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Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877.

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nicht mehr von der Hütte weggekommen. Aber morgen geh'
ich; er soll sich anstellen, wie er will. Ich mag nicht das
Beten ganz verlernen unter dem Volk, das nur an's Trinken
und Kartenspielen denkt."

Georg sah vor sich hin. "Ich bin auch schon lang' in
keiner Kirche mehr gewesen", sagte er. "Wie schön wär' es,
wenn ich morgen mit Dir gehen könnte."

"Ja, es wär' schön; aber es kann nicht sein."

"Je nun", fuhr er fort, "der Aufseher müßt' es gerade
nicht merken. Wir gingen ein Jedes für sich allein fort und
wir fänden uns erst unten wo zusammen."

Sie dachte nach. "Du hast Recht; so wär' es möglich.
Aber Du müßtest lange vor mir aufbrechen. Gleich links von
der Hütte führt ein schmaler versteckter Steig in's Thal hinab;
unten steht ein hölzernes Kreuz -- dort könntest Du mich er¬
warten. Aber jetzt geh'," setzte sie ängstlich drängend hinzu,
"damit die Andern nicht merken, daß wir mit einander ge¬
sprochen haben."

Und so ging er und suchte das harte Lager auf, wo er
mitten unter dem lauten Gezänk der Spielenden in froher
Erwartung des kommenden Tages sanft einschlief. --

Am andern Morgen funkelte die Welt in hellem Sonnen¬
glanze, als Georg den steilen Fußpfad hinabstieg, welchen ihm
Tertschka bezeichnet hatte. Er lugte dabei nach dem Kreuz
im Thale aus und gewahrte bald, wie es morsch und windschief

nicht mehr von der Hütte weggekommen. Aber morgen geh'
ich; er ſoll ſich anſtellen, wie er will. Ich mag nicht das
Beten ganz verlernen unter dem Volk, das nur an's Trinken
und Kartenſpielen denkt.“

Georg ſah vor ſich hin. „Ich bin auch ſchon lang' in
keiner Kirche mehr geweſen“, ſagte er. „Wie ſchön wär' es,
wenn ich morgen mit Dir gehen könnte.“

„Ja, es wär' ſchön; aber es kann nicht ſein.“

„Je nun“, fuhr er fort, „der Aufſeher müßt' es gerade
nicht merken. Wir gingen ein Jedes für ſich allein fort und
wir fänden uns erſt unten wo zuſammen.“

Sie dachte nach. „Du haſt Recht; ſo wär' es möglich.
Aber Du müßteſt lange vor mir aufbrechen. Gleich links von
der Hütte führt ein ſchmaler verſteckter Steig in's Thal hinab;
unten ſteht ein hölzernes Kreuz — dort könnteſt Du mich er¬
warten. Aber jetzt geh',“ ſetzte ſie ängſtlich drängend hinzu,
„damit die Andern nicht merken, daß wir mit einander ge¬
ſprochen haben.“

Und ſo ging er und ſuchte das harte Lager auf, wo er
mitten unter dem lauten Gezänk der Spielenden in froher
Erwartung des kommenden Tages ſanft einſchlief. —

Am andern Morgen funkelte die Welt in hellem Sonnen¬
glanze, als Georg den ſteilen Fußpfad hinabſtieg, welchen ihm
Tertſchka bezeichnet hatte. Er lugte dabei nach dem Kreuz
im Thale aus und gewahrte bald, wie es morſch und windſchief

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[153/0169] nicht mehr von der Hütte weggekommen. Aber morgen geh' ich; er ſoll ſich anſtellen, wie er will. Ich mag nicht das Beten ganz verlernen unter dem Volk, das nur an's Trinken und Kartenſpielen denkt.“ Georg ſah vor ſich hin. „Ich bin auch ſchon lang' in keiner Kirche mehr geweſen“, ſagte er. „Wie ſchön wär' es, wenn ich morgen mit Dir gehen könnte.“ „Ja, es wär' ſchön; aber es kann nicht ſein.“ „Je nun“, fuhr er fort, „der Aufſeher müßt' es gerade nicht merken. Wir gingen ein Jedes für ſich allein fort und wir fänden uns erſt unten wo zuſammen.“ Sie dachte nach. „Du haſt Recht; ſo wär' es möglich. Aber Du müßteſt lange vor mir aufbrechen. Gleich links von der Hütte führt ein ſchmaler verſteckter Steig in's Thal hinab; unten ſteht ein hölzernes Kreuz — dort könnteſt Du mich er¬ warten. Aber jetzt geh',“ ſetzte ſie ängſtlich drängend hinzu, „damit die Andern nicht merken, daß wir mit einander ge¬ ſprochen haben.“ Und ſo ging er und ſuchte das harte Lager auf, wo er mitten unter dem lauten Gezänk der Spielenden in froher Erwartung des kommenden Tages ſanft einſchlief. — Am andern Morgen funkelte die Welt in hellem Sonnen¬ glanze, als Georg den ſteilen Fußpfad hinabſtieg, welchen ihm Tertſchka bezeichnet hatte. Er lugte dabei nach dem Kreuz im Thale aus und gewahrte bald, wie es morſch und windſchief

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Zitationshilfe: Saar, Ferdinand von: Novellen aus Österreich. Heidelberg, 1877, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/saar_novellen_1877/169>, abgerufen am 25.11.2024.