Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Geschichte der Phytodynamik. Wärmeänderungen als erste Ursache verschiedener Bewegungenanzunehmen, da man eben von Bewegungsursachen, außer dem Stoß, andere kaum kannte. So erklärte denn Ray auch die jetzt als heliotropische bezeichneten Bewegungen wachsender Stengel durch eine Temperaturdifferenz auf den entgegengesetzten Seiten derselben. Eine gewisser Dr. Sharroc hatte die Stengel seiner Versuchspflanzen nach derjenigen Stelle eines Fensters hinwachsen sehen, wo die Luft durch eine Oeffnung freien Zutritt fand; hieraus und aus der starken Verlängerung von Pflanzen in ge- schlossenen Räumen, die er der höheren Temperatur zuschrieb, zog er den Schluß, daß die kältere Luft die von ihr getroffene Seite eines Stengels am raschen Wachsthum hindert, und daß somit eine Concavität auf dieser Seite eintreten müsse. Aehnlich wie De Candolle 140 Jahre später benutzte also schon Ray das Etiolement der Pflanzen in geschlossenen Räumen zur Er- klärung ihrer heliotropischen Krümmungen, nur mit dem Unter- schied, daß er die rasche Verlängerung vergeilter Pflanzen, nicht wie De Candolle dem Lichtmangel, sondern der höheren Temperatur zuschrieb. Dagegen erkannte Ray klar genug, daß das Ergrünen der Blätter nicht durch den Luftzutritt, sondern durch das Licht bewirkt wird, da, wie er sagt, die Pflanzen unter Glasglocken ergrünen, was unter einem opaken Gefäß nicht geschieht; wenn sie aber unter Glas weniger ergrünen, als in freier Luft, so rühre dieß daher, daß das Glas gewisse Licht- strahlen absorbirt und andere reflektirt. Indessen hielt Ray ebenso, wie fast alle späteren Beobachter bis auf die neueste Zeit, die Verlängerung und Mißfärbung etiolirter Pflanzen nicht hin- reichend auseinander; seine Darstellung dieser Erscheinung leidet daher an manchen Unklarheiten. Es ist schon von Anderen darauf hingewiesen worden, daß Geſchichte der Phytodynamik. Wärmeänderungen als erſte Urſache verſchiedener Bewegungenanzunehmen, da man eben von Bewegungsurſachen, außer dem Stoß, andere kaum kannte. So erklärte denn Ray auch die jetzt als heliotropiſche bezeichneten Bewegungen wachſender Stengel durch eine Temperaturdifferenz auf den entgegengeſetzten Seiten derſelben. Eine gewiſſer Dr. Sharroc hatte die Stengel ſeiner Verſuchspflanzen nach derjenigen Stelle eines Fenſters hinwachſen ſehen, wo die Luft durch eine Oeffnung freien Zutritt fand; hieraus und aus der ſtarken Verlängerung von Pflanzen in ge- ſchloſſenen Räumen, die er der höheren Temperatur zuſchrieb, zog er den Schluß, daß die kältere Luft die von ihr getroffene Seite eines Stengels am raſchen Wachsthum hindert, und daß ſomit eine Concavität auf dieſer Seite eintreten müſſe. Aehnlich wie De Candolle 140 Jahre ſpäter benutzte alſo ſchon Ray das Etiolement der Pflanzen in geſchloſſenen Räumen zur Er- klärung ihrer heliotropiſchen Krümmungen, nur mit dem Unter- ſchied, daß er die raſche Verlängerung vergeilter Pflanzen, nicht wie De Candolle dem Lichtmangel, ſondern der höheren Temperatur zuſchrieb. Dagegen erkannte Ray klar genug, daß das Ergrünen der Blätter nicht durch den Luftzutritt, ſondern durch das Licht bewirkt wird, da, wie er ſagt, die Pflanzen unter Glasglocken ergrünen, was unter einem opaken Gefäß nicht geſchieht; wenn ſie aber unter Glas weniger ergrünen, als in freier Luft, ſo rühre dieß daher, daß das Glas gewiſſe Licht- ſtrahlen abſorbirt und andere reflektirt. Indeſſen hielt Ray ebenſo, wie faſt alle ſpäteren Beobachter bis auf die neueſte Zeit, die Verlängerung und Mißfärbung etiolirter Pflanzen nicht hin- reichend auseinander; ſeine Darſtellung dieſer Erſcheinung leidet daher an manchen Unklarheiten. Es iſt ſchon von Anderen darauf hingewieſen worden, daß <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0593" n="581"/><fw place="top" type="header">Geſchichte der Phytodynamik.</fw><lb/> Wärmeänderungen als erſte Urſache verſchiedener Bewegungen<lb/> anzunehmen, da man eben von Bewegungsurſachen, außer dem<lb/> Stoß, andere kaum kannte. So erklärte denn <hi rendition="#g">Ray</hi> auch die jetzt<lb/> als heliotropiſche bezeichneten Bewegungen wachſender Stengel<lb/> durch eine Temperaturdifferenz auf den entgegengeſetzten Seiten<lb/> derſelben. Eine gewiſſer <hi rendition="#aq">Dr.