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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Zellhautgerüstes der Pflanzen.
nicht an einzelne Ausdrücke sich stoße. Im Wesentlichen ist
Mirbel's Vorstellung von der inneren Struktur der Pflanzen
die von Caspar Friedrich Wolff aufgestellte. Das Erste
und die Fundamentalidee sei, daß die ganze vegetabilische Or-
ganisation von einem und demselben, in verschiedener Weise
modificirten Gewebe gebildet sei. Die Zellhöhlen seien nur
Hohlräume von verschiedener Form und Ausdehnung in einer
homogenen Grundmasse, bedürfen also nicht, wie Grew ange-
nommen, eines Fadensystems, um unter einander zusammenge-
halten zu werden. Eine Ausnahme machen nur die Tracheen,
von denen Mirbel sehr im Gegensatz zu der viel richtigeren
Anschauung Treviranus' sagt, es seien schmale, schraubig ge-
wundene Lamellen, die in das Gewebe eingeschoben sind und
mit diesem nur an ihren beiden Enden zusammenhängen. Frage
man nun, wie in einem derartigen Zellengewebe ein Saftaus-
tausch möglich sei, so könne man von vorneherein nicht leugnen,
daß die häutige Substanz der Pflanzen von unzähligen, unsicht-
baren Poren durchbohrt sei, durch welche die Flüssigkeiten dringen.
Die Natur habe aber auch schneller wirkende und kraftvollere
Mittel in den größeren Poren, welche mit Hülfe des Mikroskops
sichtbar sind. Wie nun durch diese sichtbaren Poren die Flüssig-
keiten in Bewegung gesetzt werden, ließ Mirbel unerörtert, wie
man sich damals überhaupt über dergleichen mechanische Schwie-
rigkeiten leicht hinwegsetzte, weil im Hintergrund die Lebenskraft
als bewegendes Agens stand. Die von Sprengel ihm ge-
machte Zumuthung, daß er Poren und Körner verwechselt habe,
weist Mirbel mit dem Hinweis auf seine Abbildungen lebhaft
zurück; er habe bei den punctirten Gefäßen auf der Außenseite
der Wände Erhabenheiten gezeichnet, in jeder derselben aber eine
Oeffnung, welche seine Gegner eben einfach nicht gesehen hätten;
die Frage, ob diese Erhabenheiten auf der Innen- oder Außen-
seite der Gefäßwand liegen, hat bei Mirbel's Auffassung von
der Einfachheit der Scheidewände eigentlich keinen Sinn, es kann
sich bei ihm nur darum handeln, ob die durchbohrten Hervor-
ragungen auf der einen oder der anderen Seite der Wand

Zellhautgerüſtes der Pflanzen.
nicht an einzelne Ausdrücke ſich ſtoße. Im Weſentlichen iſt
Mirbel's Vorſtellung von der inneren Struktur der Pflanzen
die von Caspar Friedrich Wolff aufgeſtellte. Das Erſte
und die Fundamentalidee ſei, daß die ganze vegetabiliſche Or-
ganiſation von einem und demſelben, in verſchiedener Weiſe
modificirten Gewebe gebildet ſei. Die Zellhöhlen ſeien nur
Hohlräume von verſchiedener Form und Ausdehnung in einer
homogenen Grundmaſſe, bedürfen alſo nicht, wie Grew ange-
nommen, eines Fadenſyſtems, um unter einander zuſammenge-
halten zu werden. Eine Ausnahme machen nur die Tracheen,
von denen Mirbel ſehr im Gegenſatz zu der viel richtigeren
Anſchauung Treviranus' ſagt, es ſeien ſchmale, ſchraubig ge-
wundene Lamellen, die in das Gewebe eingeſchoben ſind und
mit dieſem nur an ihren beiden Enden zuſammenhängen. Frage
man nun, wie in einem derartigen Zellengewebe ein Saftaus-
tauſch möglich ſei, ſo könne man von vorneherein nicht leugnen,
daß die häutige Subſtanz der Pflanzen von unzähligen, unſicht-
baren Poren durchbohrt ſei, durch welche die Flüſſigkeiten dringen.
Die Natur habe aber auch ſchneller wirkende und kraftvollere
Mittel in den größeren Poren, welche mit Hülfe des Mikroſkops
ſichtbar ſind. Wie nun durch dieſe ſichtbaren Poren die Flüſſig-
keiten in Bewegung geſetzt werden, ließ Mirbel unerörtert, wie
man ſich damals überhaupt über dergleichen mechaniſche Schwie-
rigkeiten leicht hinwegſetzte, weil im Hintergrund die Lebenskraft
als bewegendes Agens ſtand. Die von Sprengel ihm ge-
machte Zumuthung, daß er Poren und Körner verwechſelt habe,
weiſt Mirbel mit dem Hinweis auf ſeine Abbildungen lebhaft
zurück; er habe bei den punctirten Gefäßen auf der Außenſeite
der Wände Erhabenheiten gezeichnet, in jeder derſelben aber eine
Oeffnung, welche ſeine Gegner eben einfach nicht geſehen hätten;
die Frage, ob dieſe Erhabenheiten auf der Innen- oder Außen-
ſeite der Gefäßwand liegen, hat bei Mirbel's Auffaſſung von
der Einfachheit der Scheidewände eigentlich keinen Sinn, es kann
ſich bei ihm nur darum handeln, ob die durchbohrten Hervor-
ragungen auf der einen oder der anderen Seite der Wand

