von den Clarkes besorgt, sondern von der rühmlichst bekannten Firma Warner & Swasey in Cleveland.
Natürlich muß auch dafür Sorge getragen sein, daß der Beobachter während der beträchtlichen Bewegungen des Rohres denselben leicht zu folgen imstande ist und auch Objekte in der Nähe des Horizontes erreichen kann. Da er für diesen Zweck nicht stets die 11 m wird emporklettern können, so ist hier eine geniale Idee Sir Howard Grubbs ausgeführt worden. Der Boden der ganzen Sternwarte läßt sich nämlich durch hydraulische Maschinen vom Beobachter leicht auf- und abbewegen -- eine angenehme, aber nicht billige Art, die Schwierig- keiten zu lösen, soweit die Sicherheit ins Spiel kommt, die aber noch nicht auf den fortwährenden Wechsel in horizontaler Richtung genügend Rücksicht nimmt, den die Stellung des Augenendes des Rohres bei seiner rotierenden Bewegung erfahren muß. Der Durchmesser der Kuppel, welche den Fernrohrriesen überdeckt, mißt nicht weniger als 35 m, und sie wiegt die Kleinigkeit von 1800 Centnern. Dabei muß sie jedoch noch drehbar eingerichtet sein, damit ihre Öffnung nach einer bestimmten Himmelsrichtung eingestellt werden könne. Die Riesenkuppel auf dem Hamiltonberge soll trotz ihres großen Gewichtes bereits durch einen Druck von 67 kg sich bewegen lassen. Die Kosten dieses Baues allein belaufen sich auf 56800 Dollar.
In neuester Zeit hat man die Aufstellung der Äquatoreale wesent- lich zu vereinfachen getrachtet, indem man nur einen geringeren Teil derselben beweglich herstellt, den größeren Teil aber fest läßt. Man kann dies, indem man zwischen Augenende und Objektiv schief gegen das Rohr eine bewegliche, spiegelnde Glasplatte einsetzt und nun nur das Objektivende beweglich macht. Dieses Instrument, das gebrochene Äquatoreal des Herrn Loewy von der Pariser Sternwarte, ist jetzt mit einer Öffnung von 57 cm ausgeführt worden. Freilich wird durch den Planspiegel immer ein Verlust an Lichtkraft und Deutlichkeit herbei- geführt werden, aber die Gebrüder Henry machen dieselben bereits in solcher Vollkommenheit, daß jener Verlust gering erscheint gegen die offenbaren Vorteile der Leichtigkeit der zu bewegenden Teile. Wir sind daher berechtigt, in diesem Werkzeuge das Fernrohr der Zukunft zu erblicken, das mit der Zeit nicht nur bei den allgemein astronomischen, sondern auch bei photographischen und spektroskopischen Aufgaben der Himmelsforschung vorzügliche Dienste leisten wird.
Versuchen wir, uns ein Urteil über die Wirkungen eines großen Instrumentes zu bilden. Wir werden dabei zunächst an die Mittel denken, durch welche die Sehschärfe des unbewaffneten Auges sich fest- stellen läßt. In einer alten arabischen Himmelsbeschreibung wird ein Stern im großen Bären erwähnt, "nach dem die Menschen ihr Gesicht prüfen". Es ist dies ein Stern fünfter Größe, der für gute Augen und bei günstiger Witterung bei uns immer sichtbar ist. Da für ein scharfes Auge sogar noch einige Sterne von der siebenten Größe sichtbar
Das Fernrohr.
von den Clarkes beſorgt, ſondern von der rühmlichſt bekannten Firma Warner & Swaſey in Cleveland.
