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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

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ihm zu, und wenn sein Hang zur Verschwendung nicht wäre,
so müßte er sich bereits jetzt ein Vermögen erworben haben.
Das Erste, was er that, war jedoch, sich in einem vornehmen
Stadtviertel einzumiethen; im Interesse seiner Wirksamkeit,
wie er sagte. Dabei vernachlässigte er mich auffallend, zog
aber im Geheimen Mimi, mit welcher ich nun, da meine an¬
dere Schwester mittlerweile geheirathet hatte, allein lebte, mehr
und mehr an sich. Eines Tages erklärte sie mir, sie werde
mich verlassen; Alexis habe die Sorge für ihren Unterhalt
übernommen. Vernichtet, außer mir vor Schmerz und Ver¬
zweiflung, eile ich zu ihm. Er empfängt mich kalt und ge¬
messen, erklärt mir, daß er mich nicht mehr liebe, mich längst
nicht mehr geliebt habe und daß von einem innigeren Ver¬
hältnisse zwischen uns Beiden keine Rede mehr sein könne.
Mein Freund wolle er bleiben und Alles für mich thun, was
ich sonst von ihm verlangen würde. Und als ich mich, gelöst
in Schmerz und Thränen, zu seinen Füßen werfe, seine Kniee
umklammere und ihn beschwöre, mir sein Herz wieder zuzu¬
wenden und jenen schmählichen Erwerb, der ihn unfehlbar
in's Verderben führen müsse, aufzugeben --: stößt er mich
rauh von sich und droht endlich, mir die Thüre weisen zu
lassen!" Sie brach in ein fast schreiendes Weinen aus und
sank in das Sopha zurück.

"Das ist sehr traurig", sagte ich nach einer Pause. "Aber
was soll -- was kann ich dabei thun?"

ihm zu, und wenn ſein Hang zur Verſchwendung nicht wäre,
ſo müßte er ſich bereits jetzt ein Vermögen erworben haben.
Das Erſte, was er that, war jedoch, ſich in einem vornehmen
Stadtviertel einzumiethen; im Intereſſe ſeiner Wirkſamkeit,
wie er ſagte. Dabei vernachläſſigte er mich auffallend, zog
aber im Geheimen Mimi, mit welcher ich nun, da meine an¬
dere Schweſter mittlerweile geheirathet hatte, allein lebte, mehr
und mehr an ſich. Eines Tages erklärte ſie mir, ſie werde
mich verlaſſen; Alexis habe die Sorge für ihren Unterhalt
übernommen. Vernichtet, außer mir vor Schmerz und Ver¬
zweiflung, eile ich zu ihm. Er empfängt mich kalt und ge¬
meſſen, erklärt mir, daß er mich nicht mehr liebe, mich längſt
nicht mehr geliebt habe und daß von einem innigeren Ver¬
hältniſſe zwiſchen uns Beiden keine Rede mehr ſein könne.
Mein Freund wolle er bleiben und Alles für mich thun, was
ich ſonſt von ihm verlangen würde. Und als ich mich, gelöſt
in Schmerz und Thränen, zu ſeinen Füßen werfe, ſeine Kniee
umklammere und ihn beſchwöre, mir ſein Herz wieder zuzu¬
wenden und jenen ſchmählichen Erwerb, der ihn unfehlbar
in's Verderben führen müſſe, aufzugeben —: ſtößt er mich
rauh von ſich und droht endlich, mir die Thüre weiſen zu
laſſen!“ Sie brach in ein faſt ſchreiendes Weinen aus und
ſank in das Sopha zurück.

„Das iſt ſehr traurig“, ſagte ich nach einer Pauſe. „Aber
was ſoll — was kann ich dabei thun?“

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[223/0239] ihm zu, und wenn ſein Hang zur Verſchwendung nicht wäre, ſo müßte er ſich bereits jetzt ein Vermögen erworben haben. Das Erſte, was er that, war jedoch, ſich in einem vornehmen Stadtviertel einzumiethen; im Intereſſe ſeiner Wirkſamkeit, wie er ſagte. Dabei vernachläſſigte er mich auffallend, zog aber im Geheimen Mimi, mit welcher ich nun, da meine an¬ dere Schweſter mittlerweile geheirathet hatte, allein lebte, mehr und mehr an ſich. Eines Tages erklärte ſie mir, ſie werde mich verlaſſen; Alexis habe die Sorge für ihren Unterhalt übernommen. Vernichtet, außer mir vor Schmerz und Ver¬ zweiflung, eile ich zu ihm. Er empfängt mich kalt und ge¬ meſſen, erklärt mir, daß er mich nicht mehr liebe, mich längſt nicht mehr geliebt habe und daß von einem innigeren Ver¬ hältniſſe zwiſchen uns Beiden keine Rede mehr ſein könne. Mein Freund wolle er bleiben und Alles für mich thun, was ich ſonſt von ihm verlangen würde. Und als ich mich, gelöſt in Schmerz und Thränen, zu ſeinen Füßen werfe, ſeine Kniee umklammere und ihn beſchwöre, mir ſein Herz wieder zuzu¬ wenden und jenen ſchmählichen Erwerb, der ihn unfehlbar in's Verderben führen müſſe, aufzugeben —: ſtößt er mich rauh von ſich und droht endlich, mir die Thüre weiſen zu laſſen!“ Sie brach in ein faſt ſchreiendes Weinen aus und ſank in das Sopha zurück. „Das iſt ſehr traurig“, ſagte ich nach einer Pauſe. „Aber was ſoll — was kann ich dabei thun?“

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Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/239>, abgerufen am 27.11.2024.