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Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791.

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bey Ihm, damit wir bey seiner Ossenbarung Freudig-
keit haben, und nicht zu Schanden werden vor seiner
Zukunft (I. Joh. II. 28.). Diese Liebe hat das nämliche
Principium: Daran erkennen wir, dass Jesus in uns bleibt,
an dem Geist, den Er uns gegeben hat (I. Joh. III. 24.).
Diese Liebe hat die nämlichen Bedingnisse und Uebungs-
mittel
-- Selbstverläugnung und Gebet: Wer nicht sein
Kreuz auf sich nimmt, und Mir nachfolgt, der ist Mei-
ner nicht werth
(Matth. X. 38.): Was ihr bitten wer-
det in meinem Namen, das werde Ich thun, damit der
Vater geehrt werde in dem Sohne
(Joh. XIV. 13.).
Diese Liebe hat das nämliche Ziel, die innigste Verei-
nigung mit Jesus (Joh. XIV. 21. Matth. XII. 50.), und
die nämliche Verheissung, das ewige Leben. (Joh.
XVII. 22.)

Hieraus lässt sich abnehmen, wie eigenmächtig
jene mit der christlichen Sittenlehre verfahren, die die
Menschen nur an den todten Unterricht Jesu anklam-
mern, und von seiner lebendigen Person ganz weg-
ziehen wollen. Sie thun wenigstens das gerade Ge-
gentheil von dem, was die heiligen Apostel gethan
haben. Und das sollten sie doch nicht. Am allerwe-
nigsten sollten sie das Gegentheil von dem, was die
Apostel gethan haben, für apostolisches Christenthum
ausgeben.

Am sichersten wird es wohl seyn, wenn wir
es in Absicht auf Jesus, mit Jesus selbst halten, und
dieser sprach's: Der Vater richtet niemand, sondern
alles Gericht hat Er dem Sohne übergeben, damit alle
den Sohn ehren, wie den Vater. Wer den Sohn nicht

ehret,

bey Ihm, damit wir bey ſeiner Oſſenbarung Freudig-
keit haben, und nicht zu Schanden werden vor ſeiner
Zukunft (I. Joh. II. 28.). Dieſe Liebe hat das nämliche
Principium: Daran erkennen wir, daſs Jeſus in uns bleibt,
an dem Geiſt, den Er uns gegeben hat (I. Joh. III. 24.).
Dieſe Liebe hat die nämlichen Bedingniſſe und Uebungs-
mittel
— Selbſtverläugnung und Gebet: Wer nicht ſein
Kreuz auf ſich nimmt, und Mir nachfolgt, der iſt Mei-
ner nicht werth
(Matth. X. 38.): Was ihr bitten wer-
det in meinem Namen, das werde Ich thun, damit der
Vater geehrt werde in dem Sohne
(Joh. XIV. 13.).
Dieſe Liebe hat das nämliche Ziel, die innigſte Verei-
nigung mit Jeſus (Joh. XIV. 21. Matth. XII. 50.), und
die nämliche Verheiſſung, das ewige Leben. (Joh.
XVII. 22.)

Hieraus läſst ſich abnehmen, wie eigenmächtig
jene mit der chriſtlichen Sittenlehre verfahren, die die
Menſchen nur an den todten Unterricht Jeſu anklam-
mern, und von ſeiner lebendigen Perſon ganz weg-
ziehen wollen. Sie thun wenigſtens das gerade Ge-
gentheil von dem, was die heiligen Apoſtel gethan
haben. Und das ſollten ſie doch nicht. Am allerwe-
nigſten ſollten ſie das Gegentheil von dem, was die
Apoſtel gethan haben, für apoſtoliſches Chriſtenthum
ausgeben.

Am ſicherſten wird es wohl ſeyn, wenn wir
es in Abſicht auf Jeſus, mit Jeſus ſelbſt halten, und
dieſer ſprach’s: Der Vater richtet niemand, ſondern
alles Gericht hat Er dem Sohne übergeben, damit alle
den Sohn ehren, wie den Vater. Wer den Sohn nicht

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[64/0078] bey Ihm, damit wir bey ſeiner Oſſenbarung Freudig- keit haben, und nicht zu Schanden werden vor ſeiner Zukunft (I. Joh. II. 28.). Dieſe Liebe hat das nämliche Principium: Daran erkennen wir, daſs Jeſus in uns bleibt, an dem Geiſt, den Er uns gegeben hat (I. Joh. III. 24.). Dieſe Liebe hat die nämlichen Bedingniſſe und Uebungs- mittel — Selbſtverläugnung und Gebet: Wer nicht ſein Kreuz auf ſich nimmt, und Mir nachfolgt, der iſt Mei- ner nicht werth (Matth. X. 38.): Was ihr bitten wer- det in meinem Namen, das werde Ich thun, damit der Vater geehrt werde in dem Sohne (Joh. XIV. 13.). Dieſe Liebe hat das nämliche Ziel, die innigſte Verei- nigung mit Jeſus (Joh. XIV. 21. Matth. XII. 50.), und die nämliche Verheiſſung, das ewige Leben. (Joh. XVII. 22.) Hieraus läſst ſich abnehmen, wie eigenmächtig jene mit der chriſtlichen Sittenlehre verfahren, die die Menſchen nur an den todten Unterricht Jeſu anklam- mern, und von ſeiner lebendigen Perſon ganz weg- ziehen wollen. Sie thun wenigſtens das gerade Ge- gentheil von dem, was die heiligen Apoſtel gethan haben. Und das ſollten ſie doch nicht. Am allerwe- nigſten ſollten ſie das Gegentheil von dem, was die Apoſtel gethan haben, für apoſtoliſches Chriſtenthum ausgeben. Am ſicherſten wird es wohl ſeyn, wenn wir es in Abſicht auf Jeſus, mit Jeſus ſelbſt halten, und dieſer ſprach’s: Der Vater richtet niemand, ſondern alles Gericht hat Er dem Sohne übergeben, damit alle den Sohn ehren, wie den Vater. Wer den Sohn nicht ehret,

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Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791/78>, abgerufen am 28.03.2024.