fältig, zuletzt unter Zusatz einer geringen Menge Kreide, ausgewaschen. Nun bringt man sie in Holländer (s. Papierfabrikation), in welchen sie zu einem feinen Brei zermahlen wird. Dieser wird durch Centri- fugen entwässert und unter großen hydraulischen Pressen, welche einen Druck bis zu 1000 Atmosphären ausüben, zu prismatischen, papier- macheartigen Körpern zusammengepreßt. In diesem Zustande ent- halten die Prismen 15--16 % Wasser, welches für gewöhnlich absichtlich nicht entfernt wird. Abel hat nämlich gefunden, daß die Schießwolle gerade in diesem Zustande sehr stark wirkt; wenn man auf eine Ladung aus feuchten Prismen ein lufttrocknes befestigt und dieses letztere durch eine Knallquecksilberkapsel von 1 gr Ladung detoniert, so explodiert die ganze Ladung mit der größten Gewalt. Ganz reine, feuchte Schieß- wolle lagert unzersetzt und brennt nur bei sehr starker Erhitzung ab; die lufttrockene ist allerdings feuergefährlich, aber beim Anzünden nicht explosiv. Die Explosionsgase bestehen im wesentlichen aus Kohlen- oxyd, Kohlensäure und Wasserdampf. Daneben treten Grubengas, Stick- stoff und Stickoxyd auf.
Die Schießwolle ist in dem Zustande, wie ihn Abel kennen lehrte, für den Verteidigungskrieg, besonders zur See, unentbehrlich; man kennt kein anderes ebenso ungefährlich zu behandelndes und doch so wirksames Sprengmittel. Man benutzt sie zur Füllung von unter- seeischen Verteidigungs- und Angriffskörpern, auf deren Einrichtung und Entwicklung deshalb an dieser Stelle ein kurzer Blick geworfen werden muß.
Unter dem Namen "Torpedo" wurde -- abgesehen von wenig belangreichen früheren vereinzelten Versuchen -- zuerst in dem ameri- kanischen Bürgerkriege der sechziger Jahre eine Art submariner Spreng- körper angewendet. Man füllte größere Gefäße mit Pulver, verankerte sie an geeigneten Stellen und sorgte dafür, daß sie beim Antreffen an ein Schiff explodieren mußten. Derartige Körper wurden auch noch im Kriege von 1870 benutzt, bis Abels bahnbrechende Arbeiten über die Schießwolle eine totale Umgestaltung bewirkten. Schon gegen die Mitte der siebziger Jahre tauchte die Idee auf, die gewaltige Kraft der mit Schießwolle geladenen Torpedos nicht nur zu Verteidungs-, sondern auch zu Angriffszwecken zu verwenden. Der Engländer Whitehead war der erste, welcher diesen Gedanken verwirklichte. Seit- dem bezieht man den Namen Torpedo nicht mehr auf sämtliche submarine Sprengkörper; vielmehr unterscheidet man scharf zwischen den zur Verteidigung von Sperren dienenden Minen und den für Offensiv- zwecke berechneten Torpedos.
Die jetzt im Gebrauch befindlichen Minen sind ziemlich dünne eiserne Gefäße von der Gestalt eines umgekehrten Kegels mit gewölbter Grundfläche. Die Sprengladung, aus nasser Schießwolle bestehend, füllt die Höhlung der Mine aus und steht in naher Berührung mit der Sprengbüchse, welche die zur Detonierung der Ladung nötigen
45*
Das Schießpulver.
