Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877."Wozu sollt' ich's brauchen?" fuhr er niedergeschlagen "Ich auch nicht", sagte sie leise. "Weßhalb er uns nur auseinander gejagt hat?" begann Sie blickte vor sich hin. "Er ist ein böser Mensch", Tertschka war bei diesen Worten aufgestanden, hatte den "Was thust Du denn da?" fragte Georg, der ihr zusah. "Ich will morgen nach Schottwien hinunter in die Kirche „Wozu ſollt' ich's brauchen?“ fuhr er niedergeſchlagen „Ich auch nicht“, ſagte ſie leiſe. „Weßhalb er uns nur auseinander gejagt hat?“ begann Sie blickte vor ſich hin. „Er iſt ein böſer Menſch“, Tertſchka war bei dieſen Worten aufgeſtanden, hatte den „Was thuſt Du denn da?“ fragte Georg, der ihr zuſah. „Ich will morgen nach Schottwien hinunter in die Kirche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0168" n="152"/> <p>„Wozu ſollt' ich's brauchen?“ fuhr er niedergeſchlagen<lb/> fort. „Ich habe keine Freude mehr auf der Welt, ſeit ich<lb/> nicht mehr mit Dir arbeiten kann.“</p><lb/> <p>„Ich auch nicht“, ſagte ſie leiſe.</p><lb/> <p>„Weßhalb er uns nur auseinander gejagt hat?“ begann<lb/> er nach einer Weile. „Ihm könnt' es doch Eins ſein, ob wir<lb/> beiſammen ſitzen oder nicht; wenn wir nur unſer Tagwerk<lb/> ordentlich verrichten.“</p><lb/> <p>Sie blickte vor ſich hin. „Er iſt ein böſer Menſch“,<lb/> ſagte ſie endlich, „der nicht ſehen kann, daß es einem Anderen<lb/> wohl iſt, und Jeden gern um ſein Liebſtes bringt.“</p><lb/> <p>Tertſchka war bei dieſen Worten aufgeſtanden, hatte den<lb/> Deckel der Kiſte zurückgeſchlagen und holte jetzt langſam eine<lb/> wollene Jacke, einen Rock von Kattun und ein Paar ſchwerer<lb/> Schuhe hervor. Dann noch ein verſchoſſenes rothes Halstuch<lb/> und einen alten Roſenkranz mit einem Kreuzlein von Meſſing<lb/> daran, welche Gegenſtände ſie ſammt und ſonders auf dem<lb/> wieder herabgelaſſenen Deckel der Kiſte ſorglich zurecht legte.</p><lb/> <p>„Was thuſt Du denn da?“ fragte Georg, der ihr zuſah.</p><lb/> <p>„Ich will morgen nach Schottwien hinunter in die Kirche<lb/> gehen“, erwiederte ſie. „<hi rendition="#g">Er</hi> kann's freilich nicht leiden, denn<lb/> er kennt keinen Herrgott, und hat ſchon die Mutter immer<lb/> geſcholten, weil ſie Sonntags niemals die Meſſe verſäumen<lb/> wollte und mich immer mit ſich nahm. Er weiß mir immer<lb/> etwas in den Weg zu legen, und ich bin ſchon zwei Monate<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [152/0168]
„Wozu ſollt' ich's brauchen?“ fuhr er niedergeſchlagen
fort. „Ich habe keine Freude mehr auf der Welt, ſeit ich
nicht mehr mit Dir arbeiten kann.“
„Ich auch nicht“, ſagte ſie leiſe.
„Weßhalb er uns nur auseinander gejagt hat?“ begann
er nach einer Weile. „Ihm könnt' es doch Eins ſein, ob wir
beiſammen ſitzen oder nicht; wenn wir nur unſer Tagwerk
ordentlich verrichten.“
Sie blickte vor ſich hin. „Er iſt ein böſer Menſch“,
ſagte ſie endlich, „der nicht ſehen kann, daß es einem Anderen
wohl iſt, und Jeden gern um ſein Liebſtes bringt.“
Tertſchka war bei dieſen Worten aufgeſtanden, hatte den
Deckel der Kiſte zurückgeſchlagen und holte jetzt langſam eine
wollene Jacke, einen Rock von Kattun und ein Paar ſchwerer
Schuhe hervor. Dann noch ein verſchoſſenes rothes Halstuch
und einen alten Roſenkranz mit einem Kreuzlein von Meſſing
daran, welche Gegenſtände ſie ſammt und ſonders auf dem
wieder herabgelaſſenen Deckel der Kiſte ſorglich zurecht legte.
„Was thuſt Du denn da?“ fragte Georg, der ihr zuſah.
„Ich will morgen nach Schottwien hinunter in die Kirche
gehen“, erwiederte ſie. „Er kann's freilich nicht leiden, denn
er kennt keinen Herrgott, und hat ſchon die Mutter immer
geſcholten, weil ſie Sonntags niemals die Meſſe verſäumen
wollte und mich immer mit ſich nahm. Er weiß mir immer
etwas in den Weg zu legen, und ich bin ſchon zwei Monate
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