Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.Zellhautgerüstes der Pflanzen als den zwischen Meyen und seinem viel bedeutenderen Zeit-genossen Hugo Mohl: Meyen war mehr Schriftsteller als Forscher; Mohl schrieb verhältnißmäßig wenig in langer Zeit, die er der sorgfältigsten Untersuchung widmete; Meyen beachtete gewissermaßen nur den Habitus, den Gesammteindruck der mi- kroskopischen Bilder, Mohl kümmerte sich um diesen wenig und ging überall auf die Grundlagen, auf den wahren inneren Zu- sammenhang der Strukturverhältnisse zurück; Meyen war mit seinem Urtheil bald fertig, Mohl verschob dasselbe nicht selten auch nach langer Untersuchung; Meyen war wenig zur Kritik, wenn auch immerhin zur Opposition geneigt; bei Mohl über- wog das kritische Moment bei Weitem das constructive Denken. Meyen hat weniger zur definitiven Beantwortung der wesent- lichen Fragen beigetragen, als vielmehr die mannigfaltigsten Er- scheinungen an's Licht gezogen, so zu sagen Rohmaterial ange- häuft; Mohl dagegen ging gleich vornherein darauf aus, das Grundwesentliche im Zellenbau der Pflanzen aufzusuchen, die verschiedenen anatomischen Thatsachen zur Aufstellung eines einheitlichen Schema's zu verwerthen. Auf Hugo Mohl's 1) hervorragende Bedeutung für die 1) Hugo Mohl (später H. von M.) geb. zu Stuttgart 1805, gest.
als Professor der Botanik zu Tübingen 1872. Er war der Sohn eines württembergischen hohen Staatsbeamten; der Staatsmann Robert Mohl, der Orientalist Julius, der Nationalökonom Moritz Mohl sind seine Brüder. -- Der Unterricht auf dem Gymnasium zu Stuttgart, welches er 12 Jahre lang besuchte, beschränkte sich auf die alten Sprachen; Mohl's früh er- wachte Vorliebe für Naturgeschichte, Physik und Mechanik fand ihre Be- friedigung daher in eifrigen Privatstudien. Seit 1823 studierte er in Tübingen Medicin, wo er 1828 promovirte. Ein nun folgender mehrjähriger Aufenthalt in München brachte ihn in Verkehr mit Schrank, Martius, Zuccarini, Steinheil und bot ihm reiches Untersuchungsmaterial für seine Arbeiten über Palmen, Farne und Cycadeen. Schon 1832 folgte er einem Ruf als Professor der Physiologie nach Bern; nach Schübler's Tode wurde er 1835 Professor der Botanik in Tübingen, wo er, verschiedene Berufungen ablehnend, bis zu seinem Tode blieb. Zur Einsamkeit geneigt und nur seiner Wissenschaft lebend, blieb er unverheirathet.Seine äußere Zellhautgerüſtes der Pflanzen als den zwiſchen Meyen und ſeinem viel bedeutenderen Zeit-genoſſen Hugo Mohl: Meyen war mehr Schriftſteller als Forſcher; Mohl ſchrieb verhältnißmäßig wenig in langer Zeit, die er der ſorgfältigſten Unterſuchung widmete; Meyen beachtete gewiſſermaßen nur den Habitus, den Geſammteindruck der mi- kroſkopiſchen Bilder, Mohl kümmerte ſich um dieſen wenig und ging überall auf die Grundlagen, auf den wahren inneren Zu- ſammenhang der Strukturverhältniſſe zurück; Meyen war mit ſeinem Urtheil bald fertig, Mohl verſchob dasſelbe nicht ſelten auch nach langer Unterſuchung; Meyen war wenig zur Kritik, wenn auch immerhin zur Oppoſition geneigt; bei Mohl über- wog das kritiſche Moment bei Weitem das conſtructive Denken. Meyen hat weniger zur definitiven Beantwortung der weſent- lichen Fragen beigetragen, als vielmehr die mannigfaltigſten Er- ſcheinungen an's Licht gezogen, ſo zu ſagen Rohmaterial ange- häuft; Mohl dagegen ging gleich vornherein darauf aus, das Grundweſentliche im Zellenbau der Pflanzen aufzuſuchen, die verſchiedenen anatomiſchen Thatſachen zur Aufſtellung eines einheitlichen Schema's zu verwerthen. Auf Hugo Mohl's 1) hervorragende Bedeutung für die 1) Hugo Mohl (ſpäter H. von M.) geb. zu Stuttgart 1805, geſt.
