Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.noch drohend und finster, sondern heiter und lachend hörte er heute den Scherzen seiner Tischgenossen zu, mehrte und steigerte ihre Fröhlichkeit durch boshafte Bemerkungen, unerwartete Einfälle, kecke Erzählungen. Die Fortdauer seiner glücklichen Stimmung zu sichern, ihn bei Laune zu erhalten, war unter seinen Gästen Niemand ganz unbedacht; doch als man schied, um zur Ruhe zu gehen, wagte nur, wer ihm befreundeter zu sein, ihm näher zu stehen glaubte, zu fragen, was denn am nächsten Morgen werde anzustellen sein. Was anders, entgegnete Savello mit plötzlicher Aenderung seiner Miene und Haltung, als in die Kirche zu gehen. Habt Ihr vergessen, setzte er hinzu, daß morgen Sonntag ist? Aus Prachtliebe oder auch weil die Umstände geboten, auf Angriff und Ueberfall stets gefaßt zu sein, pflegten jenezeit die Lehenherren des römischen Gebietes nur in feierlichem Aufzuge die Hauptkirche ihnen unterthäniger Ortschaften zu besuchen. Gemeiniglich ließen sie in den Kapellen ihrer Paläste die Messe lesen; doch war es Gebrauch und Herkommen, wenigstens ein Mal bei jeglicher Anwesenheit dem öffentlichen Gottesdienste beizuwohnen. Der Sitte und Vorschrift seines Hauses Gehorsam zu leisten, denn unter neuen und anderen Namen verehrte man noch immer die Manen, Penaten und Laren des alten Roms, gab Savello am nächsten Morgen zeitig den Auftrag, ihm einen Anzug hervorzusuchen, welcher dem Ernste der Handlung angemessen sei. Man noch drohend und finster, sondern heiter und lachend hörte er heute den Scherzen seiner Tischgenossen zu, mehrte und steigerte ihre Fröhlichkeit durch boshafte Bemerkungen, unerwartete Einfälle, kecke Erzählungen. Die Fortdauer seiner glücklichen Stimmung zu sichern, ihn bei Laune zu erhalten, war unter seinen Gästen Niemand ganz unbedacht; doch als man schied, um zur Ruhe zu gehen, wagte nur, wer ihm befreundeter zu sein, ihm näher zu stehen glaubte, zu fragen, was denn am nächsten Morgen werde anzustellen sein. Was anders, entgegnete Savello mit plötzlicher Aenderung seiner Miene und Haltung, als in die Kirche zu gehen. Habt Ihr vergessen, setzte er hinzu, daß morgen Sonntag ist? Aus Prachtliebe oder auch weil die Umstände geboten, auf Angriff und Ueberfall stets gefaßt zu sein, pflegten jenezeit die Lehenherren des römischen Gebietes nur in feierlichem Aufzuge die Hauptkirche ihnen unterthäniger Ortschaften zu besuchen. Gemeiniglich ließen sie in den Kapellen ihrer Paläste die Messe lesen; doch war es Gebrauch und Herkommen, wenigstens ein Mal bei jeglicher Anwesenheit dem öffentlichen Gottesdienste beizuwohnen. Der Sitte und Vorschrift seines Hauses Gehorsam zu leisten, denn unter neuen und anderen Namen verehrte man noch immer die Manen, Penaten und Laren des alten Roms, gab Savello am nächsten Morgen zeitig den Auftrag, ihm einen Anzug hervorzusuchen, welcher dem Ernste der Handlung angemessen sei. Man <TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0063"/> noch drohend und finster, sondern heiter und lachend hörte er heute den Scherzen seiner Tischgenossen zu, mehrte und steigerte ihre Fröhlichkeit durch boshafte Bemerkungen, unerwartete Einfälle, kecke Erzählungen. Die Fortdauer seiner glücklichen Stimmung zu sichern, ihn bei Laune zu erhalten, war unter seinen Gästen Niemand ganz unbedacht; doch als man schied, um zur Ruhe zu gehen, wagte nur, wer ihm befreundeter zu sein, ihm näher zu stehen glaubte, zu fragen, was denn am nächsten Morgen werde anzustellen sein. Was anders, entgegnete Savello mit plötzlicher Aenderung seiner Miene und Haltung, als in die Kirche zu gehen. Habt Ihr vergessen, setzte er hinzu, daß morgen Sonntag ist?</p><lb/> <p>Aus Prachtliebe oder auch weil die Umstände geboten, auf Angriff und Ueberfall stets gefaßt zu sein, pflegten jenezeit die Lehenherren des römischen Gebietes nur in feierlichem Aufzuge die Hauptkirche ihnen unterthäniger Ortschaften zu besuchen. Gemeiniglich ließen sie in den Kapellen ihrer Paläste die Messe lesen; doch war es Gebrauch und Herkommen, wenigstens ein Mal bei jeglicher Anwesenheit dem öffentlichen Gottesdienste beizuwohnen. Der Sitte und Vorschrift seines Hauses Gehorsam zu leisten, denn unter neuen und anderen Namen verehrte man noch immer die Manen, Penaten und Laren des alten Roms, gab Savello am nächsten Morgen zeitig den Auftrag, ihm einen Anzug hervorzusuchen, welcher dem Ernste der Handlung angemessen sei. Man<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0063]
noch drohend und finster, sondern heiter und lachend hörte er heute den Scherzen seiner Tischgenossen zu, mehrte und steigerte ihre Fröhlichkeit durch boshafte Bemerkungen, unerwartete Einfälle, kecke Erzählungen. Die Fortdauer seiner glücklichen Stimmung zu sichern, ihn bei Laune zu erhalten, war unter seinen Gästen Niemand ganz unbedacht; doch als man schied, um zur Ruhe zu gehen, wagte nur, wer ihm befreundeter zu sein, ihm näher zu stehen glaubte, zu fragen, was denn am nächsten Morgen werde anzustellen sein. Was anders, entgegnete Savello mit plötzlicher Aenderung seiner Miene und Haltung, als in die Kirche zu gehen. Habt Ihr vergessen, setzte er hinzu, daß morgen Sonntag ist?
Aus Prachtliebe oder auch weil die Umstände geboten, auf Angriff und Ueberfall stets gefaßt zu sein, pflegten jenezeit die Lehenherren des römischen Gebietes nur in feierlichem Aufzuge die Hauptkirche ihnen unterthäniger Ortschaften zu besuchen. Gemeiniglich ließen sie in den Kapellen ihrer Paläste die Messe lesen; doch war es Gebrauch und Herkommen, wenigstens ein Mal bei jeglicher Anwesenheit dem öffentlichen Gottesdienste beizuwohnen. Der Sitte und Vorschrift seines Hauses Gehorsam zu leisten, denn unter neuen und anderen Namen verehrte man noch immer die Manen, Penaten und Laren des alten Roms, gab Savello am nächsten Morgen zeitig den Auftrag, ihm einen Anzug hervorzusuchen, welcher dem Ernste der Handlung angemessen sei. Man
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Zitationshilfe: | Rumohr, Karl Friedrich: Der letzte Savello. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 2. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 125–209. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_savello_1910/63>, abgerufen am 16.02.2025. |