Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.einleuchtet, daß neuere Schriftsteller seine gelegentlichen und *) S. Raccolta di Lett. pitt. To. VI. Lett. XVII. dd. Firenze
1590 -- Lanzi, sto. pitt. läßt den Federico Zuccaro für obigen Spruch Gewähr leisten, in dessen L'Idea de' pittori, scultori ed Architetti (Raccolta, To. cit. No. XIII.) mir nichts der Art begeg- net ist, wie denn dieser philosophirende, doch geistlose Maler über- haupt keiner solchen Autorität bedurfte, da er jegliche Handlung und Leistung der Kunst unmittelbar auf die verborgensten Tiefen des Daseyns zurückführt. Ich glaube nicht, daß die genannte Schrift jemals viele Leser gefunden habe, noch künftig finden werde. In- deß empfehle ich die Kapitel XII. und XVII. des ersten Buches de- nen, welche die Begriffsverwirrung halbgelehrter Künstler jener Zeit recht umständlich kennen zu lernen geneigt sind. Zuccaro verspricht sich zu Ende seines zweyten Buches, die Rinde der Kunst durchbro- chen und ihre Seele in ihrem ursprünglichen Glanze dargestellt zu haben. -- Das späterhin beliebte Beywort: ideale, findet sich das. lib. II. cap. XIV. p. 183. einleuchtet, daß neuere Schriftſteller ſeine gelegentlichen und *) S. Raccolta di Lett. pitt. To. VI. Lett. XVII. dd. Firenze
1590 — Lanzi, sto. pitt. laͤßt den Federico Zuccaro fuͤr obigen Spruch Gewaͤhr leiſten, in deſſen L’Idea de’ pittori, scultori ed Architetti (Raccolta, To. cit. No. XIII.) mir nichts der Art begeg- net iſt, wie denn dieſer philoſophirende, doch geiſtloſe Maler uͤber- haupt keiner ſolchen Autoritaͤt bedurfte, da er jegliche Handlung und Leiſtung der Kunſt unmittelbar auf die verborgenſten Tiefen des Daſeyns zuruͤckfuͤhrt. Ich glaube nicht, daß die genannte Schrift jemals viele Leſer gefunden habe, noch kuͤnftig finden werde. In- deß empfehle ich die Kapitel XII. und XVII. des erſten Buches de- nen, welche die Begriffsverwirrung halbgelehrter Kuͤnſtler jener Zeit recht umſtaͤndlich kennen zu lernen geneigt ſind. Zuccaro verſpricht ſich zu Ende ſeines zweyten Buches, die Rinde der Kunſt durchbro- chen und ihre Seele in ihrem urſpruͤnglichen Glanze dargeſtellt zu haben. — Das ſpaͤterhin beliebte Beywort: ideale, findet ſich daſ. lib. II. cap. XIV. p. 183. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0432" n="414"/> einleuchtet, daß neuere Schriftſteller ſeine gelegentlichen und<lb/> bloß den Hoͤflichkeiten des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118519573">Caſtiglione</persName> ausweichenden Worte<lb/> bey weitem zu ſyſtematiſch und ernſtlich aufgenommen haben.<lb/> So duͤrfte denn auch jene oft wiederholte Aeußerung: daß der<lb/> Kuͤnſtler die Dinge nicht bilden muͤſſe, wie ſie ſind, ſondern<lb/> wie die Natur ſie bilden ſolle, (wodurch offenbar die ganz un-<lb/> kuͤnſtleriſche Reflection beguͤnſtigt wuͤrde) dem <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> auch mit<lb/> Ungrund aufgebuͤrdet worden ſeyn. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118597787">Raphael</persName> wußte beſſer, als<lb/> irgend ein Neuerer, daß jegliche, auch die geringſte ſinnliche Er-<lb/> ſcheinung, ſey es als Anregung, oder auch als Gegenſtand der<lb/> Forſchung betrachtet, fuͤr den Kuͤnſtler nothwendig irgend ei-<lb/> nen Werth beſitze; daß, wo es die Darſtellung einer beſtimm-<lb/> ten Aufgabe angeht, nicht die ſchoͤnſte, ſondern eben nur die<lb/> paßlichſte Form die beſte ſey. Zudem wird uns jene, ihm<lb/> untergeſchobene Sentenz eben nur durch den ſpaͤten <persName ref="http://d-nb.info/gnd/133105644">Paggi</persName> <note place="foot" n="*)">S. <hi rendition="#aq">Raccolta di Lett. pitt. To. VI. Lett. XVII. dd. <placeName>Firenze</placeName></hi><lb/> 1590 — <persName ref="http://d-nb.info/gnd/17414444X">Lanzi</persName>, <hi rendition="#aq">sto. pitt.