weil hier zum ersten Mal eine Zelltheilung Schritt für Schritt und mit Hervorhebung aller wichtigen Puncte beschrieben wurde. Auch hatte schon 1832 Dumortier Zelltheilungen beobachtet 1) 1836 Morren die Theilung der Closterien gesehen, ohne jedoch das nöthige Detail beizufügen. Uebrigens dehnte Mohl seine bei Cladophora gemachten Erfahrungen auch auf einige andere Fadenalgen aus, und wies er auf die Aehnlichkeit dieser Vorgänge mit der Theilung der Diatomeen hin, die er deßhalb gegen Ehrenberg, der sie für Thiere hielt, als Pflanzen in Anspruch nahm (Flora 1836 p. 492).
Auf Mohl's Beobachtungen an Cladophora gestützt, erklärte sodann Meyen im zweiten Band seines neuen Systems 1838 die Zelltheilung für einen sehr gewöhnlichen Vorgang bei Algen, Fadenpilzen und Charen, ohne jedoch die Vorgänge, durch welche die Theilung eingeleitet und beendigt wird, näher zu unter- suchen. Beachtenswerth ist übrigens Meyen's Vergleichung dieser Fälle der Zellbildung mit der Entstehung der Sporen, Pollenkörner und Endospermzellen, insofern dabei doch wenigstens ein Versuch gemacht ist, die jetzt sogenannte freie Zellbildung von der Zelltheilung zu unterscheiden; denn der Mangel dieser Unter- scheidung war es offenbar, der eine richtigere Einsicht auf diesem ganzen Beobachtungsgebiet lange Zeit störte. Hätte man, wie es nach den vorliegenden Beobachtungen nahe lag, diese beiden Zellbildungsformen richtig auseinandergehalten, so wäre Schlei- den's Theorie von vornherein unmöglich gewesen, die Entwick- lung der Zellentheorie wäre nicht auf den Abweg gerathen, den Schleiden seit 1838 einschlug, nämlich die freie Zellbildung, wie er sie im Embryosack der Phanerogamen beobachtet zu haben glaubte, auch auf die Vermehrung der Zellen in vegetativen wach- senden Organen zu übertragen, sie überhaupt für die einzige Form der Zellbildung auszugeben. Dieß wäre um so weniger möglich gewesen, als Mohl in demselben Jahr schon die Ent- wicklung der Spaltöffnungen durch Theilung einer jungen Epi-
1) Vergl. Meyens, Neues System II 344.
Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der
weil hier zum erſten Mal eine Zelltheilung Schritt für Schritt und mit Hervorhebung aller wichtigen Puncte beſchrieben wurde. Auch hatte ſchon 1832 Dumortier Zelltheilungen beobachtet 1) 1836 Morren die Theilung der Closterien geſehen, ohne jedoch das nöthige Detail beizufügen. Uebrigens dehnte Mohl ſeine bei Cladophora gemachten Erfahrungen auch auf einige andere Fadenalgen aus, und wies er auf die Aehnlichkeit dieſer Vorgänge mit der Theilung der Diatomeen hin, die er deßhalb gegen Ehrenberg, der ſie für Thiere hielt, als Pflanzen in Anſpruch nahm (Flora 1836 p. 492).
