Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

ehret, der ehret auch den Vater, der Ihn gesandt hat,
nicht
(Joh. V. 22. 23.). Und was Jesus sprach, darauf
hin -- wollen wir, lieben Freunde! leben und ster-
ben, und es soll uns nie gereuen.

Die christliche Sittenlehre ist eben so unver-
gleichbar 7) in der Lehre von der Menschen- und Näch-
stenliebe
.

Sie stellt a. das Gesetz der Menschen- und
Nächstenliebe dem ersten und grösten Gebote, der
Liebe gegen Gott, gleich (Matth. XXII. 39.): das
zweyte ist diesem gleich
. Es giebt, in dem Sinne Jesu,
kein eigentliches zweytes Gebot. Denn Gott über
alles lieben, und den Nächsten wie sich -- ist alles
Gebot, und den Nächsten lieben -- dem ersten gleich.
Dadurch sollten wir aufmerksam gemacht werden, dass
Wohlthun, wie Jünger Jesu wohlthun, ein wahrer
Gottesdienst, und Wittwen und Waisen besuchen ein
schöner Actus der heiligen Religion sey (Jak. I. 27.).

Wahrhaftig, höher wird die reine Menschlich-
keit in keiner Religion geehrt, als in der Christlichen,
Denn "Menschen lieben" -- ist am Werthe gleichgeltend,
und im Grunde Eines mit: "Gott lieben."

Sie macht b. die Liebe Gottes gegen uns zur
Norm, zum Beyspiele der Menschen- und Nächstenliebe
.

Sie stellt die Liebe Gottes gegen uns, wie sie
sich in der Natur offenbaret, zur Norm der Menschen-
liebe auf. Liebet eure Feinde -- damit ihr Kinder seyd

eures
E

ehret, der ehret auch den Vater, der Ihn geſandt hat,
nicht
(Joh. V. 22. 23.). Und was Jeſus ſprach, darauf
hin — wollen wir, lieben Freunde! leben und ſter-
ben, und es ſoll uns nie gereuen.

Die chriſtliche Sittenlehre iſt eben ſo unver-
gleichbar 7) in der Lehre von der Menſchen- und Näch-
ſtenliebe
.

Sie ſtellt a. das Geſetz der Menſchen- und
Nächſtenliebe dem erſten und gröſten Gebote, der
Liebe gegen Gott, gleich (Matth. XXII. 39.): das
zweyte iſt dieſem gleich
. Es giebt, in dem Sinne Jeſu,
kein eigentliches zweytes Gebot. Denn Gott über
alles lieben, und den Nächſten wie ſich — iſt alles
Gebot, und den Nächſten lieben — dem erſten gleich.
Dadurch ſollten wir aufmerkſam gemacht werden, daſs
Wohlthun, wie Jünger Jeſu wohlthun, ein wahrer
Gottesdienſt, und Wittwen und Waiſen beſuchen ein
ſchöner Actus der heiligen Religion ſey (Jak. I. 27.).

Wahrhaftig, höher wird die reine Menſchlich-
keit in keiner Religion geehrt, als in der Chriſtlichen,
Denn „Menſchen lieben“ — iſt am Werthe gleichgeltend,
und im Grunde Eines mit: „Gott lieben.“

Sie macht b. die Liebe Gottes gegen uns zur
Norm, zum Beyſpiele der Menſchen- und Nächſtenliebe
.

Sie ſtellt die Liebe Gottes gegen uns, wie ſie
ſich in der Natur offenbaret, zur Norm der Menſchen-
liebe auf. Liebet eure Feinde — damit ihr Kinder ſeyd

eures
E
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0079" n="65"/><hi rendition="#i">ehret, der ehret auch den Vater, der Ihn ge&#x017F;andt hat,<lb/>
nicht</hi> (Joh. V. 22. 23.). Und was Je&#x017F;us &#x017F;prach, darauf<lb/>
hin &#x2014; wollen wir, lieben Freunde! leben und &#x017F;ter-<lb/>
ben, und es &#x017F;oll uns nie gereuen.</p><lb/>
            <p>Die chri&#x017F;tliche Sittenlehre i&#x017F;t eben &#x017F;o unver-<lb/>
gleichbar 7) in der Lehre <hi rendition="#i">von der Men&#x017F;chen- und Näch-<lb/>
&#x017F;tenliebe</hi>.</p><lb/>
            <p>Sie &#x017F;tellt <hi rendition="#i">a</hi>. das Ge&#x017F;etz der Men&#x017F;chen- und<lb/>
Näch&#x017F;tenliebe dem er&#x017F;ten und grö&#x017F;ten Gebote, der<lb/>
Liebe gegen Gott, <hi rendition="#i">gleich</hi> (Matth. XXII. 39.): <hi rendition="#i">das<lb/>
zweyte i&#x017F;t die&#x017F;em gleich</hi>. Es giebt, in dem Sinne Je&#x017F;u,<lb/>
kein eigentliches zweytes Gebot. Denn Gott über<lb/>
alles lieben, und den Näch&#x017F;ten wie &#x017F;ich &#x2014; i&#x017F;t <hi rendition="#i">alles</hi><lb/>
Gebot, und den Näch&#x017F;ten lieben &#x2014; dem <hi rendition="#i">er&#x017F;ten</hi> gleich.<lb/>
Dadurch &#x017F;ollten wir aufmerk&#x017F;am gemacht werden, da&#x017F;s<lb/><hi rendition="#i">Wohlthun</hi>, wie Jünger Je&#x017F;u wohlthun, ein wahrer<lb/>
Gottesdien&#x017F;t, und Wittwen und Wai&#x017F;en be&#x017F;uchen ein<lb/>
&#x017F;chöner Actus der heiligen Religion &#x017F;ey (Jak. I. 27.).</p><lb/>
            <p>Wahrhaftig, höher wird die reine Men&#x017F;chlich-<lb/>
keit in keiner Religion geehrt, als in der <hi rendition="#i">Chri&#x017F;tlichen</hi>,<lb/>
Denn &#x201E;<hi rendition="#i">Men&#x017F;chen lieben</hi>&#x201C; &#x2014; i&#x017F;t am <hi rendition="#i">Werthe gleichgeltend</hi>,<lb/>
und im <hi rendition="#i">Grunde Eines</hi> mit: &#x201E;<hi rendition="#i">Gott lieben</hi>.&#x201C;</p><lb/>
            <p><hi rendition="#i">Sie macht b. die Liebe Gottes gegen uns zur<lb/>
Norm, zum Bey&#x017F;piele der Men&#x017F;chen- und Näch&#x017F;tenliebe</hi>.</p><lb/>
            <p>Sie &#x017F;tellt die <hi rendition="#i">Liebe Gottes</hi> gegen uns, wie &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich in der <hi rendition="#i">Natur</hi> offenbaret, zur Norm der Men&#x017F;chen-<lb/>
liebe auf. <hi rendition="#i">Liebet eure Feinde &#x2014; damit ihr Kinder &#x017F;eyd</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#i">eures</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0079] ehret, der ehret auch den Vater, der Ihn geſandt hat, nicht (Joh. V. 22. 23.). Und was Jeſus ſprach, darauf hin — wollen wir, lieben Freunde! leben und ſter- ben, und es ſoll uns nie gereuen. Die chriſtliche Sittenlehre iſt eben ſo unver- gleichbar 7) in der Lehre von der Menſchen- und Näch- ſtenliebe. Sie ſtellt a. das Geſetz der Menſchen- und Nächſtenliebe dem erſten und gröſten Gebote, der Liebe gegen Gott, gleich (Matth. XXII. 39.): das zweyte iſt dieſem gleich. Es giebt, in dem Sinne Jeſu, kein eigentliches zweytes Gebot. Denn Gott über alles lieben, und den Nächſten wie ſich — iſt alles Gebot, und den Nächſten lieben — dem erſten gleich. Dadurch ſollten wir aufmerkſam gemacht werden, daſs Wohlthun, wie Jünger Jeſu wohlthun, ein wahrer Gottesdienſt, und Wittwen und Waiſen beſuchen ein ſchöner Actus der heiligen Religion ſey (Jak. I. 27.). Wahrhaftig, höher wird die reine Menſchlich- keit in keiner Religion geehrt, als in der Chriſtlichen, Denn „Menſchen lieben“ — iſt am Werthe gleichgeltend, und im Grunde Eines mit: „Gott lieben.“ Sie macht b. die Liebe Gottes gegen uns zur Norm, zum Beyſpiele der Menſchen- und Nächſtenliebe. Sie ſtellt die Liebe Gottes gegen uns, wie ſie ſich in der Natur offenbaret, zur Norm der Menſchen- liebe auf. Liebet eure Feinde — damit ihr Kinder ſeyd eures E

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791/79
Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791/79>, abgerufen am 25.11.2024.