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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Untersuchung des fertigen
den kann (Beiträge p. 49 ff). Dieses Verfahren aber mußte
ihn nothwendig zur Abweisung der Malpigh'schen Theorie
vom Dickenwachsthum holziger Stämme führen, einer Theorie,
die, wie wir gesehen haben von Grew bis auf Mirbel sämmt-
liche Pflanzenanatomen angenommen hatten; wenn auch Bern-
hardi und Treviranus schwache Versuche machten, sie wenig-
stens zum Theil zu entkräften, so war doch Moldenhawer
der erste, der die Entstehung der äußeren Holzschichten aus
inneren Bastlagen definitiv beseitigte und die erste wirklich
brauchbare Grundlage für die spätere richtige Theorie des nach-
träglichen Dickenwachsthums lieferte (p. 35). Die Beseitigung
dieses alten Irrthums ist schon an sich ein sehr bedeutendes Er-
gebniß, welches ihm, abgesehen von allen übrigen Verdiensten,
eine ehrenvolle Stelle in der Geschichte der Botanik sichern
mußte.

Diesen Lichtseiten sollte jedoch auch der Schatten nicht
fehlen; alle Sorgfalt der Beobachtung, alle kritische Behandlung
schützte auch ihn nicht vor einem Vorurtheil und den üblen Folgen
desselben. Nachdem Moldenhawer nämlich die Elementar-
organe durch Maceration isolirt hatte, entstand für ihn die Frage,
wie nun der feste Zusammenhang derselben in der lebenden
Pflanze zu denken sei. Da glaubte er nun ebenso wie später
auch Mohl, Schacht u. a. eines besonderen Bindemittels zu
bedürfen, verfiel aber nicht wie diese auf eine Matrix, welcher
die Zellen eingebettet sind, oder auf ein Klebemittel, welches sie
zusammenhält, sondern auf eine viel wunderliche Theorie, welche
stark an Grew's Fadengewebe erinnert und wie bei diesem zum
Theil auf fehlerhaften Wahrnehmungen beruht, welche zu rasch
als Grundlage einer Theorie benutzt wurden, die nun ihrerseits
die weiteren Beobachtungen trübte. Moldenhawer glaubte
nämlich, daß die Zellen und Gefäße durch ein äußerst feines
Netzwerk von Fäserchen umsponnen und zusammengehalten werden;
in manchen Fällen glaubte er diese Fasern wirklich zu sehen,
für solche sprach er auch die Verdickungsleisten der bekannten
Zellen von Sphagnum an; und was fast noch mehr Wunder

Unterſuchung des fertigen
den kann (Beiträge p. 49 ff). Dieſes Verfahren aber mußte
ihn nothwendig zur Abweiſung der Malpigh'ſchen Theorie
vom Dickenwachsthum holziger Stämme führen, einer Theorie,
die, wie wir geſehen haben von Grew bis auf Mirbel ſämmt-
liche Pflanzenanatomen angenommen hatten; wenn auch Bern-
hardi und Treviranus ſchwache Verſuche machten, ſie wenig-
ſtens zum Theil zu entkräften, ſo war doch Moldenhawer
der erſte, der die Entſtehung der äußeren Holzſchichten aus
inneren Baſtlagen definitiv beſeitigte und die erſte wirklich
brauchbare Grundlage für die ſpätere richtige Theorie des nach-
träglichen Dickenwachsthums lieferte (p. 35). Die Beſeitigung
dieſes alten Irrthums iſt ſchon an ſich ein ſehr bedeutendes Er-
gebniß, welches ihm, abgeſehen von allen übrigen Verdienſten,
eine ehrenvolle Stelle in der Geſchichte der Botanik ſichern
mußte.

