aber defekt waren, und gab mir was ich verlangte. Ich sah ferner noch 1) William's Oxonia depicta, LXV. Tafeln in Folio. Es sind nichts als Beschreibungen und Abbildungen der Gebäude, die zur Universität in Ox- ford gehören. Wie viel solte man sich nicht von einer Universität versprechen, die so viel Platz hat, sich auszu- dehnen? wo jeder Professor eine Stoa, einen Porticus haben könnte? 2) Bonnani Recreationes mentis et oculorum in Conchyliis, in 4to. Die Kupfer sind herrlich, aber der Text ist weitschweifig, gedehnt, aristo- telisch, alles könnte man auf wenige Blätter reduciren. Der Karakter des Verfassers muß gut gewesen seyn. 3) Latini Tancredi de Antiperistasi omnigena, sive de Naturae miraculis. Neapoli 1621. 4to. Der Titel lokte mich. Ich fand lauter Philosophische, Me- dicinische, Physische Dissertationen. Was andre qua- litas occulta nennen, z. B. daß man im Winter besser verdaue, daß der Nil statt des Regens Egypten über- schwemme etc. das nennt er Antiperistasis, und ihm ist alles qualitas occulta. Unglaublich ists, wie weit ehe- mals die Vergötterung des Aristoteles ging. Ueberall ward von ihm angefangen, er beständig citirt, bis auf alle Wörter vertheidigt, und wenn er offenbar geschlegelt hatte, ward eher der Text verändert, und Muthmaßun- gen erdacht, eh Vater Aristoteles verlieren durfte. Welch eine Schande für den Menschenverstand, beson- ders für die Naturforscher! Auch kan man sich des La- chens nicht enthalten, wenn man die traurige Gestalt der vorigen Physik sieht, und die kindischen Fragen, worüber man sich die Köpfe zerbrach! daher betrügt man sich oft so schrecklich, wenn man eine alte Naturkunde in die Hände nimmt z. B. da sind etliche Cap. darin, ob
die
aber defekt waren, und gab mir was ich verlangte. Ich ſah ferner noch 1) William’s Oxonia depicta, LXV. Tafeln in Folio. Es ſind nichts als Beſchreibungen und Abbildungen der Gebaͤude, die zur Univerſitaͤt in Ox- ford gehoͤren. Wie viel ſolte man ſich nicht von einer Univerſitaͤt verſprechen, die ſo viel Platz hat, ſich auszu- dehnen? wo jeder Profeſſor eine Stoa, einen Porticus haben koͤnnte? 2) Bonnani Recreationes mentis et oculorum in Conchyliis, in 4to. Die Kupfer ſind herrlich, aber der Text iſt weitſchweifig, gedehnt, ariſto- teliſch, alles koͤnnte man auf wenige Blaͤtter reduciren. Der Karakter des Verfaſſers muß gut geweſen ſeyn. 3) Latini Tancredi de Antiperiſtaſi omnigena, ſive de Naturae miraculis. Neapoli 1621. 4to. Der Titel lokte mich. Ich fand lauter Philoſophiſche, Me- diciniſche, Phyſiſche Diſſertationen. Was andre qua- litas occulta nennen, z. B. daß man im Winter beſſer verdaue, daß der Nil ſtatt des Regens Egypten uͤber- ſchwemme ꝛc. das nennt er Antiperiſtaſis, und ihm iſt alles qualitas occulta. Unglaublich iſts, wie weit ehe- mals die Vergoͤtterung des Ariſtoteles ging. Ueberall ward von ihm angefangen, er beſtaͤndig citirt, bis auf alle Woͤrter vertheidigt, und wenn er offenbar geſchlegelt hatte, ward eher der Text veraͤndert, und Muthmaßun- gen erdacht, eh Vater Ariſtoteles verlieren durfte. Welch eine Schande fuͤr den Menſchenverſtand, beſon- ders fuͤr die Naturforſcher! Auch kan man ſich des La- chens nicht enthalten, wenn man die traurige Geſtalt der vorigen Phyſik ſieht, und die kindiſchen Fragen, woruͤber man ſich die Koͤpfe zerbrach! daher betruͤgt man ſich oft ſo ſchrecklich, wenn man eine alte Naturkunde in die Haͤnde nimmt z. B. da ſind etliche Cap. darin, ob
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ſah ferner noch 1) William’s Oxonia depicta, LXV.
Tafeln in Folio. Es ſind nichts als Beſchreibungen und
Abbildungen der Gebaͤude, die zur Univerſitaͤt in Ox-
ford gehoͤren. Wie viel ſolte man ſich nicht von einer
Univerſitaͤt verſprechen, die ſo viel Platz hat, ſich auszu-
dehnen? wo jeder Profeſſor eine Stoa, einen Porticus
haben koͤnnte? 2) Bonnani Recreationes mentis et
oculorum in Conchyliis, in 4to. Die Kupfer ſind
herrlich, aber der Text iſt weitſchweifig, gedehnt, ariſto-
teliſch, alles koͤnnte man auf wenige Blaͤtter reduciren.
Der Karakter des Verfaſſers muß gut geweſen ſeyn. 3)
Latini Tancredi de Antiperiſtaſi omnigena, ſive
de Naturae miraculis. Neapoli 1621. 4to. Der
Titel lokte mich. Ich fand lauter Philoſophiſche, Me-
diciniſche, Phyſiſche Diſſertationen. Was andre qua-
litas occulta nennen, z. B. daß man im Winter beſſer
verdaue, daß der Nil ſtatt des Regens Egypten uͤber-
ſchwemme ꝛc. das nennt er Antiperiſtaſis, und ihm iſt
alles qualitas occulta. Unglaublich iſts, wie weit ehe-
mals die Vergoͤtterung des Ariſtoteles ging. Ueberall
ward von ihm angefangen, er beſtaͤndig citirt, bis auf
alle Woͤrter vertheidigt, und wenn er offenbar geſchlegelt
hatte, ward eher der Text veraͤndert, und Muthmaßun-
gen erdacht, eh Vater Ariſtoteles verlieren durfte.
Welch eine Schande fuͤr den Menſchenverſtand, beſon-
ders fuͤr die Naturforſcher! Auch kan man ſich des La-
chens nicht enthalten, wenn man die traurige Geſtalt
der vorigen Phyſik ſieht, und die kindiſchen Fragen,
woruͤber man ſich die Koͤpfe zerbrach! daher betruͤgt man
ſich oft ſo ſchrecklich, wenn man eine alte Naturkunde in
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/256>, abgerufen am 22.11.2024.
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