Natürlich muß auch dafür Sorge getragen ſein, daß der Beobachter während der beträchtlichen Bewegungen des Rohres denſelben leicht zu folgen imſtande iſt und auch Objekte in der Nähe des Horizontes erreichen kann. Da er für dieſen Zweck nicht ſtets die 11 m wird emporklettern können, ſo iſt hier eine geniale Idee Sir Howard Grubbs ausgeführt worden. Der Boden der ganzen Sternwarte läßt ſich nämlich durch hydrauliſche Maſchinen vom Beobachter leicht auf- und abbewegen — eine angenehme, aber nicht billige Art, die Schwierig- keiten zu löſen, ſoweit die Sicherheit ins Spiel kommt, die aber noch nicht auf den fortwährenden Wechſel in horizontaler Richtung genügend Rückſicht nimmt, den die Stellung des Augenendes des Rohres bei ſeiner rotierenden Bewegung erfahren muß. Der Durchmeſſer der Kuppel, welche den Fernrohrrieſen überdeckt, mißt nicht weniger als 35 m, und ſie wiegt die Kleinigkeit von 1800 Centnern. Dabei muß ſie jedoch noch drehbar eingerichtet ſein, damit ihre Öffnung nach einer beſtimmten Himmelsrichtung eingeſtellt werden könne. Die Rieſenkuppel auf dem Hamiltonberge ſoll trotz ihres großen Gewichtes bereits durch einen Druck von 67 kg ſich bewegen laſſen. Die Koſten dieſes Baues allein belaufen ſich auf 56800 Dollar.
In neueſter Zeit hat man die Aufſtellung der Äquatoreale weſent- lich zu vereinfachen getrachtet, indem man nur einen geringeren Teil derſelben beweglich herſtellt, den größeren Teil aber feſt läßt. Man kann dies, indem man zwiſchen Augenende und Objektiv ſchief gegen das Rohr eine bewegliche, ſpiegelnde Glasplatte einſetzt und nun nur das Objektivende beweglich macht. Dieſes Inſtrument, das gebrochene Äquatoreal des Herrn Loewy von der Pariſer Sternwarte, iſt jetzt mit einer Öffnung von 57 cm ausgeführt worden. Freilich wird durch den Planſpiegel immer ein Verluſt an Lichtkraft und Deutlichkeit herbei- geführt werden, aber die Gebrüder Henry machen dieſelben bereits in ſolcher Vollkommenheit, daß jener Verluſt gering erſcheint gegen die offenbaren Vorteile der Leichtigkeit der zu bewegenden Teile. Wir ſind daher berechtigt, in dieſem Werkzeuge das Fernrohr der Zukunft zu erblicken, das mit der Zeit nicht nur bei den allgemein aſtronomiſchen, ſondern auch bei photographiſchen und ſpektroſkopiſchen Aufgaben der Himmelsforſchung vorzügliche Dienſte leiſten wird.
Verſuchen wir, uns ein Urteil über die Wirkungen eines großen Inſtrumentes zu bilden. Wir werden dabei zunächſt an die Mittel denken, durch welche die Sehſchärfe des unbewaffneten Auges ſich feſt- ſtellen läßt. In einer alten arabiſchen Himmelsbeſchreibung wird ein Stern im großen Bären erwähnt, „nach dem die Menſchen ihr Geſicht prüfen“. Es iſt dies ein Stern fünfter Größe, der für gute Augen und bei günſtiger Witterung bei uns immer ſichtbar iſt. Da für ein ſcharfes Auge ſogar noch einige Sterne von der ſiebenten Größe ſichtbar
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0937"n="919"/><fwplace="top"type="header">Das Fernrohr.</fw><lb/>
von den Clarkes beſorgt, ſondern von der rühmlichſt bekannten Firma<lb/>
Warner & Swaſey in Cleveland.</p><lb/><p>Natürlich muß auch dafür Sorge getragen ſein, daß der Beobachter<lb/>
während der beträchtlichen Bewegungen des Rohres denſelben leicht<lb/>
