Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

Vater; unten am Grunde s. Augustin und s. Franz, in einer
sehr ärmlichen Landschaft. Sollte Vasari *) dieses Bild be-
zeichnen, so ist es doch gewiß nicht ein Jugendwerk des Künst-
lers, wie er angiebt. Im Jahre 1456. war derselbe, wie
wir oben gesehn, einer der größesten Maler seiner Zeit; also
werden seine geringeren und schlechten Arbeiten in den florenti-
nischen Kirchen und Sammlungen, deren einige in die ehmals
solly'sche Sammlung kunsthistorischer Denkmale gelangt sind,
nothwendig in späteren Jahren beschafft worden seyn, wohin
auch die zunehmende, obwohl rohe Fertigkeit der Handhabung
zu verweisen scheint. Richa **) versichert, ich hoffe, aus guten
klösterlichen Quellen, das Halbrund, welches Cosimo im Vor-
hofe der ss. Nunziata gemalt hat, sey im Jahre 1476., also
etwa zwanzig Jahre nach der Lunette in s. Ambruogio gemalt
worden. Ist diese Angabe richtig, so bestätigt sie die ohnehin
unumstößliche Annahme, daß Cosimo mit den Jahren der
Manier sich hingegeben und den Anfrischungen seines künstle-
rischen Seyns durch entschlossene Hingebung in den Eindruck
natürlicher Erscheinungen und Bildungen mehr und mehr sich
entzogen habe. Denn auch hier begegnen wir, etwa mit Aus-
nahme der individuelleren Bildung des einen, bey Einkleidung

*) Vas. vita di Cosimo Rosselli -- "nella sua giovinezza fece
nella chiesa di Ambruogio etc."
**) Richa, l. c. To. VIII. p. 108. -- von der Aufnahme des
Hl. Fil. Benizzi in den Orden der Serviten: "questo fatto fu de-
lineato 1476. da Cosimo Rosselli pittore acanto alle finestre dell'
oratorio della stessa annunziata, come oggi si vede nel claustro
primo."
Auf einer Stufe der Kappelle, in welcher der Heilige
knieet und betet, stehet in gelber Farbe geschrieben: Cosimo Ros-
selli
;
doch entdeckte ich kein Jahr.

Vater; unten am Grunde ſ. Auguſtin und ſ. Franz, in einer
ſehr aͤrmlichen Landſchaft. Sollte Vaſari *) dieſes Bild be-
zeichnen, ſo iſt es doch gewiß nicht ein Jugendwerk des Kuͤnſt-
lers, wie er angiebt. Im Jahre 1456. war derſelbe, wie
wir oben geſehn, einer der groͤßeſten Maler ſeiner Zeit; alſo
werden ſeine geringeren und ſchlechten Arbeiten in den florenti-
niſchen Kirchen und Sammlungen, deren einige in die ehmals
ſolly’ſche Sammlung kunſthiſtoriſcher Denkmale gelangt ſind,
nothwendig in ſpaͤteren Jahren beſchafft worden ſeyn, wohin
auch die zunehmende, obwohl rohe Fertigkeit der Handhabung
zu verweiſen ſcheint. Richa **) verſichert, ich hoffe, aus guten
kloͤſterlichen Quellen, das Halbrund, welches Coſimo im Vor-
hofe der ſſ. Nunziata gemalt hat, ſey im Jahre 1476., alſo
etwa zwanzig Jahre nach der Lunette in ſ. Ambruogio gemalt
worden. Iſt dieſe Angabe richtig, ſo beſtaͤtigt ſie die ohnehin
unumſtoͤßliche Annahme, daß Coſimo mit den Jahren der
Manier ſich hingegeben und den Anfriſchungen ſeines kuͤnſtle-
riſchen Seyns durch entſchloſſene Hingebung in den Eindruck
natuͤrlicher Erſcheinungen und Bildungen mehr und mehr ſich
entzogen habe. Denn auch hier begegnen wir, etwa mit Aus-
nahme der individuelleren Bildung des einen, bey Einkleidung