</hi> <hi rendition="#g">Sharroc</hi> hatte die Stengel ſeiner<lb/> Verſuchspflanzen nach derjenigen Stelle eines Fenſters hinwachſen<lb/> ſehen, wo die Luft durch eine Oeffnung freien Zutritt fand;<lb/> hieraus und aus der ſtarken Verlängerung von Pflanzen in ge-<lb/> ſchloſſenen Räumen, die er der höheren Temperatur zuſchrieb,<lb/> zog er den Schluß, daß die kältere Luft die von ihr getroffene<lb/> Seite eines Stengels am raſchen Wachsthum hindert, und daß<lb/> ſomit eine Concavität auf dieſer Seite eintreten müſſe. Aehnlich<lb/> wie <hi rendition="#g">De Candolle</hi> 140 Jahre ſpäter benutzte alſo ſchon <hi rendition="#g">Ray</hi><lb/> das Etiolement der Pflanzen in geſchloſſenen Räumen zur Er-<lb/> klärung ihrer heliotropiſchen Krümmungen, nur mit dem Unter-<lb/> ſchied, daß er die raſche Verlängerung vergeilter Pflanzen, nicht<lb/> wie <hi rendition="#g">De Candolle</hi> dem Lichtmangel, ſondern der höheren<lb/> Temperatur zuſchrieb. Dagegen erkannte <hi rendition="#g">Ray</hi> klar genug, daß<lb/> das Ergrünen der Blätter nicht durch den Luftzutritt, ſondern<lb/> durch das Licht bewirkt wird, da, wie er ſagt, die Pflanzen<lb/> unter Glasglocken ergrünen, was unter einem opaken Gefäß nicht<lb/> geſchieht; wenn ſie aber unter Glas weniger ergrünen, als in<lb/> freier Luft, ſo rühre dieß daher, daß das Glas gewiſſe Licht-<lb/> ſtrahlen abſorbirt und andere reflektirt. Indeſſen hielt <hi rendition="#g">Ray</hi><lb/> ebenſo, wie faſt alle ſpäteren Beobachter bis auf die neueſte Zeit,<lb/> die Verlängerung und Mißfärbung etiolirter Pflanzen nicht hin-<lb/> reichend auseinander; ſeine Darſtellung dieſer Erſcheinung leidet<lb/> daher an manchen Unklarheiten.</p><lb/> <p>Es iſt ſchon von Anderen darauf hingewieſen worden, daß<lb/> eine der merkwürdigſten hieher gehörigen Erſcheinungen gerade<lb/> deßhalb gewöhnlich gar nicht beachtet wird, weil ſie durch ihre<lb/> Alltäglichkeit als etwas Selbſtverſtändliches nicht weiter auffällt:<lb/> die Thatſache, daß die Hauptſtämme ſenkrecht aufwärts, die<lb/> Hauptwurzeln abwärts wachſen. Der franzöſiſche Akademiker<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [581/0593]
Geſchichte der Phytodynamik.
Wärmeänderungen als erſte Urſache verſchiedener Bewegungen
anzunehmen, da man eben von Bewegungsurſachen, außer dem
Stoß, andere kaum kannte. So erklärte denn Ray auch die jetzt
als heliotropiſche bezeichneten Bewegungen wachſender Stengel
durch eine Temperaturdifferenz auf den entgegengeſetzten Seiten
derſelben. Eine gewiſſer Dr. Sharroc hatte die Stengel ſeiner
Verſuchspflanzen nach derjenigen Stelle eines Fenſters hinwachſen
ſehen, wo die Luft durch eine Oeffnung freien Zutritt fand;
hieraus und aus der ſtarken Verlängerung von Pflanzen in ge-
ſchloſſenen Räumen, die er der höheren Temperatur zuſchrieb,
zog er den Schluß, daß die kältere Luft die von ihr getroffene
Seite eines Stengels am raſchen Wachsthum hindert, und daß
ſomit eine Concavität auf dieſer Seite eintreten müſſe. Aehnlich
wie De Candolle 140 Jahre ſpäter benutzte alſo ſchon Ray
das Etiolement der Pflanzen in geſchloſſenen Räumen zur Er-
klärung ihrer heliotropiſchen Krümmungen, nur mit dem Unter-
ſchied, daß er die raſche Verlängerung vergeilter Pflanzen, nicht
wie De Candolle dem Lichtmangel, ſondern der höheren
Temperatur zuſchrieb. Dagegen erkannte Ray klar genug, daß
das Ergrünen der Blätter nicht durch den Luftzutritt, ſondern
durch das Licht bewirkt wird, da, wie er ſagt, die Pflanzen
unter Glasglocken ergrünen, was unter einem opaken Gefäß nicht
geſchieht; wenn ſie aber unter Glas weniger ergrünen, als in
freier Luft, ſo rühre dieß daher, daß das Glas gewiſſe Licht-
ſtrahlen abſorbirt und andere reflektirt. Indeſſen hielt Ray
ebenſo, wie faſt alle ſpäteren Beobachter bis auf die neueſte Zeit,
die Verlängerung und Mißfärbung etiolirter Pflanzen nicht hin-
reichend auseinander; ſeine Darſtellung dieſer Erſcheinung leidet
daher an manchen Unklarheiten.
Es iſt ſchon von Anderen darauf hingewieſen worden, daß
eine der merkwürdigſten hieher gehörigen Erſcheinungen gerade
deßhalb gewöhnlich gar nicht beachtet wird, weil ſie durch ihre
Alltäglichkeit als etwas Selbſtverſtändliches nicht weiter auffällt:
die Thatſache, daß die Hauptſtämme ſenkrecht aufwärts, die
Hauptwurzeln abwärts wachſen. Der franzöſiſche Akademiker
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |