die Erde in ihrem Mittelpunkt wohl hart, solid, oder lockrer Staub sei? Wie's wohl mit der obern Region der Luft aussehen möge etc. Da stritt man über die Eingewei- de und über die obersten Decken der Erde, und kannte die Erde unter den Füssen, sich, und die bekanntesten Ge- schöpfe nicht. Trauriger Blick in die Geschichte des Menschenverstandes! Erst hundert Irrwege, bis endlich die gebahnte Strasse zum Tempel der Wahrheit entdeckt wird!
Der Abbe' le Blond schrieb mir noch, eh' ich ihn verlies, einen Empfehlungs-Brief an De l'Isle Rome', um dessen Kabinet zu sehen.
Den 17ten Jun.
Heute hörte ich
Le Discours exegetique de M. Asseline, Doct. de Sorbonne et Prof. en Langue hebraique mit an. Ich hatte diesen Vormittag für die Sorbonne be- stimmt, ging also hin, präsentirte diesem Manne meine Addresse von M. de Villoison, und ward mit der grö- sten Höflichkeit empfangen. Ein kleiner, blasser, schon alter Mann. Er erbot sich, mir alles zu zeigen, was in der Sorbonne zu sehen ist. Wir sprachen über exe- getischkritische Sachen, und kamen auf die öffentlichen Vorlesungen, und weil er um 11. Uhr über die Psalmen las, und bei dem beständigen Regenwetter im Königl. botanischen Garten nichts für mich zu thun war, so kam ich um 11. Uhr wieder, und ging in seine Vorlesungen. Ich ward in einen grossen Saal geführt, worin kein Kathe- der, sondern eine wahre Kanzel stand, die ganz schwarz an-
gestrichen
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die Erde in ihrem Mittelpunkt wohl hart, ſolid, oder lockrer Staub ſei? Wie’s wohl mit der obern Region der Luft ausſehen moͤge ꝛc. Da ſtritt man uͤber die Eingewei- de und uͤber die oberſten Decken der Erde, und kannte die Erde unter den Fuͤſſen, ſich, und die bekannteſten Ge- ſchoͤpfe nicht. Trauriger Blick in die Geſchichte des Menſchenverſtandes! Erſt hundert Irrwege, bis endlich die gebahnte Straſſe zum Tempel der Wahrheit entdeckt wird!
Der Abbe’ le Blond ſchrieb mir noch, eh’ ich ihn verlies, einen Empfehlungs-Brief an De l’Isle Rome’, um deſſen Kabinet zu ſehen.
Den 17ten Jun.
Heute hoͤrte ich
Le Diſcours exegetique de M. Aſſeline, Doct. de Sorbonne et Prof. en Langue hebraique mit an. Ich hatte dieſen Vormittag fuͤr die Sorbonne be- ſtimmt, ging alſo hin, praͤſentirte dieſem Manne meine Addreſſe von M. de Villoiſon, und ward mit der groͤ- ſten Hoͤflichkeit empfangen. Ein kleiner, blaſſer, ſchon alter Mann. Er erbot ſich, mir alles zu zeigen, was in der Sorbonne zu ſehen iſt. Wir ſprachen uͤber exe- getiſchkritiſche Sachen, und kamen auf die oͤffentlichen Vorleſungen, und weil er um 11. Uhr uͤber die Pſalmen las, und bei dem beſtaͤndigen Regenwetter im Koͤnigl. botaniſchen Garten nichts fuͤr mich zu thun war, ſo kam ich um 11. Uhr wieder, und ging in ſeine Vorleſungen. Ich ward in einen groſſen Saal gefuͤhrt, worin kein Kathe- der, ſondern eine wahre Kanzel ſtand, die ganz ſchwarz an-
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die Erde in ihrem Mittelpunkt wohl hart, ſolid, oder
lockrer Staub ſei? Wie’s wohl mit der obern Region der
Luft ausſehen moͤge ꝛc. Da ſtritt man uͤber die Eingewei-
de und uͤber die oberſten Decken der Erde, und kannte die
Erde unter den Fuͤſſen, ſich, und die bekannteſten Ge-
ſchoͤpfe nicht. Trauriger Blick in die Geſchichte des
Menſchenverſtandes! Erſt hundert Irrwege, bis endlich
die gebahnte Straſſe zum Tempel der Wahrheit entdeckt
wird!
Der Abbe’ le Blond ſchrieb mir noch, eh’ ich ihn
verlies, einen Empfehlungs-Brief an De l’Isle Rome’,
um deſſen Kabinet zu ſehen.
Den 17ten Jun.
Heute hoͤrte ich
Le Diſcours exegetique de M. Aſſeline, Doct.
de Sorbonne et Prof. en Langue hebraique mit
an. Ich hatte dieſen Vormittag fuͤr die Sorbonne be-
ſtimmt, ging alſo hin, praͤſentirte dieſem Manne meine
Addreſſe von M. de Villoiſon, und ward mit der groͤ-
ſten Hoͤflichkeit empfangen. Ein kleiner, blaſſer, ſchon
alter Mann. Er erbot ſich, mir alles zu zeigen, was
in der Sorbonne zu ſehen iſt. Wir ſprachen uͤber exe-
getiſchkritiſche Sachen, und kamen auf die oͤffentlichen
Vorleſungen, und weil er um 11. Uhr uͤber die Pſalmen
las, und bei dem beſtaͤndigen Regenwetter im Koͤnigl.
botaniſchen Garten nichts fuͤr mich zu thun war, ſo kam
ich um 11. Uhr wieder, und ging in ſeine Vorleſungen.
Ich ward in einen groſſen Saal gefuͤhrt, worin kein Kathe-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/257>, abgerufen am 22.11.2024.
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