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Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

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nen ich gerade nicht Ehrerbietung haben durf-
te. Er traf mich einigemal darüber an, schlug
mich sogar deswegen, welches er selten that.
Aber ich Thor! anstatt aus seinem Abscheu zu
schliessen, dass die Sache sehr schaedlich seyn
müsste: hielt ich davor (da er mir keine Ur-
sache des Verbots angab) dass sie bloss unan-
staendig waere, und that sie in der Einsamkeit
sogar auf der Schule fort.

Das Hauptmittel zur Besserung bleibt
immer eine liebreiche und doch ernstliche
Vorstellung von der Schaedlichkeit dieser
Sünden, die aber freylich auch mit grosser
Klugheit geschehen muss. Sagt man nur
überhanpt, sie seyn schaedlich, sie zerstören
die Gesundheit, ohne den Zusammenhang
zwischen Ursache und Wirkung zu zeigen,
so richtet man nur wenig aus. Das gewarn-
te Kind wird auf einige Tage erschüttert,
bald darauf erwacht die alte Begierde wieder,
es wird besiegt, und weil es davon nicht
unmittelbar traurige Wirkungen verspürt,
so wird es auf die gegebene Warnung mis-

trauisch,

nen ich gerade nicht Ehrerbietung haben durf-
te. Er traf mich einigemal darüber an, ſchlug
mich ſogar deswegen, welches er ſelten that.
Aber ich Thor! anſtatt aus ſeinem Abſcheu zu
ſchlieſſen, daſs die Sache ſehr ſchædlich ſeyn
müſste: hielt ich davor (da er mir keine Ur-
ſache des Verbots angab) daſs ſie bloſs unan-
ſtændig wære, und that ſie in der Einſamkeit
ſogar auf der Schule fort.

Das Hauptmittel zur Beſſerung bleibt
immer eine liebreiche und doch ernſtliche
Vorſtellung von der Schædlichkeit dieſer
Sünden, die aber freylich auch mit groſser
Klugheit geſchehen muſs. Sagt man nur
überhanpt, ſie ſeyn ſchædlich, ſie zerſtören
die Geſundheit, ohne den Zuſammenhang
zwiſchen Urſache und Wirkung zu zeigen,
ſo richtet man nur wenig aus. Das gewarn-
te Kind wird auf einige Tage erſchüttert,
bald darauf erwacht die alte Begierde wieder,
es wird beſiegt, und weil es davon nicht
unmittelbar traurige Wirkungen verſpürt,
ſo wird es auf die gegebene Warnung mis-

trauiſch,
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[286/0296] nen ich gerade nicht Ehrerbietung haben durf- te. Er traf mich einigemal darüber an, ſchlug mich ſogar deswegen, welches er ſelten that. Aber ich Thor! anſtatt aus ſeinem Abſcheu zu ſchlieſſen, daſs die Sache ſehr ſchædlich ſeyn müſste: hielt ich davor (da er mir keine Ur- ſache des Verbots angab) daſs ſie bloſs unan- ſtændig wære, und that ſie in der Einſamkeit ſogar auf der Schule fort. Das Hauptmittel zur Beſſerung bleibt immer eine liebreiche und doch ernſtliche Vorſtellung von der Schædlichkeit dieſer Sünden, die aber freylich auch mit groſser Klugheit geſchehen muſs. Sagt man nur überhanpt, ſie ſeyn ſchædlich, ſie zerſtören die Geſundheit, ohne den Zuſammenhang zwiſchen Urſache und Wirkung zu zeigen, ſo richtet man nur wenig aus. Das gewarn- te Kind wird auf einige Tage erſchüttert, bald darauf erwacht die alte Begierde wieder, es wird beſiegt, und weil es davon nicht unmittelbar traurige Wirkungen verſpürt, ſo wird es auf die gegebene Warnung mis- trauiſch,

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Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/296>, abgerufen am 09.05.2024.