Dieſen Lichtſeiten ſollte jedoch auch der Schatten nicht
fehlen; alle Sorgfalt der Beobachtung, alle kritiſche Behandlung
ſchützte auch ihn nicht vor einem Vorurtheil und den üblen Folgen
desſelben. Nachdem Moldenhawer nämlich die Elementar-
organe durch Maceration iſolirt hatte, entſtand für ihn die Frage,
wie nun der feſte Zuſammenhang derſelben in der lebenden
Pflanze zu denken ſei. Da glaubte er nun ebenſo wie ſpäter
auch Mohl, Schacht u. a. eines beſonderen Bindemittels zu
bedürfen, verfiel aber nicht wie dieſe auf eine Matrix, welcher
die Zellen eingebettet ſind, oder auf ein Klebemittel, welches ſie
zuſammenhält, ſondern auf eine viel wunderliche Theorie, welche
ſtark an Grew's Fadengewebe erinnert und wie bei dieſem zum
Theil auf fehlerhaften Wahrnehmungen beruht, welche zu raſch
als Grundlage einer Theorie benutzt wurden, die nun ihrerſeits
die weiteren Beobachtungen trübte. Moldenhawer glaubte
nämlich, daß die Zellen und Gefäße durch ein äußerſt feines
Netzwerk von Fäſerchen umſponnen und zuſammengehalten werden;
in manchen Fällen glaubte er dieſe Faſern wirklich zu ſehen,
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[302/0314] Unterſuchung des fertigen den kann (Beiträge p. 49 ff). Dieſes Verfahren aber mußte ihn nothwendig zur Abweiſung der Malpigh'ſchen Theorie vom Dickenwachsthum holziger Stämme führen, einer Theorie, die, wie wir geſehen haben von Grew bis auf Mirbel ſämmt- liche Pflanzenanatomen angenommen hatten; wenn auch Bern- hardi und Treviranus ſchwache Verſuche machten, ſie wenig- ſtens zum Theil zu entkräften, ſo war doch Moldenhawer der erſte, der die Entſtehung der äußeren Holzſchichten aus inneren Baſtlagen definitiv beſeitigte und die erſte wirklich brauchbare Grundlage für die ſpätere richtige Theorie des nach- träglichen Dickenwachsthums lieferte (p. 35). Die Beſeitigung dieſes alten Irrthums iſt ſchon an ſich ein ſehr bedeutendes Er- gebniß, welches ihm, abgeſehen von allen übrigen Verdienſten, eine ehrenvolle Stelle in der Geſchichte der Botanik ſichern mußte. Dieſen Lichtſeiten ſollte jedoch auch der Schatten nicht fehlen; alle Sorgfalt der Beobachtung, alle kritiſche Behandlung ſchützte auch ihn nicht vor einem Vorurtheil und den üblen Folgen desſelben. Nachdem Moldenhawer nämlich die Elementar- organe durch Maceration iſolirt hatte, entſtand für ihn die Frage, wie nun der feſte Zuſammenhang derſelben in der lebenden Pflanze zu denken ſei. Da glaubte er nun ebenſo wie ſpäter auch Mohl, Schacht u. a. eines beſonderen Bindemittels zu bedürfen, verfiel aber nicht wie dieſe auf eine Matrix, welcher die Zellen eingebettet ſind, oder auf ein Klebemittel, welches ſie zuſammenhält, ſondern auf eine viel wunderliche Theorie, welche ſtark an Grew's Fadengewebe erinnert und wie bei dieſem zum Theil auf fehlerhaften Wahrnehmungen beruht, welche zu raſch als Grundlage einer Theorie benutzt wurden, die nun ihrerſeits die weiteren Beobachtungen trübte. Moldenhawer glaubte nämlich, daß die Zellen und Gefäße durch ein äußerſt feines Netzwerk von Fäſerchen umſponnen und zuſammengehalten werden; in manchen Fällen glaubte er dieſe Faſern wirklich zu ſehen, für ſolche ſprach er auch die Verdickungsleiſten der bekannten Zellen von Sphagnum an; und was faſt noch mehr Wunder

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 302. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/314>, abgerufen am 25.11.2024.