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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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in allen Dingen dem Bedürfniß auch sich anpassen, anwend-
bar, brauchbar seyn wollen; während die Theorie, als freyes
Geistesproduct, schon durch rednerische Methodik und formelle
Consequenz sich auszeichnen und selbst befriedigen kann. Im
Resultat beider Richtungen entsteht der Unterschied vornehm-
lich daher: daß die Praxis auch mit der Hervorbringung des
Schönen sich beschäftigt, die Theorie aber nur mit dem Schö-
nen selbst, wie und aus welchem Gesichtspunkt dasselbe ihr
sich darbieten möge. Der Theoretiker fühlt also nicht leicht
das Bedürfniß, die Schönheit, als etwas für sich Denkbares,
von den schönen Erscheinungen abzusondern, befürchtet wohl
selbst, das Schöne möge durch Zergliederung in seine Ele-
mente in sich aufgehoben, vernichtet werden; wohingegen
die Hervorbringung des Schönen unablässig darauf hinleitet,
die Schönheit abgesondert aufzufassen, ihren abgesonderten
Begriff bis in dessen verborgenste Theilungen zu verfolgen.
Denn Kunstwerke, wie sie gleich einem einzigen, vollen Gusse
erscheinen sollen, entstehen doch aus einer langen Folge von
Ueberlegungen und Handlungen, in welchen bald die Schön-
heit im Allgemeinen, bald ganz untergeordnete Schönheiten
das Augenmerk des Künstlers sind, wie selbst, nach geendig-
tem Werke, der genaueren Beurtheilung und Würdigung des
Kenners.

Wer könnte bestreiten wollen, daß bei Auffassung umfas-
sender Begriffe jedes unzeitige Hervorkehren des Untergeord-
neten, als eines Beschränkteren, störend sey? Also nicht ohne
Grund bescheidet sich die Praxis, in der Bestimmung des all-
gemeinen Begriffes der Schönheit, mit dem Vorbehalte, in
dessen innere Fülle näher einzugehen, und mit Beseitigung
aller Emphase, welche sie den schönen Erscheinungen, dem

in allen Dingen dem Beduͤrfniß auch ſich anpaſſen, anwend-
bar, brauchbar ſeyn wollen; waͤhrend die Theorie, als freyes
Geiſtesproduct, ſchon durch redneriſche Methodik und formelle
Conſequenz ſich auszeichnen und ſelbſt befriedigen kann. Im
Reſultat beider Richtungen entſteht der Unterſchied vornehm-
lich daher: daß die Praxis auch mit der Hervorbringung des
Schoͤnen ſich beſchaͤftigt, die Theorie aber nur mit dem Schoͤ-
nen ſelbſt, wie und aus welchem Geſichtspunkt daſſelbe ihr
ſich darbieten moͤge. Der Theoretiker fuͤhlt alſo nicht leicht
das Beduͤrfniß, die Schoͤnheit, als etwas fuͤr ſich Denkbares,
von den ſchoͤnen Erſcheinungen abzuſondern, befuͤrchtet wohl
ſelbſt, das Schoͤne moͤge durch Zergliederung in ſeine Ele-
mente in ſich aufgehoben, vernichtet werden; wohingegen
die Hervorbringung des Schoͤnen unablaͤſſig darauf hinleitet,
die Schoͤnheit abgeſondert aufzufaſſen, ihren abgeſonderten
Begriff bis in deſſen verborgenſte Theilungen zu verfolgen.
Denn Kunſtwerke, wie ſie gleich einem einzigen, vollen Guſſe
erſcheinen ſollen, entſtehen doch aus einer langen Folge von
Ueberlegungen und Handlungen, in welchen bald die Schoͤn-
heit im Allgemeinen, bald ganz untergeordnete Schoͤnheiten
das Augenmerk des Kuͤnſtlers ſind, wie ſelbſt, nach geendig-
tem Werke, der genaueren Beurtheilung und Wuͤrdigung des
Kenners.

Wer koͤnnte beſtreiten wollen, daß bei Auffaſſung umfaſ-
ſender Begriffe jedes unzeitige Hervorkehren des Untergeord-
neten, als eines Beſchraͤnkteren, ſtoͤrend ſey? Alſo nicht ohne
Grund beſcheidet ſich die Praxis, in der Beſtimmung des all-
gemeinen Begriffes der Schoͤnheit, mit dem Vorbehalte, in
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[5/0027] in allen Dingen dem Beduͤrfniß auch ſich anpaſſen, anwend- bar, brauchbar ſeyn wollen; waͤhrend die Theorie, als freyes Geiſtesproduct, ſchon durch redneriſche Methodik und formelle Conſequenz ſich auszeichnen und ſelbſt befriedigen kann. Im Reſultat beider Richtungen entſteht der Unterſchied vornehm- lich daher: daß die Praxis auch mit der Hervorbringung des Schoͤnen ſich beſchaͤftigt, die Theorie aber nur mit dem Schoͤ- nen ſelbſt, wie und aus welchem Geſichtspunkt daſſelbe ihr ſich darbieten moͤge. Der Theoretiker fuͤhlt alſo nicht leicht das Beduͤrfniß, die Schoͤnheit, als etwas fuͤr ſich Denkbares, von den ſchoͤnen Erſcheinungen abzuſondern, befuͤrchtet wohl ſelbſt, das Schoͤne moͤge durch Zergliederung in ſeine Ele- mente in ſich aufgehoben, vernichtet werden; wohingegen die Hervorbringung des Schoͤnen unablaͤſſig darauf hinleitet, die Schoͤnheit abgeſondert aufzufaſſen, ihren abgeſonderten Begriff bis in deſſen verborgenſte Theilungen zu verfolgen. Denn Kunſtwerke, wie ſie gleich einem einzigen, vollen Guſſe erſcheinen ſollen, entſtehen doch aus einer langen Folge von Ueberlegungen und Handlungen, in welchen bald die Schoͤn- heit im Allgemeinen, bald ganz untergeordnete Schoͤnheiten das Augenmerk des Kuͤnſtlers ſind, wie ſelbſt, nach geendig- tem Werke, der genaueren Beurtheilung und Wuͤrdigung des Kenners. Wer koͤnnte beſtreiten wollen, daß bei Auffaſſung umfaſ- ſender Begriffe jedes unzeitige Hervorkehren des Untergeord- neten, als eines Beſchraͤnkteren, ſtoͤrend ſey? Alſo nicht ohne Grund beſcheidet ſich die Praxis, in der Beſtimmung des all- gemeinen Begriffes der Schoͤnheit, mit dem Vorbehalte, in deſſen innere Fuͤlle naͤher einzugehen, und mit Beſeitigung aller Emphaſe, welche ſie den ſchoͤnen Erſcheinungen, dem

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/27>, abgerufen am 24.11.2024.