Zahl hervorragender Naturforscher, welche am Ende des vorigen Jahrhunderts und am Anfang des unsrigen ihre Vaterstadt Genf zu einem glänzenden Centrum der Naturwissenschaft erhoben. De Candolle war Zeitgenosse und Landsmann Vaucher's, Theodor de Saussure's, Sennebier's. Es war ganz vorwiegend die physikalische und physiologische Forschung, welche damals in Genf blühte und ihrem Einfluß entzog sich auch Pyrame de Candolle nicht; zu seinen Jugendarbeiten gehörten wichtige Untersuchungen über die Wirkungen des Lichtes auf die Vegetation und was De Candolle später durch sein großes Lehrbuch der Pflanzenphysiologie geleistet hat, wird in der Geschichte dieser Disciplin weiterhin erwähnt werden. Ueberhaupt waren es alle Theile der theoretischen und angewandten Botanik, denen De Candolle seine Aufmerksamkeit zuwandte, wenn auch immerhin seine Bedeutung für die Ge- schichte unserer Wissenschaft ganz vorwiegend auf Seiten der Morphologie und Systematik liegt und diese soll hier allein aus- führlicher dargestellt werden.
Als practischen Systematiker und descriptiven Botaniker bethätigte sich De Candolle in einem Umfang wie keiner vor oder nach ihm; abgesehen von einer Reihe umfangreicher Mono- graphieen großer Familien, gab er de la Marck's große Flore francaise wesentlich verändert und bereichert neu heraus; und neben zahlreichen anderen derartigen zumal auch pflanzengeogra- phischen Arbeiten gründete er das großartigste Werk der beschrei- benden Botanik, welches bis jetzt existirt, den Prodromus syste- matis naturalis, in welchem alle bis dahin bekannten Species nach seinem natürlichen System geordnet ausführlich beschrieben werden sollen, ein Werk, welches noch jetzt nicht ganz abgeschlossen vorliegt, an welchem sich viele andere descriptive Botaniker der letzten Jahrzehnte betheiligt haben; keiner aber in so um- fangreicher Weise wie De Candolle, der allein mehr als 100 Familien bearbeitet hat. Es ist nicht wohl möglich, von dem in solchen Arbeiten liegenden Verdienst in Kürze Rechenschaft zu geben, sie bilden eben die eigentlich empirische Grundlage der
Dogma von der Conſtanz der Arten.
Zahl hervorragender Naturforſcher, welche am Ende des vorigen Jahrhunderts und am Anfang des unſrigen ihre Vaterſtadt Genf zu einem glänzenden Centrum der Naturwiſſenſchaft erhoben. De Candolle war Zeitgenoſſe und Landsmann Vaucher's, Theodor de Sauſſure's, Sennebier's. Es war ganz vorwiegend die phyſikaliſche und phyſiologiſche Forſchung, welche damals in Genf blühte und ihrem Einfluß entzog ſich auch Pyrame de Candolle nicht; zu ſeinen Jugendarbeiten gehörten wichtige Unterſuchungen über die Wirkungen des Lichtes auf die Vegetation und was De Candolle ſpäter durch ſein großes Lehrbuch der Pflanzenphyſiologie geleiſtet hat, wird in der Geſchichte dieſer Disciplin weiterhin erwähnt werden. Ueberhaupt waren es alle Theile der theoretiſchen und angewandten Botanik, denen De Candolle ſeine Aufmerkſamkeit zuwandte, wenn auch immerhin ſeine Bedeutung für die Ge- ſchichte unſerer Wiſſenſchaft ganz vorwiegend auf Seiten der Morphologie und Syſtematik liegt und dieſe ſoll hier allein aus- führlicher dargeſtellt werden.
Als practiſchen Syſtematiker und deſcriptiven Botaniker bethätigte ſich De Candolle in einem Umfang wie keiner vor oder nach ihm; abgeſehen von einer Reihe umfangreicher Mono- graphieen großer Familien, gab er de la Marck's große Flore française weſentlich verändert und bereichert neu heraus; und neben zahlreichen anderen derartigen zumal auch pflanzengeogra- phiſchen Arbeiten gründete er das großartigſte Werk der beſchrei- benden Botanik, welches bis jetzt exiſtirt, den Prodromus syste- matis naturalis, in welchem alle bis dahin bekannten Species nach ſeinem natürlichen Syſtem geordnet ausführlich beſchrieben werden ſollen, ein Werk, welches noch jetzt nicht ganz abgeſchloſſen vorliegt, an welchem ſich viele andere deſcriptive Botaniker der letzten Jahrzehnte betheiligt haben; keiner aber in ſo um- fangreicher Weiſe wie De Candolle, der allein mehr als 100 Familien bearbeitet hat. Es iſt nicht wohl möglich, von dem in ſolchen Arbeiten liegenden Verdienſt in Kürze Rechenſchaft zu geben, ſie bilden eben die eigentlich empiriſche Grundlage der
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Dogma von der Conſtanz der Arten.
Zahl hervorragender Naturforſcher, welche am Ende des vorigen
Jahrhunderts und am Anfang des unſrigen ihre Vaterſtadt Genf
zu einem glänzenden Centrum der Naturwiſſenſchaft erhoben.
De Candolle war Zeitgenoſſe und Landsmann Vaucher's,
Theodor de Sauſſure's, Sennebier's. Es war ganz
vorwiegend die phyſikaliſche und phyſiologiſche Forſchung, welche
damals in Genf blühte und ihrem Einfluß entzog ſich auch
Pyrame de Candolle nicht; zu ſeinen Jugendarbeiten
gehörten wichtige Unterſuchungen über die Wirkungen des
Lichtes auf die Vegetation und was De Candolle ſpäter
durch ſein großes Lehrbuch der Pflanzenphyſiologie geleiſtet
hat, wird in der Geſchichte dieſer Disciplin weiterhin erwähnt
werden. Ueberhaupt waren es alle Theile der theoretiſchen und
angewandten Botanik, denen De Candolle ſeine Aufmerkſamkeit
zuwandte, wenn auch immerhin ſeine Bedeutung für die Ge-
ſchichte unſerer Wiſſenſchaft ganz vorwiegend auf Seiten der
Morphologie und Syſtematik liegt und dieſe ſoll hier allein aus-
führlicher dargeſtellt werden.
Als practiſchen Syſtematiker und deſcriptiven Botaniker
bethätigte ſich De Candolle in einem Umfang wie keiner vor
oder nach ihm; abgeſehen von einer Reihe umfangreicher Mono-
graphieen großer Familien, gab er de la Marck's große Flore
française weſentlich verändert und bereichert neu heraus; und
neben zahlreichen anderen derartigen zumal auch pflanzengeogra-
phiſchen Arbeiten gründete er das großartigſte Werk der beſchrei-
benden Botanik, welches bis jetzt exiſtirt, den Prodromus syste-
matis naturalis, in welchem alle bis dahin bekannten Species
nach ſeinem natürlichen Syſtem geordnet ausführlich beſchrieben
werden ſollen, ein Werk, welches noch jetzt nicht ganz abgeſchloſſen
vorliegt, an welchem ſich viele andere deſcriptive Botaniker
der letzten Jahrzehnte betheiligt haben; keiner aber in ſo um-
fangreicher Weiſe wie De Candolle, der allein mehr als 100
Familien bearbeitet hat. Es iſt nicht wohl möglich, von dem
in ſolchen Arbeiten liegenden Verdienſt in Kürze Rechenſchaft zu
geben, ſie bilden eben die eigentlich empiriſche Grundlage der
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 137. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/149>, abgerufen am 16.02.2025.
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