fältig, zuletzt unter Zuſatz einer geringen Menge Kreide, ausgewaſchen. Nun bringt man ſie in Holländer (ſ. Papierfabrikation), in welchen ſie zu einem feinen Brei zermahlen wird. Dieſer wird durch Centri- fugen entwäſſert und unter großen hydrauliſchen Preſſen, welche einen Druck bis zu 1000 Atmoſphären ausüben, zu prismatiſchen, papier- machéartigen Körpern zuſammengepreßt. In dieſem Zuſtande ent- halten die Prismen 15—16 % Waſſer, welches für gewöhnlich abſichtlich nicht entfernt wird. Abel hat nämlich gefunden, daß die Schießwolle gerade in dieſem Zuſtande ſehr ſtark wirkt; wenn man auf eine Ladung aus feuchten Prismen ein lufttrocknes befeſtigt und dieſes letztere durch eine Knallqueckſilberkapſel von 1 gr Ladung detoniert, ſo explodiert die ganze Ladung mit der größten Gewalt. Ganz reine, feuchte Schieß- wolle lagert unzerſetzt und brennt nur bei ſehr ſtarker Erhitzung ab; die lufttrockene iſt allerdings feuergefährlich, aber beim Anzünden nicht exploſiv. Die Exploſionsgaſe beſtehen im weſentlichen aus Kohlen- oxyd, Kohlenſäure und Waſſerdampf. Daneben treten Grubengas, Stick- ſtoff und Stickoxyd auf.
Die Schießwolle iſt in dem Zuſtande, wie ihn Abel kennen lehrte, für den Verteidigungskrieg, beſonders zur See, unentbehrlich; man kennt kein anderes ebenſo ungefährlich zu behandelndes und doch ſo wirkſames Sprengmittel. Man benutzt ſie zur Füllung von unter- ſeeiſchen Verteidigungs- und Angriffskörpern, auf deren Einrichtung und Entwicklung deshalb an dieſer Stelle ein kurzer Blick geworfen werden muß.
Unter dem Namen „Torpedo“ wurde — abgeſehen von wenig belangreichen früheren vereinzelten Verſuchen — zuerſt in dem ameri- kaniſchen Bürgerkriege der ſechziger Jahre eine Art ſubmariner Spreng- körper angewendet. Man füllte größere Gefäße mit Pulver, verankerte ſie an geeigneten Stellen und ſorgte dafür, daß ſie beim Antreffen an ein Schiff explodieren mußten. Derartige Körper wurden auch noch im Kriege von 1870 benutzt, bis Abels bahnbrechende Arbeiten über die Schießwolle eine totale Umgeſtaltung bewirkten. Schon gegen die Mitte der ſiebziger Jahre tauchte die Idee auf, die gewaltige Kraft der mit Schießwolle geladenen Torpedos nicht nur zu Verteidungs-, ſondern auch zu Angriffszwecken zu verwenden. Der Engländer Whitehead war der erſte, welcher dieſen Gedanken verwirklichte. Seit- dem bezieht man den Namen Torpedo nicht mehr auf ſämtliche ſubmarine Sprengkörper; vielmehr unterſcheidet man ſcharf zwiſchen den zur Verteidigung von Sperren dienenden Minen und den für Offenſiv- zwecke berechneten Torpedos.