</hi> laͤßt den <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118912860">Federico Zuccaro</persName> fuͤr obigen<lb/> Spruch Gewaͤhr leiſten, in deſſen <hi rendition="#aq">L’Idea de’ pittori, scultori ed<lb/> Architetti (Raccolta, To. cit. No. XIII.)</hi> mir nichts der Art begeg-<lb/> net iſt, wie denn dieſer philoſophirende, doch geiſtloſe Maler uͤber-<lb/> haupt keiner ſolchen Autoritaͤt bedurfte, da er jegliche Handlung<lb/> und Leiſtung der Kunſt unmittelbar auf die verborgenſten Tiefen des<lb/> Daſeyns zuruͤckfuͤhrt. Ich glaube nicht, daß die genannte Schrift<lb/> jemals viele Leſer gefunden habe, noch kuͤnftig finden werde. In-<lb/> deß empfehle ich die Kapitel <hi rendition="#aq">XII.</hi> und <hi rendition="#aq">XVII.</hi> des erſten Buches de-<lb/> nen, welche die Begriffsverwirrung halbgelehrter Kuͤnſtler jener Zeit<lb/> recht umſtaͤndlich kennen zu lernen geneigt ſind. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118912860">Zuccaro</persName> verſpricht<lb/> ſich zu Ende ſeines zweyten Buches, die Rinde der Kunſt durchbro-<lb/> chen und ihre Seele in ihrem urſpruͤnglichen Glanze dargeſtellt zu<lb/> haben. — Das ſpaͤterhin beliebte Beywort: <hi rendition="#aq">ideale,</hi> findet ſich daſ.<lb/><hi rendition="#aq">lib. II. cap. XIV. p.</hi> 183.</note><lb/> verbuͤrgt, welcher hier um ſo weniger als Zeuge zu betrachten<lb/> iſt, als er offenbar nach einer Autoritaͤt haſchte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [414/0432]
einleuchtet, daß neuere Schriftſteller ſeine gelegentlichen und
bloß den Hoͤflichkeiten des Caſtiglione ausweichenden Worte
bey weitem zu ſyſtematiſch und ernſtlich aufgenommen haben.
So duͤrfte denn auch jene oft wiederholte Aeußerung: daß der
Kuͤnſtler die Dinge nicht bilden muͤſſe, wie ſie ſind, ſondern
wie die Natur ſie bilden ſolle, (wodurch offenbar die ganz un-
kuͤnſtleriſche Reflection beguͤnſtigt wuͤrde) dem Raphael auch mit
Ungrund aufgebuͤrdet worden ſeyn. Raphael wußte beſſer, als
irgend ein Neuerer, daß jegliche, auch die geringſte ſinnliche Er-
ſcheinung, ſey es als Anregung, oder auch als Gegenſtand der
Forſchung betrachtet, fuͤr den Kuͤnſtler nothwendig irgend ei-
nen Werth beſitze; daß, wo es die Darſtellung einer beſtimm-
ten Aufgabe angeht, nicht die ſchoͤnſte, ſondern eben nur die
paßlichſte Form die beſte ſey. Zudem wird uns jene, ihm
untergeſchobene Sentenz eben nur durch den ſpaͤten Paggi *)
verbuͤrgt, welcher hier um ſo weniger als Zeuge zu betrachten
iſt, als er offenbar nach einer Autoritaͤt haſchte.
*) S. Raccolta di Lett. pitt. To. VI. Lett. XVII. dd. Firenze
1590 — Lanzi, sto. pitt. laͤßt den Federico Zuccaro fuͤr obigen
Spruch Gewaͤhr leiſten, in deſſen L’Idea de’ pittori, scultori ed
Architetti (Raccolta, To. cit. No. XIII.) mir nichts der Art begeg-
net iſt, wie denn dieſer philoſophirende, doch geiſtloſe Maler uͤber-
haupt keiner ſolchen Autoritaͤt bedurfte, da er jegliche Handlung
und Leiſtung der Kunſt unmittelbar auf die verborgenſten Tiefen des
Daſeyns zuruͤckfuͤhrt. Ich glaube nicht, daß die genannte Schrift
jemals viele Leſer gefunden habe, noch kuͤnftig finden werde. In-
deß empfehle ich die Kapitel XII. und XVII. des erſten Buches de-
nen, welche die Begriffsverwirrung halbgelehrter Kuͤnſtler jener Zeit
recht umſtaͤndlich kennen zu lernen geneigt ſind. Zuccaro verſpricht
ſich zu Ende ſeines zweyten Buches, die Rinde der Kunſt durchbro-
chen und ihre Seele in ihrem urſpruͤnglichen Glanze dargeſtellt zu
haben. — Das ſpaͤterhin beliebte Beywort: ideale, findet ſich daſ.
lib. II. cap. XIV. p. 183.
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