des Heiligen sich bückenden Priesters, überall seinen hölzernen Nasen und langweiligen Durchschnittsbildungen. Auch in der sixtinischen Kappelle, wo er sicher sein Bestes versuchte, er- reichte er doch seine früheren Leistungen auf keine Weise. Nach Vasari half ihm Piero di Cosimo bey dieser Arbeit, woher die abstechende Vorzüglichkeit manches Einzelnen viel- leicht zu erklären ist. Er malte hier, den Durchzug durch das rothe Meer, die Predigt Christi und das Abendmahl; letztes ist wohl das Beste.
Das Beyspiel dieses und anderer minder wichtigen Ma- ler bestätiget, daß nach allgemeinem Erlöschen der Begeiste- rung für die vorwaltenden Kunstaufgaben, der florentinischen Malerey, vor der Hand nur ein einziger Weg offen blieb, sich über das Handwerksmäßige zu erheben; nehmlich ein fröhli- ches (freylich nicht ein pedantisches) sich Hingeben in den Reiz der natürlichen Erscheinungen. Glücklicher Weise bot die Gegenwart ein schönes und erfreuliches Volksleben, male- rische Bekleidungen, anziehende Charaktere, ein reizendes Land, eine wohleingerichtete und wohlbelegene Stadt; es ward da- her empfänglichen Menschen nicht schwer, aus einer so gün- stigen Umgebung den mannichfaltigsten Gewinn zu ziehn.
Dieses konnte dem schwachen Talente des Alessio Baldo- vinetti (den Vasari schon im Jahre 1448. doch sicher viel zu frühe sein Leben beschließen läßt) wohl aus Unfähigkeit, aber den schätzbaren Bildnern, doch mäßigen Malern, Andrea del Verocchio und Antonio del Pollajuolo wohl darum nicht so ganz gelingen: weil sie sichtlich nicht mit Lust und Feuer, sondern mit Bedacht und nur einseitig den Eindrücken der sie umgebenden Natur sich hingegeben. Es war den Bildnern, um sich auch malerisch zu entwickeln, noch viel zu viel um
des Heiligen ſich buͤckenden Prieſters, uͤberall ſeinen hoͤlzernen Naſen und langweiligen Durchſchnittsbildungen. Auch in der ſixtiniſchen Kappelle, wo er ſicher ſein Beſtes verſuchte, er- reichte er doch ſeine fruͤheren Leiſtungen auf keine Weiſe. Nach Vaſari half ihm Piero di Coſimo bey dieſer Arbeit, woher die abſtechende Vorzuͤglichkeit manches Einzelnen viel- leicht zu erklaͤren iſt. Er malte hier, den Durchzug durch das rothe Meer, die Predigt Chriſti und das Abendmahl; letztes iſt wohl das Beſte.
Das Beyſpiel dieſes und anderer minder wichtigen Ma- ler beſtaͤtiget, daß nach allgemeinem Erloͤſchen der Begeiſte- rung fuͤr die vorwaltenden Kunſtaufgaben, der florentiniſchen Malerey, vor der Hand nur ein einziger Weg offen blieb, ſich uͤber das Handwerksmaͤßige zu erheben; nehmlich ein froͤhli- ches (freylich nicht ein pedantiſches) ſich Hingeben in den Reiz der natuͤrlichen Erſcheinungen. Gluͤcklicher Weiſe bot die Gegenwart ein ſchoͤnes und erfreuliches Volksleben, male- riſche Bekleidungen, anziehende Charaktere, ein reizendes Land, eine wohleingerichtete und wohlbelegene Stadt; es ward da- her empfaͤnglichen Menſchen nicht ſchwer, aus einer ſo guͤn- ſtigen Umgebung den mannichfaltigſten Gewinn zu ziehn.
Dieſes konnte dem ſchwachen Talente des Aleſſio Baldo- vinetti (den Vaſari ſchon im Jahre 1448. doch ſicher viel zu fruͤhe ſein Leben beſchließen laͤßt) wohl aus Unfaͤhigkeit, aber den ſchaͤtzbaren Bildnern, doch maͤßigen Malern, Andrea del Verocchio und Antonio del Pollajuolo wohl darum nicht ſo ganz gelingen: weil ſie ſichtlich nicht mit Luſt und Feuer, ſondern mit Bedacht und nur einſeitig den Eindruͤcken der ſie umgebenden Natur ſich hingegeben. Es war den Bildnern, um ſich auch maleriſch zu entwickeln, noch viel zu viel um
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des Heiligen ſich buͤckenden Prieſters, uͤberall ſeinen hoͤlzernen
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reichte er doch ſeine fruͤheren Leiſtungen auf keine Weiſe.
Nach Vaſari half ihm Piero di Coſimo bey dieſer Arbeit,
woher die abſtechende Vorzuͤglichkeit manches Einzelnen viel-
leicht zu erklaͤren iſt. Er malte hier, den Durchzug durch
das rothe Meer, die Predigt Chriſti und das Abendmahl;
letztes iſt wohl das Beſte.
Das Beyſpiel dieſes und anderer minder wichtigen Ma-
ler beſtaͤtiget, daß nach allgemeinem Erloͤſchen der Begeiſte-
rung fuͤr die vorwaltenden Kunſtaufgaben, der florentiniſchen
Malerey, vor der Hand nur ein einziger Weg offen blieb, ſich
uͤber das Handwerksmaͤßige zu erheben; nehmlich ein froͤhli-
ches (freylich nicht ein pedantiſches) ſich Hingeben in den
Reiz der natuͤrlichen Erſcheinungen. Gluͤcklicher Weiſe bot
die Gegenwart ein ſchoͤnes und erfreuliches Volksleben, male-
riſche Bekleidungen, anziehende Charaktere, ein reizendes Land,
eine wohleingerichtete und wohlbelegene Stadt; es ward da-
her empfaͤnglichen Menſchen nicht ſchwer, aus einer ſo guͤn-
ſtigen Umgebung den mannichfaltigſten Gewinn zu ziehn.
Dieſes konnte dem ſchwachen Talente des Aleſſio Baldo-
vinetti (den Vaſari ſchon im Jahre 1448. doch ſicher viel zu
fruͤhe ſein Leben beſchließen laͤßt) wohl aus Unfaͤhigkeit, aber
den ſchaͤtzbaren Bildnern, doch maͤßigen Malern, Andrea del
Verocchio und Antonio del Pollajuolo wohl darum nicht ſo
ganz gelingen: weil ſie ſichtlich nicht mit Luſt und Feuer,
ſondern mit Bedacht und nur einſeitig den Eindruͤcken der ſie
umgebenden Natur ſich hingegeben. Es war den Bildnern,
um ſich auch maleriſch zu entwickeln, noch viel zu viel um
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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/286>, abgerufen am 22.11.2024.
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