe oben im Königl. Stuhl nach
der
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tern und obern Porkirche ſtehen die praͤchtigſten weiſſen korinthiſchen kannelirten Saͤulen. Oben ſind gar keine Plaͤtze, aber das ganze obre Gewoͤlbe iſt mit den ſchoͤn- ſten Gemaͤlden angefuͤllt. Sie ſtellen Sujets aus der Bibel vor, ſind aber ſo hoch, und ſo fein, daß man ſie auch mit der Lorgnette nicht erkennen kan.
Der Hochaltar iſt faſt ganz von Gold. Zwei En- gel mit groſſen Fluͤgeln ſind darneben. Das Schoͤnſte fuͤr mich war immer die herrliche Stukkaturarbeit von Gyps, die alles uͤbertrift, was man ſonſt ſehen kan. Die Bruſtlehnen an dem Koͤnigl. Stuhl und an den Galle- rien ſind von rothem und weiſſem Marmor. Der Koͤ- nigl. Stuhl hat zwei Fluͤgelthuͤren, die faſt ganz vergol- det ſind. Eh der Koͤnig kam, kam ein Bedienter, und breitete noch eine rothſamtne Decke mit goldnen Franzen daruͤber. Fenſter ſind nicht dran, auch ſtehen keine Stuͤh- le darin, ſondern lange, ſchmale, rothſamtne Baͤnkchen. Darneben ſteht auf jeder Seite eine Art von Prie Dieu, wie ein Schrank mit Glasthuͤren, vergoldeten Leiſten, und oben darauf eine ſtarke vergoldete Krone. Die Kanzel hat viel Gold, aber ſonſt nichts beſonders, und ſteht ſehr niedrig: ein Fehler, den ich in proteſtantiſchen und katho- liſchen Kirchen gar oft gefunden habe. Die Orgel iſt gros und ſehr durchdringend. Die Fenſter haben alle ei- ne Einfaſſung von gemahlten Scheiben. Die Kapellen, wo der Comte de Provence mit ſeiner Gemalin, und die Comt. d’Artois Meſſe hoͤren, ſind unten. Schon am Freitag ſah ich die Comt. d’Artois mit ihrer Da- me d’honneur in einem rothen Kleide herausgehen, und heute die Comt. de Provence. Die Koͤnigin hoͤrt am Sonntag die Meſſe oben im Koͤnigl. Stuhl nach
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tern und obern Porkirche ſtehen die praͤchtigſten weiſſen
korinthiſchen kannelirten Saͤulen. Oben ſind gar keine
Plaͤtze, aber das ganze obre Gewoͤlbe iſt mit den ſchoͤn-
ſten Gemaͤlden angefuͤllt. Sie ſtellen Sujets aus der
Bibel vor, ſind aber ſo hoch, und ſo fein, daß man ſie
auch mit der Lorgnette nicht erkennen kan.
Der Hochaltar iſt faſt ganz von Gold. Zwei En-
gel mit groſſen Fluͤgeln ſind darneben. Das Schoͤnſte
fuͤr mich war immer die herrliche Stukkaturarbeit von
Gyps, die alles uͤbertrift, was man ſonſt ſehen kan. Die
Bruſtlehnen an dem Koͤnigl. Stuhl und an den Galle-
rien ſind von rothem und weiſſem Marmor. Der Koͤ-
nigl. Stuhl hat zwei Fluͤgelthuͤren, die faſt ganz vergol-
det ſind. Eh der Koͤnig kam, kam ein Bedienter, und
breitete noch eine rothſamtne Decke mit goldnen Franzen
daruͤber. Fenſter ſind nicht dran, auch ſtehen keine Stuͤh-
le darin, ſondern lange, ſchmale, rothſamtne Baͤnkchen.
Darneben ſteht auf jeder Seite eine Art von Prie Dieu,
wie ein Schrank mit Glasthuͤren, vergoldeten Leiſten, und
oben darauf eine ſtarke vergoldete Krone. Die Kanzel
hat viel Gold, aber ſonſt nichts beſonders, und ſteht ſehr
niedrig: ein Fehler, den ich in proteſtantiſchen und katho-
liſchen Kirchen gar oft gefunden habe. Die Orgel iſt
gros und ſehr durchdringend. Die Fenſter haben alle ei-
ne Einfaſſung von gemahlten Scheiben. Die Kapellen,
wo der Comte de Provence mit ſeiner Gemalin, und
die Comt. d’Artois Meſſe hoͤren, ſind unten. Schon
am Freitag ſah ich die Comt. d’Artois mit ihrer Da-
me d’honneur in einem rothen Kleide herausgehen,
und heute die Comt. de Provence. Die Koͤnigin
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/331>, abgerufen am 22.11.2024.
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