Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877."O, Alles!" rief sie, indem sie sich mit ihrem Tuche "Glauben Sie? -- Und wenn dem so wäre: woraus "O ich weiß es! Ich habe ihn noch von Niemand mit „O, Alles!“ rief ſie, indem ſie ſich mit ihrem Tuche „Glauben Sie? — Und wenn dem ſo wäre: woraus „O ich weiß es! Ich habe ihn noch von Niemand mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0240" n="224"/> <p>„O, Alles!“ rief ſie, indem ſie ſich mit ihrem Tuche<lb/> haſtig Augen und Wangen trocknete, „Alles, wenn Sie nur<lb/> wollen!“ Und da ich ungläubig vor mich hinblickte, fuhr ſie<lb/> warm fort: „Sehen Sie, trotz ſeiner ſcheinbaren Härte iſt<lb/> er doch eine weiche, lenkſame Natur; trotz ſeines Leichtſinnes,<lb/> ſeiner Verirrungen einer edleren Regung fähig, und ich bin<lb/> überzeugt, daß ihn nur das Berauſchende ſeiner neuen Lage<lb/> und“ — fügte ſie leiſer hinzu — „die Verführungskünſte<lb/> meiner Schweſter ſo weit gebracht. Wenn ſich ein Mann<lb/> findet, den er achtet, auf deſſen Stimme er Gewicht legt, und<lb/> dieſer ihm das Unwürdige ſeiner Stellung, das Grauſame ſei¬<lb/> nes Handelns vorhält: ſo zweifle ich nicht, daß er in ſich<lb/> geht und zu mir zurückkehrt.“</p><lb/> <p>„Glauben Sie? — Und wenn dem ſo wäre: woraus<lb/> ſchließen Sie, daß ich der Mann ſei, der ſo viel Gewalt über<lb/> ihn hätte?“</p><lb/> <p>„O ich weiß es! Ich habe ihn noch von Niemand mit<lb/> ſo viel Wärme, Anerkennung — ja Bewunderung reden hören,<lb/> wie von Ihnen. Er hat“, fuhr ſie erröthend fort, „bei Ihnen<lb/> ſogleich Eigenſchaften wahrgenommen, die ich damals in der<lb/> Verwirrung meiner Seele nicht zu erkennen — nicht völlig zu<lb/> würdigen im Stande war. — Und jetzt bin ich gezwungen,<lb/> Ihnen ein Bekenntniß abzulegen, das für mich beſchämend iſt,<lb/> welches ich aber in dieſem Augenblicke nicht zurückhalten kann.<lb/> Sie werden ſich erinnern, daß ich damals, als Sie — ich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [224/0240]
„O, Alles!“ rief ſie, indem ſie ſich mit ihrem Tuche
haſtig Augen und Wangen trocknete, „Alles, wenn Sie nur
wollen!“ Und da ich ungläubig vor mich hinblickte, fuhr ſie
warm fort: „Sehen Sie, trotz ſeiner ſcheinbaren Härte iſt
er doch eine weiche, lenkſame Natur; trotz ſeines Leichtſinnes,
ſeiner Verirrungen einer edleren Regung fähig, und ich bin
überzeugt, daß ihn nur das Berauſchende ſeiner neuen Lage
und“ — fügte ſie leiſer hinzu — „die Verführungskünſte
meiner Schweſter ſo weit gebracht. Wenn ſich ein Mann
findet, den er achtet, auf deſſen Stimme er Gewicht legt, und
dieſer ihm das Unwürdige ſeiner Stellung, das Grauſame ſei¬
nes Handelns vorhält: ſo zweifle ich nicht, daß er in ſich
geht und zu mir zurückkehrt.“
„Glauben Sie? — Und wenn dem ſo wäre: woraus
ſchließen Sie, daß ich der Mann ſei, der ſo viel Gewalt über
ihn hätte?“
„O ich weiß es! Ich habe ihn noch von Niemand mit
ſo viel Wärme, Anerkennung — ja Bewunderung reden hören,
wie von Ihnen. Er hat“, fuhr ſie erröthend fort, „bei Ihnen
ſogleich Eigenſchaften wahrgenommen, die ich damals in der
Verwirrung meiner Seele nicht zu erkennen — nicht völlig zu
würdigen im Stande war. — Und jetzt bin ich gezwungen,
Ihnen ein Bekenntniß abzulegen, das für mich beſchämend iſt,
welches ich aber in dieſem Augenblicke nicht zurückhalten kann.
Sie werden ſich erinnern, daß ich damals, als Sie — ich
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