Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite

vermochte -- sie rassten und ergriffen wü-
thend jede Gelegenheit, sich Befriedigung
zu verschaffen. Daher sind die Klöster oh-
ne Zweifel die Mistbeete, in welchen, nach
der Zernichtung der Römischen und Griechi-
schen Cultur, alle die Unflaetereyen ausge-
brütet wurden, die man ohne Ekel nicht
nennen kann. Ein gesunder Mensch, dem
die natürliche Befriedigung des maechtigsten
Triebes auf Lebenslang untersagt ist, dem
der Müssiggang Zeit genug laesst, alle die
geilen Bilder auszumalen, die die erhitzte
Einbildungskraft hervorbringt, wozu mag
dieser nicht aufgelegt seyn! Und diese Art
Menschen waren nun die Erzieher und die
Erzieherinnen der jungen Christen -- --!
Was ist wohl gewisser, als dass sie die Ver-
führer der Unschuld waren, und die Greuel
unter uns brachten, die itzo so viel Jammer
verursachen?

Man wird zwar einwenden, dass das
Klosterleben auf uns Protestanten nicht mehr

wir-
(G 2)

vermochte — ſie raſsten und ergriffen wü-
thend jede Gelegenheit, ſich Befriedigung
zu verſchaffen. Daher ſind die Klöſter oh-
ne Zweifel die Miſtbeete, in welchen, nach
der Zernichtung der Römiſchen und Griechi-
ſchen Cultur, alle die Unflætereyen ausge-
brütet wurden, die man ohne Ekel nicht
nennen kann. Ein geſunder Menſch, dem
die natürliche Befriedigung des mæchtigſten
Triebes auf Lebenslang unterſagt iſt, dem
der Müſſiggang Zeit genug læſst, alle die
geilen Bilder auszumalen, die die erhitzte
Einbildungskraft hervorbringt, wozu mag
dieſer nicht aufgelegt ſeyn! Und dieſe Art
Menſchen waren nun die Erzieher und die
Erzieherinnen der jungen Chriſten — —!
Was iſt wohl gewiſſer, als daſs ſie die Ver-
führer der Unſchuld waren, und die Greuel
unter uns brachten, die itzo ſo viel Jammer
verurſachen?

Man wird zwar einwenden, daſs das
Kloſterleben auf uns Proteſtanten nicht mehr

wir-
(G 2)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0109" n="99"/>
vermochte &#x2014; &#x017F;ie ra&#x017F;sten und ergriffen wü-<lb/>
thend jede Gelegenheit, &#x017F;ich Befriedigung<lb/>
zu ver&#x017F;chaffen. Daher &#x017F;ind die Klö&#x017F;ter oh-<lb/>
ne Zweifel die Mi&#x017F;tbeete, in welchen, nach<lb/>
der Zernichtung der Römi&#x017F;chen und Griechi-<lb/>
&#x017F;chen Cultur, alle die Unflætereyen ausge-<lb/>
brütet wurden, die man ohne Ekel nicht<lb/>
nennen kann. Ein ge&#x017F;under Men&#x017F;ch, dem<lb/>
die natürliche Befriedigung des mæchtig&#x017F;ten<lb/>
Triebes auf Lebenslang unter&#x017F;agt i&#x017F;t, dem<lb/>
der Mü&#x017F;&#x017F;iggang Zeit genug læ&#x017F;st, alle die<lb/>
geilen Bilder auszumalen, die die erhitzte<lb/>
Einbildungskraft hervorbringt, wozu mag<lb/>
die&#x017F;er nicht aufgelegt &#x017F;eyn! Und die&#x017F;e Art<lb/>
Men&#x017F;chen waren nun die Erzieher und die<lb/>
Erzieherinnen der jungen Chri&#x017F;ten &#x2014; &#x2014;!<lb/>
Was i&#x017F;t wohl gewi&#x017F;&#x017F;er, als da&#x017F;s &#x017F;ie die Ver-<lb/>
führer der Un&#x017F;chuld waren, und die Greuel<lb/>
unter uns brachten, die itzo &#x017F;o viel Jammer<lb/>
verur&#x017F;achen?</p><lb/>
          <p>Man wird zwar einwenden, da&#x017F;s das<lb/>
Klo&#x017F;terleben auf uns Prote&#x017F;tanten nicht mehr<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">(G 2)</fw><fw place="bottom" type="catch">wir-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[99/0109] vermochte — ſie raſsten und ergriffen wü- thend jede Gelegenheit, ſich Befriedigung zu verſchaffen. Daher ſind die Klöſter oh- ne Zweifel die Miſtbeete, in welchen, nach der Zernichtung der Römiſchen und Griechi- ſchen Cultur, alle die Unflætereyen ausge- brütet wurden, die man ohne Ekel nicht nennen kann. Ein geſunder Menſch, dem die natürliche Befriedigung des mæchtigſten Triebes auf Lebenslang unterſagt iſt, dem der Müſſiggang Zeit genug læſst, alle die geilen Bilder auszumalen, die die erhitzte Einbildungskraft hervorbringt, wozu mag dieſer nicht aufgelegt ſeyn! Und dieſe Art Menſchen waren nun die Erzieher und die Erzieherinnen der jungen Chriſten — —! Was iſt wohl gewiſſer, als daſs ſie die Ver- führer der Unſchuld waren, und die Greuel unter uns brachten, die itzo ſo viel Jammer verurſachen? Man wird zwar einwenden, daſs das Kloſterleben auf uns Proteſtanten nicht mehr wir- (G 2)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/109
Zitationshilfe: Salzmann, Christian Gotthilf: Ueber die heimlichen Sünden der Jugend. Leipzig, 1785, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/salzmann_suenden_1785/109>, abgerufen am 24.11.2024.