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Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791.

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Ordens-Priester, Prediger und Kinderlehrer, Domher-
ren und Frühmesser etc. hineinschauen sollen. Gegen
diese Verbindlichkeit gilt keine Verjährung von un-
denklichen Zeiten, keine Dispensation von geistlichen
oder weltlichen Stellen, und keine contraria praxis
älterer oder neuer Zeiten. Gegen dieses Jus Canoni-
cum hat das gefürchtete Brachium Seculare in den er-
sten Zeiten nichts vermocht. Die zeitlichen Güter,
und selbst das zeitliche Leben konnte den Hirten der
Kirche geraubet werden: aber der Spiegel blieb, und
es wird ihn keine Pforte der Hölle zertrümmern kön-
nen. Die christlichen Gemeinen sollen in Einerley Sinn
und Einerley Rede fest aneinander halten, und den
Stolz, der nichts als Unruhe, Spalt und Ketzerey
zeugt, in ihrer Mitte nicht aufkommen lassen (I. Cor.
I. 10-13.); sollen Zank, Zwietracht und Rechthaberey
als Werke des fleischlichen Sinnes verabscheuen, und
die Diener des Herrn, nie für den Herrn selbst, der
sich allein für uns kreuzigen liess, noch die Haus-
hälter für den Hausvater halten (I. Cor. III. 3-6.);
sollen die Thorkeit der Welt, die die Köpfe mit dem Dün-
kel der Weisheit anfüllt, und das Wissen ohne Liebe,
das nur aufbläset, und das Reich Gottes, dieses Reich
der Kraft in ein blosses Wörterreich auflöset, nicht
Wurzel fassen lassen (I. Cor. III. 18-21. IV. 20. VIII. 2.);
sollen mit Demuth und Sanftmuth, mit Geduld und
Liebe einander tragen, und Einen Leib Christi gestal-
ten, als die alle Ein Evangelium, Einen Geist, Einen
Herrn, Einen Glauben, Eine Taufe, Einen Altar, Ei-
nen Vater haben (Ephes. IV. 2-6. Hebr. XIII. 10.).

Wür-
G

Ordens-Prieſter, Prediger und Kinderlehrer, Domher-
ren und Frühmeſſer etc. hineinſchauen ſollen. Gegen
dieſe Verbindlichkeit gilt keine Verjährung von un-
denklichen Zeiten, keine Diſpenſation von geiſtlichen
oder weltlichen Stellen, und keine contraria praxis
älterer oder neuer Zeiten. Gegen dieſes Jus Canoni-
cum hat das gefürchtete Brachium Seculare in den er-
ſten Zeiten nichts vermocht. Die zeitlichen Güter,
und ſelbſt das zeitliche Leben konnte den Hirten der
Kirche geraubet werden: aber der Spiegel blieb, und
es wird ihn keine Pforte der Hölle zertrümmern kön-
nen. Die chriſtlichen Gemeinen ſollen in Einerley Sinn
und Einerley Rede feſt aneinander halten, und den
Stolz, der nichts als Unruhe, Spalt und Ketzerey
zeugt, in ihrer Mitte nicht aufkommen laſſen (I. Cor.
I. 10-13.); ſollen Zank, Zwietracht und Rechthaberey
als Werke des fleiſchlichen Sinnes verabſcheuen, und
die Diener des Herrn, nie für den Herrn ſelbſt, der
ſich allein für uns kreuzigen lieſs, noch die Haus-
hälter für den Hausvater halten (I. Cor. III. 3-6.);
ſollen die Thorkeit der Welt, die die Köpfe mit dem Dün-
kel der Weisheit anfüllt, und das Wiſſen ohne Liebe,
das nur aufbläſet, und das Reich Gottes, dieſes Reich
der Kraft in ein bloſſes Wörterreich auflöſet, nicht
Wurzel faſſen laſſen (I. Cor. III. 18-21. IV. 20. VIII. 2.);
ſollen mit Demuth und Sanftmuth, mit Geduld und
Liebe einander tragen, und Einen Leib Chriſti geſtal-
ten, als die alle Ein Evangelium, Einen Geiſt, Einen
Herrn, Einen Glauben, Eine Taufe, Einen Altar, Ei-
nen Vater haben (Epheſ. IV. 2-6. Hebr. XIII. 10.).

Wür-
G
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[97/0111] Ordens-Prieſter, Prediger und Kinderlehrer, Domher- ren und Frühmeſſer etc. hineinſchauen ſollen. Gegen dieſe Verbindlichkeit gilt keine Verjährung von un- denklichen Zeiten, keine Diſpenſation von geiſtlichen oder weltlichen Stellen, und keine contraria praxis älterer oder neuer Zeiten. Gegen dieſes Jus Canoni- cum hat das gefürchtete Brachium Seculare in den er- ſten Zeiten nichts vermocht. Die zeitlichen Güter, und ſelbſt das zeitliche Leben konnte den Hirten der Kirche geraubet werden: aber der Spiegel blieb, und es wird ihn keine Pforte der Hölle zertrümmern kön- nen. Die chriſtlichen Gemeinen ſollen in Einerley Sinn und Einerley Rede feſt aneinander halten, und den Stolz, der nichts als Unruhe, Spalt und Ketzerey zeugt, in ihrer Mitte nicht aufkommen laſſen (I. Cor. I. 10-13.); ſollen Zank, Zwietracht und Rechthaberey als Werke des fleiſchlichen Sinnes verabſcheuen, und die Diener des Herrn, nie für den Herrn ſelbſt, der ſich allein für uns kreuzigen lieſs, noch die Haus- hälter für den Hausvater halten (I. Cor. III. 3-6.); ſollen die Thorkeit der Welt, die die Köpfe mit dem Dün- kel der Weisheit anfüllt, und das Wiſſen ohne Liebe, das nur aufbläſet, und das Reich Gottes, dieſes Reich der Kraft in ein bloſſes Wörterreich auflöſet, nicht Wurzel faſſen laſſen (I. Cor. III. 18-21. IV. 20. VIII. 2.); ſollen mit Demuth und Sanftmuth, mit Geduld und Liebe einander tragen, und Einen Leib Chriſti geſtal- ten, als die alle Ein Evangelium, Einen Geiſt, Einen Herrn, Einen Glauben, Eine Taufe, Einen Altar, Ei- nen Vater haben (Epheſ. IV. 2-6. Hebr. XIII. 10.). Wür- G

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Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Kurzgefaßte Erinnerungen an junge Prediger. München, 1791, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_prediger_1791/111>, abgerufen am 24.11.2024.