zu folgen imſtande iſt und auch Objekte in der Nähe des Horizontes<lb/>
erreichen kann. Da er für dieſen Zweck nicht ſtets die 11 <hirendition="#aq">m</hi> wird<lb/>
emporklettern können, ſo iſt hier eine geniale Idee Sir Howard Grubbs<lb/>
ausgeführt worden. Der Boden der ganzen Sternwarte läßt ſich<lb/>
nämlich durch hydrauliſche Maſchinen vom Beobachter leicht auf- und<lb/>
abbewegen — eine angenehme, aber nicht billige Art, die Schwierig-<lb/>
keiten zu löſen, ſoweit die Sicherheit ins Spiel kommt, die aber noch<lb/>
nicht auf den fortwährenden Wechſel in horizontaler Richtung genügend<lb/>
Rückſicht nimmt, den die Stellung des Augenendes des Rohres bei<lb/>ſeiner rotierenden Bewegung erfahren muß. Der Durchmeſſer der<lb/>
Kuppel, welche den Fernrohrrieſen überdeckt, mißt nicht weniger als<lb/>
35 <hirendition="#aq">m</hi>, und ſie wiegt die Kleinigkeit von 1800 Centnern. Dabei muß<lb/>ſie jedoch noch drehbar eingerichtet ſein, damit ihre Öffnung nach einer<lb/>
beſtimmten Himmelsrichtung eingeſtellt werden könne. Die Rieſenkuppel<lb/>
auf dem Hamiltonberge ſoll trotz ihres großen Gewichtes bereits durch<lb/>
einen Druck von 67 <hirendition="#aq">kg</hi>ſich bewegen laſſen. Die Koſten dieſes Baues<lb/>
allein belaufen ſich auf 56800 Dollar.</p><lb/><p>In neueſter Zeit hat man die Aufſtellung der Äquatoreale weſent-<lb/>
lich zu vereinfachen getrachtet, indem man nur einen geringeren Teil<lb/>
derſelben beweglich herſtellt, den größeren Teil aber feſt läßt. Man<lb/>
kann dies, indem man zwiſchen Augenende und Objektiv ſchief gegen<lb/>
das Rohr eine bewegliche, ſpiegelnde Glasplatte einſetzt und nun nur<lb/>
das Objektivende beweglich macht. Dieſes Inſtrument, das gebrochene<lb/>
Äquatoreal des Herrn Loewy von der Pariſer Sternwarte, iſt jetzt<lb/>
mit einer Öffnung von 57 <hirendition="#aq">cm</hi> ausgeführt worden. Freilich wird durch<lb/>
den Planſpiegel immer ein Verluſt an Lichtkraft und Deutlichkeit herbei-<lb/>
geführt werden, aber die Gebrüder Henry machen dieſelben bereits in<lb/>ſolcher Vollkommenheit, daß jener Verluſt gering erſcheint gegen die<lb/>
offenbaren Vorteile der Leichtigkeit der zu bewegenden Teile. Wir ſind<lb/>
daher berechtigt, in dieſem Werkzeuge das Fernrohr der Zukunft zu<lb/>
erblicken, das mit der Zeit nicht nur bei den allgemein aſtronomiſchen,<lb/>ſondern auch bei photographiſchen und ſpektroſkopiſchen Aufgaben der<lb/>
Himmelsforſchung vorzügliche Dienſte leiſten wird.</p><lb/><p>Verſuchen wir, uns ein Urteil über die Wirkungen eines großen<lb/>
Inſtrumentes zu bilden. Wir werden dabei zunächſt an die Mittel<lb/>
denken, durch welche die Sehſchärfe des unbewaffneten Auges ſich feſt-<lb/>ſtellen läßt. In einer alten arabiſchen Himmelsbeſchreibung wird ein<lb/>
Stern im großen Bären erwähnt, „nach dem die Menſchen ihr Geſicht<lb/>
prüfen“. Es iſt dies ein Stern fünfter Größe, der für gute Augen<lb/>
und bei günſtiger Witterung bei uns immer ſichtbar iſt. Da für ein<lb/>ſcharfes Auge ſogar noch einige Sterne von der ſiebenten Größe ſichtbar<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[919/0937]
Das Fernrohr.
von den Clarkes beſorgt, ſondern von der rühmlichſt bekannten Firma
Warner & Swaſey in Cleveland.
