prächtige Ledercassette. "Directer Bezug von Havannah", fuhr er fort, mehr aus Fassungslosigkeit, als um zu prahlen.
Ich wollte ihn nicht verletzen und nahm von dem kost¬ baren Kraute, während er mir dienstbeflissen Feuer reichte.
"Mein Herr", begann ich, nachdem wir uns Beide gesetzt hatten, "ich glaube, mich nicht zu irren, wenn ich annehme, daß Sie über den Grund meines Erscheinens so ziemlich im Klaren sind."
"Nun -- allerdings"; erwiederte er unruhig. "Ich ver¬ muthe, Sie kommen als Abgesandter --"
"Ja denn, wenn Sie es so nennen wollen. Doch besser gesagt: ich komme über Ersuchen des Fräuleins Ludovica Mens¬ feld. Sie ist sehr unglücklich."
"Durch ihre eigene Schuld", fuhr er auf. "Ich habe ihr Alles ruhig auseinander gesetzt, habe ihr die vernünftigsten Vorschläge gemacht. Aber sie will nichts hören, will nicht be¬ greifen, daß Gefühle vergänglich sind, daß neue Eindrücke ebenfalls ihre Rechte fordern --"
"Mein Herr", warf ich ein, "Sie gehen zu weit. Einem liebenden Weibe zumuthen, daß es natürlich und begreiflich finden soll, was Ihnen und vielleicht auch mir so erscheint, heißt Uebermenschliches verlangen. Und Ludovica liebt Sie."
"Ja, ja", sagte er unwillig, "sie liebt mich, ich weiß es -- und ich habe sie auch geliebt, heiß und glühend geliebt. O", fuhr er, in Erinnerungen versinkend, fort, "Sie können
prächtige Ledercaſſette. „Directer Bezug von Havannah“, fuhr er fort, mehr aus Faſſungsloſigkeit, als um zu prahlen.
Ich wollte ihn nicht verletzen und nahm von dem koſt¬ baren Kraute, während er mir dienſtbefliſſen Feuer reichte.
„Mein Herr“, begann ich, nachdem wir uns Beide geſetzt hatten, „ich glaube, mich nicht zu irren, wenn ich annehme, daß Sie über den Grund meines Erſcheinens ſo ziemlich im Klaren ſind.“
„Nun — allerdings“; erwiederte er unruhig. „Ich ver¬ muthe, Sie kommen als Abgeſandter —“
„Ja denn, wenn Sie es ſo nennen wollen. Doch beſſer geſagt: ich komme über Erſuchen des Fräuleins Ludovica Mens¬ feld. Sie iſt ſehr unglücklich.“
„Durch ihre eigene Schuld“, fuhr er auf. „Ich habe ihr Alles ruhig auseinander geſetzt, habe ihr die vernünftigſten Vorſchläge gemacht. Aber ſie will nichts hören, will nicht be¬ greifen, daß Gefühle vergänglich ſind, daß neue Eindrücke ebenfalls ihre Rechte fordern —“
„Mein Herr“, warf ich ein, „Sie gehen zu weit. Einem liebenden Weibe zumuthen, daß es natürlich und begreiflich finden ſoll, was Ihnen und vielleicht auch mir ſo erſcheint, heißt Uebermenſchliches verlangen. Und Ludovica liebt Sie.“
„Ja, ja“, ſagte er unwillig, „ſie liebt mich, ich weiß es — und ich habe ſie auch geliebt, heiß und glühend geliebt. O“, fuhr er, in Erinnerungen verſinkend, fort, „Sie können
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prächtige Ledercaſſette. „Directer Bezug von Havannah“, fuhr
er fort, mehr aus Faſſungsloſigkeit, als um zu prahlen.
Ich wollte ihn nicht verletzen und nahm von dem koſt¬
baren Kraute, während er mir dienſtbefliſſen Feuer reichte.
„Mein Herr“, begann ich, nachdem wir uns Beide geſetzt
hatten, „ich glaube, mich nicht zu irren, wenn ich annehme,
daß Sie über den Grund meines Erſcheinens ſo ziemlich im
Klaren ſind.“
„Nun — allerdings“; erwiederte er unruhig. „Ich ver¬
muthe, Sie kommen als Abgeſandter —“
„Ja denn, wenn Sie es ſo nennen wollen. Doch beſſer
geſagt: ich komme über Erſuchen des Fräuleins Ludovica Mens¬
feld. Sie iſt ſehr unglücklich.“
„Durch ihre eigene Schuld“, fuhr er auf. „Ich habe
ihr Alles ruhig auseinander geſetzt, habe ihr die vernünftigſten
Vorſchläge gemacht. Aber ſie will nichts hören, will nicht be¬
greifen, daß Gefühle vergänglich ſind, daß neue Eindrücke
ebenfalls ihre Rechte fordern —“
„Mein Herr“, warf ich ein, „Sie gehen zu weit. Einem
liebenden Weibe zumuthen, daß es natürlich und begreiflich
finden ſoll, was Ihnen und vielleicht auch mir ſo erſcheint,
heißt Uebermenſchliches verlangen. Und Ludovica liebt Sie.“
„Ja, ja“, ſagte er unwillig, „ſie liebt mich, ich weiß
es — und ich habe ſie auch geliebt, heiß und glühend geliebt.
O“, fuhr er, in Erinnerungen verſinkend, fort, „Sie können
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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/244>, abgerufen am 16.07.2024.
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