Auf Mohl's Beobachtungen an Cladophora geſtützt, erklärte ſodann Meyen im zweiten Band ſeines neuen Syſtems 1838 die Zelltheilung für einen ſehr gewöhnlichen Vorgang bei Algen, Fadenpilzen und Charen, ohne jedoch die Vorgänge, durch welche die Theilung eingeleitet und beendigt wird, näher zu unter- ſuchen. Beachtenswerth iſt übrigens Meyen's Vergleichung dieſer Fälle der Zellbildung mit der Entſtehung der Sporen, Pollenkörner und Endoſpermzellen, inſofern dabei doch wenigſtens ein Verſuch gemacht iſt, die jetzt ſogenannte freie Zellbildung von der Zelltheilung zu unterſcheiden; denn der Mangel dieſer Unter- ſcheidung war es offenbar, der eine richtigere Einſicht auf dieſem ganzen Beobachtungsgebiet lange Zeit ſtörte. Hätte man, wie es nach den vorliegenden Beobachtungen nahe lag, dieſe beiden Zellbildungsformen richtig auseinandergehalten, ſo wäre Schlei- den's Theorie von vornherein unmöglich geweſen, die Entwick- lung der Zellentheorie wäre nicht auf den Abweg gerathen, den Schleiden ſeit 1838 einſchlug, nämlich die freie Zellbildung, wie er ſie im Embryoſack der Phanerogamen beobachtet zu haben glaubte, auch auf die Vermehrung der Zellen in vegetativen wach- ſenden Organen zu übertragen, ſie überhaupt für die einzige Form der Zellbildung auszugeben. Dieß wäre um ſo weniger möglich geweſen, als Mohl in demſelben Jahr ſchon die Ent- wicklung der Spaltöffnungen durch Theilung einer jungen Epi-
1) Vergl. Meyens, Neues Syſtem II 344.
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[348/0360]
Entwicklungsgeſchichte der Zelle, Entſtehung der
weil hier zum erſten Mal eine Zelltheilung Schritt für Schritt
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Auch hatte ſchon 1832 Dumortier Zelltheilungen beobachtet 1)
1836 Morren die Theilung der Closterien geſehen, ohne
jedoch das nöthige Detail beizufügen. Uebrigens dehnte Mohl
ſeine bei Cladophora gemachten Erfahrungen auch auf einige
andere Fadenalgen aus, und wies er auf die Aehnlichkeit dieſer
Vorgänge mit der Theilung der Diatomeen hin, die er deßhalb
gegen Ehrenberg, der ſie für Thiere hielt, als Pflanzen in
Anſpruch nahm (Flora 1836 p. 492).
Auf Mohl's Beobachtungen an Cladophora geſtützt,
erklärte ſodann Meyen im zweiten Band ſeines neuen Syſtems
1838 die Zelltheilung für einen ſehr gewöhnlichen Vorgang bei
Algen, Fadenpilzen und Charen, ohne jedoch die Vorgänge, durch
welche die Theilung eingeleitet und beendigt wird, näher zu unter-
ſuchen. Beachtenswerth iſt übrigens Meyen's Vergleichung
dieſer Fälle der Zellbildung mit der Entſtehung der Sporen,
Pollenkörner und Endoſpermzellen, inſofern dabei doch wenigſtens
ein Verſuch gemacht iſt, die jetzt ſogenannte freie Zellbildung von
der Zelltheilung zu unterſcheiden; denn der Mangel dieſer Unter-
ſcheidung war es offenbar, der eine richtigere Einſicht auf dieſem
ganzen Beobachtungsgebiet lange Zeit ſtörte. Hätte man, wie
es nach den vorliegenden Beobachtungen nahe lag, dieſe beiden
Zellbildungsformen richtig auseinandergehalten, ſo wäre Schlei-
den's Theorie von vornherein unmöglich geweſen, die Entwick-
lung der Zellentheorie wäre nicht auf den Abweg gerathen, den
Schleiden ſeit 1838 einſchlug, nämlich die freie Zellbildung,
wie er ſie im Embryoſack der Phanerogamen beobachtet zu haben
glaubte, auch auf die Vermehrung der Zellen in vegetativen wach-
ſenden Organen zu übertragen, ſie überhaupt für die einzige
Form der Zellbildung auszugeben. Dieß wäre um ſo weniger
möglich geweſen, als Mohl in demſelben Jahr ſchon die Ent-
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1) Vergl. Meyens, Neues Syſtem II 344.
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/360>, abgerufen am 23.11.2024.
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