Die jetzt im Gebrauch befindlichen Minen ſind ziemlich dünne eiſerne Gefäße von der Geſtalt eines umgekehrten Kegels mit gewölbter Grundfläche. Die Sprengladung, aus naſſer Schießwolle beſtehend, füllt die Höhlung der Mine aus und ſteht in naher Berührung mit der Sprengbüchſe, welche die zur Detonierung der Ladung nötigen
45*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0725"n="707"/><fwplace="top"type="header">Das Schießpulver.</fw><lb/>
fältig, zuletzt unter Zuſatz einer geringen Menge Kreide, ausgewaſchen.<lb/>
Nun bringt man ſie in Holländer (ſ. Papierfabrikation), in welchen<lb/>ſie zu einem feinen Brei zermahlen wird. Dieſer wird durch Centri-<lb/>
fugen entwäſſert und unter großen hydrauliſchen Preſſen, welche einen<lb/>
Druck bis zu 1000 Atmoſphären ausüben, zu prismatiſchen, papier-<lb/>
mach<hirendition="#aq">é</hi>artigen Körpern zuſammengepreßt. In dieſem Zuſtande ent-<lb/>
halten die Prismen 15—16 % Waſſer, welches für gewöhnlich abſichtlich<lb/>
nicht entfernt wird. Abel hat nämlich gefunden, daß die Schießwolle<lb/>
gerade in dieſem Zuſtande ſehr ſtark wirkt; wenn man auf eine Ladung<lb/>
aus feuchten Prismen ein lufttrocknes befeſtigt und dieſes letztere durch<lb/>
eine Knallqueckſilberkapſel von 1 <hirendition="#aq">gr</hi> Ladung detoniert, ſo explodiert die<lb/>
ganze Ladung mit der größten Gewalt. Ganz reine, feuchte Schieß-<lb/>
wolle lagert unzerſetzt und brennt nur bei ſehr ſtarker Erhitzung ab;<lb/>
die lufttrockene iſt allerdings feuergefährlich, aber beim Anzünden nicht<lb/>
exploſiv. Die Exploſionsgaſe beſtehen im weſentlichen aus Kohlen-<lb/>
oxyd, Kohlenſäure und Waſſerdampf. Daneben treten Grubengas, Stick-<lb/>ſtoff und Stickoxyd auf.</p><lb/><p>Die Schießwolle iſt in dem Zuſtande, wie ihn Abel kennen lehrte,<lb/>
für den Verteidigungskrieg, beſonders zur See, unentbehrlich; man<lb/>
kennt kein anderes ebenſo ungefährlich zu behandelndes und doch ſo<lb/>
wirkſames Sprengmittel. Man benutzt ſie zur Füllung von unter-<lb/>ſeeiſchen Verteidigungs- und Angriffskörpern, auf deren Einrichtung<lb/>
und Entwicklung deshalb an dieſer Stelle ein kurzer Blick geworfen<lb/>
werden muß.</p><lb/><p>Unter dem Namen „Torpedo“ wurde — abgeſehen von wenig<lb/>
belangreichen früheren vereinzelten Verſuchen — zuerſt in dem ameri-<lb/>
kaniſchen Bürgerkriege der ſechziger Jahre eine Art ſubmariner Spreng-<lb/>
körper angewendet. Man füllte größere Gefäße mit Pulver, verankerte<lb/>ſie an geeigneten Stellen und ſorgte dafür, daß ſie beim Antreffen an<lb/>
ein Schiff explodieren mußten. Derartige Körper wurden auch noch<lb/>
im Kriege von 1870 benutzt, bis Abels bahnbrechende Arbeiten über<lb/>
die Schießwolle eine totale Umgeſtaltung bewirkten. Schon gegen die<lb/>
Mitte der ſiebziger Jahre tauchte die Idee auf, die gewaltige Kraft<lb/>
der mit Schießwolle geladenen Torpedos nicht nur zu Verteidungs-,<lb/>ſondern auch zu Angriffszwecken zu verwenden. Der Engländer<lb/>
Whitehead war der erſte, welcher dieſen Gedanken verwirklichte. Seit-<lb/>
dem bezieht man den Namen Torpedo nicht mehr auf ſämtliche<lb/>ſubmarine Sprengkörper; vielmehr unterſcheidet man ſcharf zwiſchen den<lb/>
zur Verteidigung von Sperren dienenden Minen und den für Offenſiv-<lb/>
zwecke berechneten Torpedos.</p><lb/><p>Die jetzt im Gebrauch befindlichen <hirendition="#g">Minen</hi>ſind ziemlich dünne<lb/>
eiſerne Gefäße von der Geſtalt eines umgekehrten Kegels mit gewölbter<lb/>
Grundfläche. Die Sprengladung, aus naſſer Schießwolle beſtehend,<lb/>
füllt die Höhlung der Mine aus und ſteht in naher Berührung mit<lb/>
der Sprengbüchſe, welche die zur Detonierung der Ladung nötigen<lb/><fwplace="bottom"type="sig">45*</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[707/0725]
Das Schießpulver.
fältig, zuletzt unter Zuſatz einer geringen Menge Kreide, ausgewaſchen.
Nun bringt man ſie in Holländer (ſ. Papierfabrikation), in welchen
ſie zu einem feinen Brei zermahlen wird. Dieſer wird durch Centri-
fugen entwäſſert und unter großen hydrauliſchen Preſſen, welche einen
Druck bis zu 1000 Atmoſphären ausüben, zu prismatiſchen, papier-
machéartigen Körpern zuſammengepreßt. In dieſem Zuſtande ent-
halten die Prismen 15—16 % Waſſer, welches für gewöhnlich abſichtlich
nicht entfernt wird. Abel hat nämlich gefunden, daß die Schießwolle
gerade in dieſem Zuſtande ſehr ſtark wirkt; wenn man auf eine Ladung
aus feuchten Prismen ein lufttrocknes befeſtigt und dieſes letztere durch
eine Knallqueckſilberkapſel von 1 gr Ladung detoniert, ſo explodiert die
ganze Ladung mit der größten Gewalt. Ganz reine, feuchte Schieß-
wolle lagert unzerſetzt und brennt nur bei ſehr ſtarker Erhitzung ab;
die lufttrockene iſt allerdings feuergefährlich, aber beim Anzünden nicht
exploſiv. Die Exploſionsgaſe beſtehen im weſentlichen aus Kohlen-
oxyd, Kohlenſäure und Waſſerdampf. Daneben treten Grubengas, Stick-
ſtoff und Stickoxyd auf.
Die Schießwolle iſt in dem Zuſtande, wie ihn Abel kennen lehrte,
für den Verteidigungskrieg, beſonders zur See, unentbehrlich; man
kennt kein anderes ebenſo ungefährlich zu behandelndes und doch ſo
wirkſames Sprengmittel. Man benutzt ſie zur Füllung von unter-
ſeeiſchen Verteidigungs- und Angriffskörpern, auf deren Einrichtung
und Entwicklung deshalb an dieſer Stelle ein kurzer Blick geworfen
werden muß.
Unter dem Namen „Torpedo“ wurde — abgeſehen von wenig
belangreichen früheren vereinzelten Verſuchen — zuerſt in dem ameri-
kaniſchen Bürgerkriege der ſechziger Jahre eine Art ſubmariner Spreng-
körper angewendet. Man füllte größere Gefäße mit Pulver, verankerte
ſie an geeigneten Stellen und ſorgte dafür, daß ſie beim Antreffen an
ein Schiff explodieren mußten. Derartige Körper wurden auch noch
im Kriege von 1870 benutzt, bis Abels bahnbrechende Arbeiten über
die Schießwolle eine totale Umgeſtaltung bewirkten. Schon gegen die
Mitte der ſiebziger Jahre tauchte die Idee auf, die gewaltige Kraft
der mit Schießwolle geladenen Torpedos nicht nur zu Verteidungs-,
ſondern auch zu Angriffszwecken zu verwenden. Der Engländer
Whitehead war der erſte, welcher dieſen Gedanken verwirklichte. Seit-
dem bezieht man den Namen Torpedo nicht mehr auf ſämtliche
ſubmarine Sprengkörper; vielmehr unterſcheidet man ſcharf zwiſchen den
zur Verteidigung von Sperren dienenden Minen und den für Offenſiv-
zwecke berechneten Torpedos.
Die jetzt im Gebrauch befindlichen Minen ſind ziemlich dünne
eiſerne Gefäße von der Geſtalt eines umgekehrten Kegels mit gewölbter
Grundfläche. Die Sprengladung, aus naſſer Schießwolle beſtehend,
füllt die Höhlung der Mine aus und ſteht in naher Berührung mit
der Sprengbüchſe, welche die zur Detonierung der Ladung nötigen
45*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 707. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/725>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.