mern werden fast alle Jahre verändert, und umgehängt. Drauf besah ich
La Menagerie. Sie liegt nicht weit von der Stadt in einem Hause, das vorn beim Eingang steht, und wenigstens so meublirt ist, daß die Königlichen Herr- schaften zuweilen beim Spazierengehen hier abtreten kön- nen. Man sieht eine Menge Spiegel, silbergestickte Stühle, in einem Zimmer die Gemähle von den hier vor- handenen Thieren, in einem andern die aus La Fon- taine's Fabeln, in einem andern die alten Turniere und Ritterspiele; und eine prächtige Wendeltreppe durchs gan- ze Haus. Der Aufseher über die Menagerie wohnt vortreflich in einem Lustwäldchen, mit vielen kleinen Häus- chen hier und da besetzt. Die Stille der Nacht wird durch das Brüllen der asiatischen Thiere unterbrochen. Am Tage hat man an jedem Fenster eine andre Aussicht. Nachmittags sind immer Fremde da. Der Anblick so vieler und verschiedener Thiere bietet immer ein abwech- selndes Vergnügen dar. Die Thiere selber sind in Häus- chen in dem grossen Platz vertheilt. Unter den Thieren waren mir folgende 4. merkwürdig; die 3. letzten hatte ich noch nie gesehen.
1) Der Elephant. Er war (1777.) 5. Jahr alt, aber schon sehr gros, viel höher als der Gröste von unsrer Gesellschaft, und ganz schwarz. Er kam ganz weis- grau hierher. Weil man ihm aber alle Tage die Haut mit Oel schmiert, so wird er ganz schwarz. Am Halse war er mit einer Kette gebunden. Er hatte schönere Füsse, als ich sie noch nie am Elephanten gesehen hatte, war ein Weibchen, und genitalia foeminina inter pedes posteriores emicuerunt rubro colore.
Die
mern werden faſt alle Jahre veraͤndert, und umgehaͤngt. Drauf beſah ich
La Menagerie. Sie liegt nicht weit von der Stadt in einem Hauſe, das vorn beim Eingang ſteht, und wenigſtens ſo meublirt iſt, daß die Koͤniglichen Herr- ſchaften zuweilen beim Spazierengehen hier abtreten koͤn- nen. Man ſieht eine Menge Spiegel, ſilbergeſtickte Stuͤhle, in einem Zimmer die Gemaͤhle von den hier vor- handenen Thieren, in einem andern die aus La Fon- taine’s Fabeln, in einem andern die alten Turniere und Ritterſpiele; und eine praͤchtige Wendeltreppe durchs gan- ze Haus. Der Aufſeher uͤber die Menagerie wohnt vortreflich in einem Luſtwaͤldchen, mit vielen kleinen Haͤus- chen hier und da beſetzt. Die Stille der Nacht wird durch das Bruͤllen der aſiatiſchen Thiere unterbrochen. Am Tage hat man an jedem Fenſter eine andre Ausſicht. Nachmittags ſind immer Fremde da. Der Anblick ſo vieler und verſchiedener Thiere bietet immer ein abwech- ſelndes Vergnuͤgen dar. Die Thiere ſelber ſind in Haͤus- chen in dem groſſen Platz vertheilt. Unter den Thieren waren mir folgende 4. merkwuͤrdig; die 3. letzten hatte ich noch nie geſehen.
1) Der Elephant. Er war (1777.) 5. Jahr alt, aber ſchon ſehr gros, viel hoͤher als der Groͤſte von unſrer Geſellſchaft, und ganz ſchwarz. Er kam ganz weis- grau hierher. Weil man ihm aber alle Tage die Haut mit Oel ſchmiert, ſo wird er ganz ſchwarz. Am Halſe war er mit einer Kette gebunden. Er hatte ſchoͤnere Fuͤſſe, als ich ſie noch nie am Elephanten geſehen hatte, war ein Weibchen, und genitalia foeminina inter pedes poſteriores emicuerunt rubro colore.
Die
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mern werden faſt alle Jahre veraͤndert, und umgehaͤngt.
Drauf beſah ich
La Menagerie. Sie liegt nicht weit von der
Stadt in einem Hauſe, das vorn beim Eingang ſteht,
und wenigſtens ſo meublirt iſt, daß die Koͤniglichen Herr-
ſchaften zuweilen beim Spazierengehen hier abtreten koͤn-
nen. Man ſieht eine Menge Spiegel, ſilbergeſtickte
Stuͤhle, in einem Zimmer die Gemaͤhle von den hier vor-
handenen Thieren, in einem andern die aus La Fon-
taine’s Fabeln, in einem andern die alten Turniere und
Ritterſpiele; und eine praͤchtige Wendeltreppe durchs gan-
ze Haus. Der Aufſeher uͤber die Menagerie wohnt
vortreflich in einem Luſtwaͤldchen, mit vielen kleinen Haͤus-
chen hier und da beſetzt. Die Stille der Nacht wird
durch das Bruͤllen der aſiatiſchen Thiere unterbrochen.
Am Tage hat man an jedem Fenſter eine andre Ausſicht.
Nachmittags ſind immer Fremde da. Der Anblick ſo
vieler und verſchiedener Thiere bietet immer ein abwech-
ſelndes Vergnuͤgen dar. Die Thiere ſelber ſind in Haͤus-
chen in dem groſſen Platz vertheilt. Unter den Thieren
waren mir folgende 4. merkwuͤrdig; die 3. letzten hatte
ich noch nie geſehen.
1) Der Elephant. Er war (1777.) 5. Jahr alt,
aber ſchon ſehr gros, viel hoͤher als der Groͤſte von unſrer
Geſellſchaft, und ganz ſchwarz. Er kam ganz weis-
grau hierher. Weil man ihm aber alle Tage die Haut
mit Oel ſchmiert, ſo wird er ganz ſchwarz. Am Halſe
war er mit einer Kette gebunden. Er hatte ſchoͤnere
Fuͤſſe, als ich ſie noch nie am Elephanten geſehen hatte,
war ein Weibchen, und genitalia foeminina inter
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/318>, abgerufen am 25.11.2024.
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