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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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Grund angenommen wird, schon in der Schule und Werk-
stätte seines Vaters eigene, ganz lobenswerthe Bilder beendigt,
so wird er in die Werkstätte des Perugino (wenn nicht auch
noch anderer Meister) schwerlich als Lehrling, vielmehr so-
gleich als Geselle und Theilnehmer an den Arbeiten des Mei-
sters eingetreten seyn. Als Pietro in Perugia sich niederließ,
war er bereits den funfzigen nahe, war er, jenes edle Be-
streben, welches ihn bis dahin über die meisten Zeitgenossen
erhoben hatte, gegen einseitigen Erwerbsgeist vertauschend, von
einem großen Künstler zu einem glücklichen Unternehmer von
malerischen Erzeugnissen aller Art herabgesunken. Seine da-
maligen und späteren Arbeiten sind daher großentheils das
Werk seiner Gehülfen und Schüler. Wer aber unter so vie-
len hätte mehr Hülfe gewähren können, als eben Raphael?
Ich glaube dessen tiefeindringende, belebende Theilnahme an
verschiedenen der späteren Werke des Perugino deutlich wahr-
zunehmen *).

In untergeordnetem Maaße zeigt sich dieselbe schon in
jenem Altargemälde, welches vor etwa zwanzig Jahren aus
dem Kloster zu Vallombrosa in die Gallerie der florentinischen
Kunstschule gelangt ist **). Der Entwurf gehört unstreitig
dem Pietro, welcher eben damals, sey es, um Zeit und Ar-
beit zu ersparen, oder auch um den Wünschen seiner Gönner
zu entsprechen (das Einbrechen einer ganz neuen Kunstzeit
mochte bey Vielen Bedenklichkeiten erwecken), die malerische
Gruppirung seiner früheren Arbeiten gegen horizontale Auf-

*) Ich setze hier voraus, daß der Charakter, die Kunstepochen des
Pietro, aus einer früheren Entwickelung (Th. II. S. 336. f.) bekannt sind.
**) S. diese Forsch. Th. II. S. 346. die Anmerk.

Grund angenommen wird, ſchon in der Schule und Werk-
ſtaͤtte ſeines Vaters eigene, ganz lobenswerthe Bilder beendigt,
ſo wird er in die Werkſtaͤtte des Perugino (wenn nicht auch
noch anderer Meiſter) ſchwerlich als Lehrling, vielmehr ſo-
gleich als Geſelle und Theilnehmer an den Arbeiten des Mei-
ſters eingetreten ſeyn. Als Pietro in Perugia ſich niederließ,
war er bereits den funfzigen nahe, war er, jenes edle Be-
ſtreben, welches ihn bis dahin uͤber die meiſten Zeitgenoſſen
erhoben hatte, gegen einſeitigen Erwerbsgeiſt vertauſchend, von
einem großen Kuͤnſtler zu einem gluͤcklichen Unternehmer von
maleriſchen Erzeugniſſen aller Art herabgeſunken. Seine da-
maligen und ſpaͤteren Arbeiten ſind daher großentheils das
Werk ſeiner Gehuͤlfen und Schuͤler. Wer aber unter ſo vie-
len haͤtte mehr Huͤlfe gewaͤhren koͤnnen, als eben Raphael?
Ich glaube deſſen tiefeindringende, belebende Theilnahme an
verſchiedenen der ſpaͤteren Werke des Perugino deutlich wahr-
zunehmen *).

In untergeordnetem Maaße zeigt ſich dieſelbe ſchon in
jenem Altargemaͤlde, welches vor etwa zwanzig Jahren aus
dem Kloſter zu Vallombroſa in die Gallerie der florentiniſchen
Kunſtſchule gelangt iſt **). Der Entwurf gehoͤrt unſtreitig
dem Pietro, welcher eben damals, ſey es, um Zeit und Ar-
beit zu erſparen, oder auch um den Wuͤnſchen ſeiner Goͤnner
zu entſprechen (das Einbrechen einer ganz neuen Kunſtzeit
mochte bey Vielen Bedenklichkeiten erwecken), die maleriſche
Gruppirung ſeiner fruͤheren Arbeiten gegen horizontale Auf-

*) Ich ſetze hier voraus, daß der Charakter, die Kunſtepochen des
Pietro, aus einer früheren Entwickelung (Th. II. S. 336. f.) bekannt ſind.
**) S. dieſe Forſch. Th. II. S. 346. die Anmerk.
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[25/0047] Grund angenommen wird, ſchon in der Schule und Werk- ſtaͤtte ſeines Vaters eigene, ganz lobenswerthe Bilder beendigt, ſo wird er in die Werkſtaͤtte des Perugino (wenn nicht auch noch anderer Meiſter) ſchwerlich als Lehrling, vielmehr ſo- gleich als Geſelle und Theilnehmer an den Arbeiten des Mei- ſters eingetreten ſeyn. Als Pietro in Perugia ſich niederließ, war er bereits den funfzigen nahe, war er, jenes edle Be- ſtreben, welches ihn bis dahin uͤber die meiſten Zeitgenoſſen erhoben hatte, gegen einſeitigen Erwerbsgeiſt vertauſchend, von einem großen Kuͤnſtler zu einem gluͤcklichen Unternehmer von maleriſchen Erzeugniſſen aller Art herabgeſunken. Seine da- maligen und ſpaͤteren Arbeiten ſind daher großentheils das Werk ſeiner Gehuͤlfen und Schuͤler. Wer aber unter ſo vie- len haͤtte mehr Huͤlfe gewaͤhren koͤnnen, als eben Raphael? Ich glaube deſſen tiefeindringende, belebende Theilnahme an verſchiedenen der ſpaͤteren Werke des Perugino deutlich wahr- zunehmen *). In untergeordnetem Maaße zeigt ſich dieſelbe ſchon in jenem Altargemaͤlde, welches vor etwa zwanzig Jahren aus dem Kloſter zu Vallombroſa in die Gallerie der florentiniſchen Kunſtſchule gelangt iſt **). Der Entwurf gehoͤrt unſtreitig dem Pietro, welcher eben damals, ſey es, um Zeit und Ar- beit zu erſparen, oder auch um den Wuͤnſchen ſeiner Goͤnner zu entſprechen (das Einbrechen einer ganz neuen Kunſtzeit mochte bey Vielen Bedenklichkeiten erwecken), die maleriſche Gruppirung ſeiner fruͤheren Arbeiten gegen horizontale Auf- *) Ich ſetze hier voraus, daß der Charakter, die Kunſtepochen des Pietro, aus einer früheren Entwickelung (Th. II. S. 336. f.) bekannt ſind. **) S. dieſe Forſch. Th. II. S. 346. die Anmerk.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/47>, abgerufen am 24.11.2024.