sein Quecksilber, das bringt man daher in so grosser Menge, als wenns Wasser wäre. Doch wiegt die ge- wöhnliche Schöpfschüssel 30. Pfund, und sie ist nicht viel grösser als eine Suppenschüssel zu Einer Portion, aber von Holz. Das gießt er drüber, dann nimmt er Kehr- besen, Kehrwische, und wieder solche Bürsten von Tuch- schroten, und fegt das Quecksilber auseinander. Er verwischts so lange, bis es ziemlich gleich vertheilt ist. Dann schüttet er noch etlichemahl darüber, mißt mit ei- nem gläsernen Winkelmaas das Feld des Spiegels, schüt- tet noch immer darüber, kein Korn läuft über die Grenze des Zinns herab, wenn das Quecksilber gleich noch so dick aufgeschüttet wird. In der Mitte bildet sich ein Schaum. Um mich etwas Schönes sehen zu lassen, nahm der Arbeiter seine Bürste, und fuhr unten über ei- nen Strich des Quecksilbers hin, er nahm dadurch den Schaum weg, und lies mich hineinsehen. O da war schon ein Spiegel! ohne Glas im blossen Quecksilber, und ein viel schönrer und hellrer, als der neugemachte, der neben dem werdenden lag, den ich hatte entstehen sehen. Man durfte nur in beide sehen, so sah man den Unter- schied deutlich. Das Glas nimmt einen Theil der Hel- le, der Lebendigkeit im Darstellen weg. Könnte man das Geheimnis ausfündig machen, das die Natur bisher noch nicht wolte sehen lassen, das Quecksilber, ohne so ei- ne Glas-Tafel darauf zu drucken, fest stehend zu ma- chen; so hätte man so viel hellere Spiegel, aber ich griff nur hinein, weg war der Spiegel. -- Um ihn nun aus- zumachen, ward der Tisch unten an Schrauben herab- gelassen, damit man die Glas-Tafel desto bequemer hin- auf bringen konnte. Und um die Tafel, sobald sie auf- gelegt wäre, gleich an zu drucken, so daß sie nicht wei-
chen
ſein Queckſilber, das bringt man daher in ſo groſſer Menge, als wenns Waſſer waͤre. Doch wiegt die ge- woͤhnliche Schoͤpfſchuͤſſel 30. Pfund, und ſie iſt nicht viel groͤſſer als eine Suppenſchuͤſſel zu Einer Portion, aber von Holz. Das gießt er druͤber, dann nimmt er Kehr- beſen, Kehrwiſche, und wieder ſolche Buͤrſten von Tuch- ſchroten, und fegt das Queckſilber auseinander. Er verwiſchts ſo lange, bis es ziemlich gleich vertheilt iſt. Dann ſchuͤttet er noch etlichemahl daruͤber, mißt mit ei- nem glaͤſernen Winkelmaas das Feld des Spiegels, ſchuͤt- tet noch immer daruͤber, kein Korn laͤuft uͤber die Grenze des Zinns herab, wenn das Queckſilber gleich noch ſo dick aufgeſchuͤttet wird. In der Mitte bildet ſich ein Schaum. Um mich etwas Schoͤnes ſehen zu laſſen, nahm der Arbeiter ſeine Buͤrſte, und fuhr unten uͤber ei- nen Strich des Queckſilbers hin, er nahm dadurch den Schaum weg, und lies mich hineinſehen. O da war ſchon ein Spiegel! ohne Glas im bloſſen Queckſilber, und ein viel ſchoͤnrer und hellrer, als der neugemachte, der neben dem werdenden lag, den ich hatte entſtehen ſehen. Man durfte nur in beide ſehen, ſo ſah man den Unter- ſchied deutlich. Das Glas nimmt einen Theil der Hel- le, der Lebendigkeit im Darſtellen weg. Koͤnnte man das Geheimnis ausfuͤndig machen, das die Natur bisher noch nicht wolte ſehen laſſen, das Queckſilber, ohne ſo ei- ne Glas-Tafel darauf zu drucken, feſt ſtehend zu ma- chen; ſo haͤtte man ſo viel hellere Spiegel, aber ich griff nur hinein, weg war der Spiegel. — Um ihn nun aus- zumachen, ward der Tiſch unten an Schrauben herab- gelaſſen, damit man die Glas-Tafel deſto bequemer hin- auf bringen konnte. Und um die Tafel, ſobald ſie auf- gelegt waͤre, gleich an zu drucken, ſo daß ſie nicht wei-
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ſein Queckſilber, das bringt man daher in ſo groſſer
Menge, als wenns Waſſer waͤre. Doch wiegt die ge-
woͤhnliche Schoͤpfſchuͤſſel 30. Pfund, und ſie iſt nicht viel
groͤſſer als eine Suppenſchuͤſſel zu Einer Portion, aber
von Holz. Das gießt er druͤber, dann nimmt er Kehr-
beſen, Kehrwiſche, und wieder ſolche Buͤrſten von Tuch-
ſchroten, und fegt das Queckſilber auseinander. Er
verwiſchts ſo lange, bis es ziemlich gleich vertheilt iſt.
Dann ſchuͤttet er noch etlichemahl daruͤber, mißt mit ei-
nem glaͤſernen Winkelmaas das Feld des Spiegels, ſchuͤt-
tet noch immer daruͤber, kein Korn laͤuft uͤber die Grenze
des Zinns herab, wenn das Queckſilber gleich noch ſo
dick aufgeſchuͤttet wird. In der Mitte bildet ſich ein
Schaum. Um mich etwas Schoͤnes ſehen zu laſſen,
nahm der Arbeiter ſeine Buͤrſte, und fuhr unten uͤber ei-
nen Strich des Queckſilbers hin, er nahm dadurch den
Schaum weg, und lies mich hineinſehen. O da war
ſchon ein Spiegel! ohne Glas im bloſſen Queckſilber, und
ein viel ſchoͤnrer und hellrer, als der neugemachte, der
neben dem werdenden lag, den ich hatte entſtehen ſehen.
Man durfte nur in beide ſehen, ſo ſah man den Unter-
ſchied deutlich. Das Glas nimmt einen Theil der Hel-
le, der Lebendigkeit im Darſtellen weg. Koͤnnte man
das Geheimnis ausfuͤndig machen, das die Natur bisher
noch nicht wolte ſehen laſſen, das Queckſilber, ohne ſo ei-
ne Glas-Tafel darauf zu drucken, feſt ſtehend zu ma-
chen; ſo haͤtte man ſo viel hellere Spiegel, aber ich griff
nur hinein, weg war der Spiegel. — Um ihn nun aus-
zumachen, ward der Tiſch unten an Schrauben herab-
gelaſſen, damit man die Glas-Tafel deſto bequemer hin-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/262>, abgerufen am 23.11.2024.
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