als Profeſſor der Botanik zu Tübingen 1872. Er war der Sohn eines württembergiſchen hohen Staatsbeamten; der Staatsmann Robert Mohl, der Orientaliſt Julius, der Nationalökonom Moritz Mohl ſind ſeine Brüder. — Der Unterricht auf dem Gymnaſium zu Stuttgart, welches er 12 Jahre lang beſuchte, beſchränkte ſich auf die alten Sprachen; Mohl's früh er- wachte Vorliebe für Naturgeſchichte, Phyſik und Mechanik fand ihre Be- friedigung daher in eifrigen Privatſtudien. Seit 1823 ſtudierte er in Tübingen Medicin, wo er 1828 promovirte. Ein nun folgender mehrjähriger Aufenthalt in München brachte ihn in Verkehr mit Schrank, Martius, Zuccarini, Steinheil und bot ihm reiches Unterſuchungsmaterial für ſeine Arbeiten über Palmen, Farne und Cycadeen. Schon 1832 folgte er einem Ruf als Profeſſor der Phyſiologie nach Bern; nach Schübler's Tode wurde er 1835 Profeſſor der Botanik in Tübingen, wo er, verſchiedene Berufungen ablehnend, bis zu ſeinem Tode blieb. Zur Einſamkeit geneigt und nur ſeiner Wiſſenſchaft lebend, blieb er unverheirathet.Seine äußere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0327" n="315"/><fw place="top" type="header">Zellhautgerüſtes der Pflanzen</fw><lb/> als den zwiſchen <hi rendition="#g">Meyen</hi> und ſeinem viel bedeutenderen Zeit-<lb/> genoſſen <hi rendition="#g">Hugo Mohl</hi>: <hi rendition="#g">Meyen</hi> war mehr Schriftſteller als<lb/> Forſcher; <hi rendition="#g">Mohl</hi> ſchrieb verhältnißmäßig wenig in langer Zeit,<lb/> die er der ſorgfältigſten Unterſuchung widmete; <hi rendition="#g">Meyen</hi> beachtete<lb/> gewiſſermaßen nur den Habitus, den Geſammteindruck der mi-<lb/> kroſkopiſchen Bilder, <hi rendition="#g">Mohl</hi> kümmerte ſich um dieſen wenig und<lb/> ging überall auf die Grundlagen, auf den wahren inneren Zu-<lb/> ſammenhang der Strukturverhältniſſe zurück; <hi rendition="#g">Meyen</hi> war mit<lb/> ſeinem Urtheil bald fertig, <hi rendition="#g">Mohl</hi> verſchob dasſelbe nicht ſelten<lb/> auch nach langer Unterſuchung; <hi rendition="#g">Meyen</hi> war wenig zur Kritik,<lb/> wenn auch immerhin zur Oppoſition geneigt; bei <hi rendition="#g">Mohl</hi> über-<lb/> wog das kritiſche Moment bei Weitem das conſtructive Denken.<lb/><hi rendition="#g">Meyen</hi> hat weniger zur definitiven Beantwortung der weſent-<lb/> lichen Fragen beigetragen, als vielmehr die mannigfaltigſten Er-<lb/> ſcheinungen an's Licht gezogen, ſo zu ſagen Rohmaterial ange-<lb/> häuft; <hi rendition="#g">Mohl</hi> dagegen ging gleich vornherein darauf aus,<lb/> das Grundweſentliche im Zellenbau der Pflanzen aufzuſuchen,<lb/> die verſchiedenen anatomiſchen Thatſachen zur Aufſtellung eines<lb/> einheitlichen Schema's zu verwerthen.</p><lb/> <p>Auf <hi rendition="#g"><hi rendition="#b">Hugo Mohl</hi></hi>'s <note xml:id="seg2pn_6_1" next="#seg2pn_6_2" place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Hugo Mohl</hi> (ſpäter H. von M.) geb. zu Stuttgart 1805, geſt.<lb/> als Profeſſor der Botanik zu Tübingen 1872. Er war der Sohn eines<lb/> württembergiſchen hohen Staatsbeamten; der Staatsmann <hi rendition="#g">Robert Mohl</hi>,<lb/> der Orientaliſt Julius, der Nationalökonom <hi rendition="#g">Moritz Mohl</hi> ſind ſeine Brüder.