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[295/0307] Zellhautgerüſtes der Pflanzen. nicht an einzelne Ausdrücke ſich ſtoße. Im Weſentlichen iſt Mirbel's Vorſtellung von der inneren Struktur der Pflanzen die von Caspar Friedrich Wolff aufgeſtellte. Das Erſte und die Fundamentalidee ſei, daß die ganze vegetabiliſche Or- ganiſation von einem und demſelben, in verſchiedener Weiſe modificirten Gewebe gebildet ſei. Die Zellhöhlen ſeien nur Hohlräume von verſchiedener Form und Ausdehnung in einer homogenen Grundmaſſe, bedürfen alſo nicht, wie Grew ange- nommen, eines Fadenſyſtems, um unter einander zuſammenge- halten zu werden. Eine Ausnahme machen nur die Tracheen, von denen Mirbel ſehr im Gegenſatz zu der viel richtigeren Anſchauung Treviranus' ſagt, es ſeien ſchmale, ſchraubig ge- wundene Lamellen, die in das Gewebe eingeſchoben ſind und mit dieſem nur an ihren beiden Enden zuſammenhängen. Frage man nun, wie in einem derartigen Zellengewebe ein Saftaus- tauſch möglich ſei, ſo könne man von vorneherein nicht leugnen, daß die häutige Subſtanz der Pflanzen von unzähligen, unſicht- baren Poren durchbohrt ſei, durch welche die Flüſſigkeiten dringen. Die Natur habe aber auch ſchneller wirkende und kraftvollere Mittel in den größeren Poren, welche mit Hülfe des Mikroſkops ſichtbar ſind. Wie nun durch dieſe ſichtbaren Poren die Flüſſig- keiten in Bewegung geſetzt werden, ließ Mirbel unerörtert, wie man ſich damals überhaupt über dergleichen mechaniſche Schwie- rigkeiten leicht hinwegſetzte, weil im Hintergrund die Lebenskraft als bewegendes Agens ſtand. Die von Sprengel ihm ge- machte Zumuthung, daß er Poren und Körner verwechſelt habe, weiſt Mirbel mit dem Hinweis auf ſeine Abbildungen lebhaft zurück; er habe bei den punctirten Gefäßen auf der Außenſeite der Wände Erhabenheiten gezeichnet, in jeder derſelben aber eine Oeffnung, welche ſeine Gegner eben einfach nicht geſehen hätten; die Frage, ob dieſe Erhabenheiten auf der Innen- oder Außen- ſeite der Gefäßwand liegen, hat bei Mirbel's Auffaſſung von der Einfachheit der Scheidewände eigentlich keinen Sinn, es kann ſich bei ihm nur darum handeln, ob die durchbohrten Hervor- ragungen auf der einen oder der anderen Seite der Wand

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/307>, abgerufen am 25.11.2024.