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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831.

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rarchische Rom solle, müsse aller Geistesentwickelung gemein-
samer Mittelpunct seyn. Durch eine sinnreiche, mit allen
Reizen der Malerkunst geschmückte Vergegenwärtigung dieses
schönen Traumes eröffnete Raphael in den vaticanischen Stan-
zen seine römische Laufbahn.

Diese Zimmer werden durch Kreuzgewölbe, welche sie
überspannen, jedes in vier gleiche Theile gesondert. Die ca-
mera della segnatura
war, als Raphael darin seine Arbeit
begann, bereits durch gemalte Gesimse abgetheilt. Diese bey-
behaltend, erfüllte der Künstler oberhalb in jedem Viertheil
des Gewölbes eines der vorgefundenen größeren Runde durch
eine weibliche Figur, welche der ganzen Abtheilung gleichsam
zum Titel dient *).

Beginnen wir mit der Theologie, einer, gleich den übri-
gen, von Genien umgebenen, würdevollen Gestalt. Auf diese
folgt unterhalb im Zwickel desselben Gewölbtheiles ein klei-
ner gehaltenes Bild, worin der Sündenfall, das negative Prin-
cip der christlichen Glaubensansicht. Diesen einleitenden, vor-
andeutenden Bildern entspricht, in der weiten Halbrundung
der anstoßenden Wand, das Geheimniß der Sühne: die Ho-
stie auf einem erhöheten Altare ausgestellt, von den Kirchen-
lehrern älterer und neuer Zeit umgeben; in den himmlischen
Räumen Christus von Engeln umschwebt, deren Schönheit

*) Die Stanzen sind oft beschrieben, in Kupfer gestochen, besehen
worden. -- Bellori, Descrizione delle immaggini dipinte da Raff.
d'Urb.
nelle camere del palazzo Ap. Vat. Roma 1659
. Die größeren
Bilder gestochen von Aquila, von Volpato; die Runde der Decke von
Morghen; die Nebenbilder und die Decke des zweyten Zimmers in Um-
rissen von Francesco Giangiacomo, Rom 1809. Einiges noch von Santi
Bartoli
.
7 *

rarchiſche Rom ſolle, muͤſſe aller Geiſtesentwickelung gemein-
ſamer Mittelpunct ſeyn. Durch eine ſinnreiche, mit allen
Reizen der Malerkunſt geſchmuͤckte Vergegenwaͤrtigung dieſes
ſchoͤnen Traumes eroͤffnete Raphael in den vaticaniſchen Stan-
zen ſeine roͤmiſche Laufbahn.

Dieſe Zimmer werden durch Kreuzgewoͤlbe, welche ſie
uͤberſpannen, jedes in vier gleiche Theile geſondert. Die ca-
mera della segnatura
war, als Raphael darin ſeine Arbeit
begann, bereits durch gemalte Geſimſe abgetheilt. Dieſe bey-
behaltend, erfuͤllte der Kuͤnſtler oberhalb in jedem Viertheil
des Gewoͤlbes eines der vorgefundenen groͤßeren Runde durch
eine weibliche Figur, welche der ganzen Abtheilung gleichſam
zum Titel dient *).

Beginnen wir mit der Theologie, einer, gleich den uͤbri-
gen, von Genien umgebenen, wuͤrdevollen Geſtalt. Auf dieſe
folgt unterhalb im Zwickel deſſelben Gewoͤlbtheiles ein klei-
ner gehaltenes Bild, worin der Suͤndenfall, das negative Prin-
cip der chriſtlichen Glaubensanſicht. Dieſen einleitenden, vor-
andeutenden Bildern entſpricht, in der weiten Halbrundung
der anſtoßenden Wand, das Geheimniß der Suͤhne: die Ho-
ſtie auf einem erhoͤheten Altare ausgeſtellt, von den Kirchen-
lehrern aͤlterer und neuer Zeit umgeben; in den himmliſchen
Raͤumen Chriſtus von Engeln umſchwebt, deren Schoͤnheit

*) Die Stanzen ſind oft beſchrieben, in Kupfer geſtochen, beſehen
worden. — Bellori, Descrizione delle immaggini dipinte da Raff.
d’Urb.
nelle camere del palazzo Ap. Vat. Roma 1659
. Die größeren
Bilder geſtochen von Aquila, von Volpato; die Runde der Decke von
Morghen; die Nebenbilder und die Decke des zweyten Zimmers in Um-
riſſen von Francesco Giangiacomo, Rom 1809. Einiges noch von Santi
Bartoli
.
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[99/0121] rarchiſche Rom ſolle, muͤſſe aller Geiſtesentwickelung gemein- ſamer Mittelpunct ſeyn. Durch eine ſinnreiche, mit allen Reizen der Malerkunſt geſchmuͤckte Vergegenwaͤrtigung dieſes ſchoͤnen Traumes eroͤffnete Raphael in den vaticaniſchen Stan- zen ſeine roͤmiſche Laufbahn. Dieſe Zimmer werden durch Kreuzgewoͤlbe, welche ſie uͤberſpannen, jedes in vier gleiche Theile geſondert. Die ca- mera della segnatura war, als Raphael darin ſeine Arbeit begann, bereits durch gemalte Geſimſe abgetheilt. Dieſe bey- behaltend, erfuͤllte der Kuͤnſtler oberhalb in jedem Viertheil des Gewoͤlbes eines der vorgefundenen groͤßeren Runde durch eine weibliche Figur, welche der ganzen Abtheilung gleichſam zum Titel dient *). Beginnen wir mit der Theologie, einer, gleich den uͤbri- gen, von Genien umgebenen, wuͤrdevollen Geſtalt. Auf dieſe folgt unterhalb im Zwickel deſſelben Gewoͤlbtheiles ein klei- ner gehaltenes Bild, worin der Suͤndenfall, das negative Prin- cip der chriſtlichen Glaubensanſicht. Dieſen einleitenden, vor- andeutenden Bildern entſpricht, in der weiten Halbrundung der anſtoßenden Wand, das Geheimniß der Suͤhne: die Ho- ſtie auf einem erhoͤheten Altare ausgeſtellt, von den Kirchen- lehrern aͤlterer und neuer Zeit umgeben; in den himmliſchen Raͤumen Chriſtus von Engeln umſchwebt, deren Schoͤnheit *) Die Stanzen ſind oft beſchrieben, in Kupfer geſtochen, beſehen worden. — Bellori, Descrizione delle immaggini dipinte da Raff. d’Urb. nelle camere del palazzo Ap. Vat. Roma 1659. Die größeren Bilder geſtochen von Aquila, von Volpato; die Runde der Decke von Morghen; die Nebenbilder und die Decke des zweyten Zimmers in Um- riſſen von Francesco Giangiacomo, Rom 1809. Einiges noch von Santi Bartoli. 7 *

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 3. Berlin u. a., 1831, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen03_1831/121>, abgerufen am 28.04.2024.