<lb/> — Der Unterricht auf dem Gymnaſium zu Stuttgart, welches er 12 Jahre<lb/> lang beſuchte, beſchränkte ſich auf die alten Sprachen; <hi rendition="#g">Mohl</hi>'s früh er-<lb/> wachte Vorliebe für Naturgeſchichte, Phyſik und Mechanik fand ihre Be-<lb/> friedigung daher in eifrigen Privatſtudien. Seit 1823 ſtudierte er in<lb/> Tübingen Medicin, wo er 1828 promovirte. Ein nun folgender mehrjähriger<lb/> Aufenthalt in München brachte ihn in Verkehr mit <hi rendition="#g">Schrank</hi>, <hi rendition="#g">Martius</hi>,<lb/><hi rendition="#g">Zuccarini</hi>, <hi rendition="#g">Steinheil</hi> und bot ihm reiches Unterſuchungsmaterial für<lb/> ſeine Arbeiten über Palmen, Farne und Cycadeen. Schon 1832 folgte er<lb/> einem Ruf als Profeſſor der Phyſiologie nach Bern; nach Schübler's Tode<lb/> wurde er 1835 Profeſſor der Botanik in Tübingen, wo er, verſchiedene<lb/> Berufungen ablehnend, bis zu ſeinem Tode blieb. Zur Einſamkeit geneigt<lb/> und nur ſeiner Wiſſenſchaft lebend, blieb er unverheirathet.Seine äußere</note> hervorragende Bedeutung für die<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [315/0327]
Zellhautgerüſtes der Pflanzen
als den zwiſchen Meyen und ſeinem viel bedeutenderen Zeit-
genoſſen Hugo Mohl: Meyen war mehr Schriftſteller als
Forſcher; Mohl ſchrieb verhältnißmäßig wenig in langer Zeit,
die er der ſorgfältigſten Unterſuchung widmete; Meyen beachtete
gewiſſermaßen nur den Habitus, den Geſammteindruck der mi-
kroſkopiſchen Bilder, Mohl kümmerte ſich um dieſen wenig und
ging überall auf die Grundlagen, auf den wahren inneren Zu-
ſammenhang der Strukturverhältniſſe zurück; Meyen war mit
ſeinem Urtheil bald fertig, Mohl verſchob dasſelbe nicht ſelten
auch nach langer Unterſuchung; Meyen war wenig zur Kritik,
wenn auch immerhin zur Oppoſition geneigt; bei Mohl über-
wog das kritiſche Moment bei Weitem das conſtructive Denken.
Meyen hat weniger zur definitiven Beantwortung der weſent-
lichen Fragen beigetragen, als vielmehr die mannigfaltigſten Er-
ſcheinungen an's Licht gezogen, ſo zu ſagen Rohmaterial ange-
häuft; Mohl dagegen ging gleich vornherein darauf aus,
das Grundweſentliche im Zellenbau der Pflanzen aufzuſuchen,
die verſchiedenen anatomiſchen Thatſachen zur Aufſtellung eines
einheitlichen Schema's zu verwerthen.
Auf Hugo Mohl's 1) hervorragende Bedeutung für die
1) Hugo Mohl (ſpäter H. von M.) geb. zu Stuttgart 1805, geſt.
als Profeſſor der Botanik zu Tübingen 1872. Er war der Sohn eines
württembergiſchen hohen Staatsbeamten; der Staatsmann Robert Mohl,
der Orientaliſt Julius, der Nationalökonom Moritz Mohl ſind ſeine Brüder.
— Der Unterricht auf dem Gymnaſium zu Stuttgart, welches er 12 Jahre
lang beſuchte, beſchränkte ſich auf die alten Sprachen; Mohl's früh er-
wachte Vorliebe für Naturgeſchichte, Phyſik und Mechanik fand ihre Be-
friedigung daher in eifrigen Privatſtudien. Seit 1823 ſtudierte er in
Tübingen Medicin, wo er 1828 promovirte. Ein nun folgender mehrjähriger
Aufenthalt in München brachte ihn in Verkehr mit Schrank, Martius,
Zuccarini, Steinheil und bot ihm reiches Unterſuchungsmaterial für
ſeine Arbeiten über Palmen, Farne und Cycadeen. Schon 1832 folgte er
einem Ruf als Profeſſor der Phyſiologie nach Bern; nach Schübler's Tode
wurde er 1835 Profeſſor der Botanik in Tübingen, wo er, verſchiedene
Berufungen ablehnend, bis zu ſeinem Tode blieb. Zur Einſamkeit geneigt
und nur ſeiner Wiſſenſchaft lebend, blieb er unverheirathet.Seine äußere
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