Natürlich muß auch dafür Sorge getragen ſein, daß der Beobachter
während der beträchtlichen Bewegungen des Rohres denſelben leicht
zu folgen imſtande iſt und auch Objekte in der Nähe des Horizontes
erreichen kann. Da er für dieſen Zweck nicht ſtets die 11 m wird
emporklettern können, ſo iſt hier eine geniale Idee Sir Howard Grubbs
ausgeführt worden. Der Boden der ganzen Sternwarte läßt ſich
nämlich durch hydrauliſche Maſchinen vom Beobachter leicht auf- und
abbewegen — eine angenehme, aber nicht billige Art, die Schwierig-
keiten zu löſen, ſoweit die Sicherheit ins Spiel kommt, die aber noch
nicht auf den fortwährenden Wechſel in horizontaler Richtung genügend
Rückſicht nimmt, den die Stellung des Augenendes des Rohres bei
ſeiner rotierenden Bewegung erfahren muß. Der Durchmeſſer der
Kuppel, welche den Fernrohrrieſen überdeckt, mißt nicht weniger als
35 m, und ſie wiegt die Kleinigkeit von 1800 Centnern. Dabei muß
ſie jedoch noch drehbar eingerichtet ſein, damit ihre Öffnung nach einer
beſtimmten Himmelsrichtung eingeſtellt werden könne. Die Rieſenkuppel
auf dem Hamiltonberge ſoll trotz ihres großen Gewichtes bereits durch
einen Druck von 67 kg ſich bewegen laſſen. Die Koſten dieſes Baues
allein belaufen ſich auf 56800 Dollar.
In neueſter Zeit hat man die Aufſtellung der Äquatoreale weſent-
lich zu vereinfachen getrachtet, indem man nur einen geringeren Teil
derſelben beweglich herſtellt, den größeren Teil aber feſt läßt. Man
kann dies, indem man zwiſchen Augenende und Objektiv ſchief gegen
das Rohr eine bewegliche, ſpiegelnde Glasplatte einſetzt und nun nur
das Objektivende beweglich macht. Dieſes Inſtrument, das gebrochene
Äquatoreal des Herrn Loewy von der Pariſer Sternwarte, iſt jetzt
mit einer Öffnung von 57 cm ausgeführt worden. Freilich wird durch
den Planſpiegel immer ein Verluſt an Lichtkraft und Deutlichkeit herbei-
geführt werden, aber die Gebrüder Henry machen dieſelben bereits in
ſolcher Vollkommenheit, daß jener Verluſt gering erſcheint gegen die
offenbaren Vorteile der Leichtigkeit der zu bewegenden Teile. Wir ſind
daher berechtigt, in dieſem Werkzeuge das Fernrohr der Zukunft zu
erblicken, das mit der Zeit nicht nur bei den allgemein aſtronomiſchen,
ſondern auch bei photographiſchen und ſpektroſkopiſchen Aufgaben der
Himmelsforſchung vorzügliche Dienſte leiſten wird.
Verſuchen wir, uns ein Urteil über die Wirkungen eines großen
Inſtrumentes zu bilden. Wir werden dabei zunächſt an die Mittel
denken, durch welche die Sehſchärfe des unbewaffneten Auges ſich feſt-
ſtellen läßt. In einer alten arabiſchen Himmelsbeſchreibung wird ein
Stern im großen Bären erwähnt, „nach dem die Menſchen ihr Geſicht
prüfen“. Es iſt dies ein Stern fünfter Größe, der für gute Augen
und bei günſtiger Witterung bei uns immer ſichtbar iſt. Da für ein
ſcharfes Auge ſogar noch einige Sterne von der ſiebenten Größe ſichtbar
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 919. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/937>, abgerufen am 28.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.