*) Vas. vita di Coſimo Rosselli — „nella sua giovinezza fece
nella chiesa di Ambruogio etc.“
**) Richa, l. c. To. VIII. p. 108. — von der Aufnahme des
Hl. Fil. Benizzi in den Orden der Serviten: „questo fatto fu de-
lineato 1476. da Coſimo Rosselli pittore acanto alle finestre dell’
oratorio della stessa annunziata, come oggi si vede nel claustro
primo.“
Auf einer Stufe der Kappelle, in welcher der Heilige
knieet und betet, ſtehet in gelber Farbe geſchrieben: Coſimo Ros-
selli
;
doch entdeckte ich kein Jahr.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0285" n="267"/>
Vater; unten am Grunde &#x017F;. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118505114">Augu&#x017F;tin</persName> und &#x017F;. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118534963">Franz</persName>, in einer<lb/>
&#x017F;ehr a&#x0364;rmlichen Land&#x017F;chaft. Sollte <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118626213">Va&#x017F;ari</persName> <note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">Vas. vita di <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119404559">Co&#x017F;imo Rosselli</persName> &#x2014; &#x201E;nella sua giovinezza fece<lb/>
nella chiesa di <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118780492">Ambruogio</persName> etc.&#x201C;</hi></note> die&#x017F;es Bild be-<lb/>
zeichnen, &#x017F;o i&#x017F;t es doch gewiß nicht ein Jugendwerk des Ku&#x0364;n&#x017F;t-<lb/>
lers, wie er angiebt. Im Jahre 1456. war der&#x017F;elbe, wie<lb/>
wir oben ge&#x017F;ehn, einer der gro&#x0364;ße&#x017F;ten Maler &#x017F;einer Zeit; al&#x017F;o<lb/>
werden &#x017F;eine geringeren und &#x017F;chlechten Arbeiten in den florenti-<lb/>
ni&#x017F;chen Kirchen und Sammlungen, deren einige in die ehmals<lb/>
&#x017F;olly&#x2019;&#x017F;che Sammlung kun&#x017F;thi&#x017F;tori&#x017F;cher Denkmale gelangt &#x017F;ind,<lb/>
nothwendig in &#x017F;pa&#x0364;teren Jahren be&#x017F;chafft worden &#x017F;eyn, wohin<lb/>
auch die zunehmende, obwohl rohe Fertigkeit der Handhabung<lb/>
zu verwei&#x017F;en &#x017F;cheint. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/100323677">Richa</persName> <note place="foot" n="**)"><hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/100323677">Richa</persName>, l. c. To. VIII. p.</hi> 108. &#x2014; von der Aufnahme des<lb/>
Hl. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/131559893">Fil. Benizzi</persName></hi> in den Orden der Serviten: <hi rendition="#aq">&#x201E;questo fatto fu de-<lb/>
lineato 1476. da <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119404559">Co&#x017F;imo Rosselli</persName> pittore acanto alle finestre dell&#x2019;<lb/>
oratorio della stessa annunziata, come oggi si vede nel claustro<lb/>
primo.&#x201C;</hi> Auf einer Stufe der Kappelle, in welcher der Heilige<lb/>
knieet und betet, &#x017F;tehet in gelber Farbe ge&#x017F;chrieben: <hi rendition="#aq"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119404559">Co&#x017F;imo Ros-<lb/>
selli</persName>;</hi> doch entdeckte ich kein Jahr.</note> ver&#x017F;ichert, ich hoffe, aus guten<lb/>
klo&#x0364;&#x017F;terlichen Quellen, das Halbrund, welches <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119404559">Co&#x017F;imo</persName> im Vor-<lb/>
hofe der &#x017F;&#x017F;. Nunziata gemalt hat, &#x017F;ey im Jahre 1476., al&#x017F;o<lb/>
etwa zwanzig Jahre nach der Lunette in &#x017F;. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118780492">Ambruogio</persName> gemalt<lb/>
worden. I&#x017F;t die&#x017F;e Angabe richtig, &#x017F;o be&#x017F;ta&#x0364;tigt &#x017F;ie die ohnehin<lb/>
unum&#x017F;to&#x0364;ßliche Annahme, daß <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119404559">Co&#x017F;imo</persName> mit den Jahren der<lb/>
Manier &#x017F;ich hingegeben und den Anfri&#x017F;chungen &#x017F;eines ku&#x0364;n&#x017F;tle-<lb/>
ri&#x017F;chen Seyns durch ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Hingebung in den Eindruck<lb/>
natu&#x0364;rlicher Er&#x017F;cheinungen und Bildungen mehr und mehr &#x017F;ich<lb/>
entzogen habe. Denn auch hier begegnen wir, etwa mit Aus-<lb/>
nahme der individuelleren Bildung des einen, bey Einkleidung<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0285] Vater; unten am Grunde ſ. Auguſtin und ſ. Franz, in einer ſehr aͤrmlichen Landſchaft. Sollte Vaſari *) dieſes Bild be- zeichnen, ſo iſt es doch gewiß nicht ein Jugendwerk des Kuͤnſt- lers, wie er angiebt. Im Jahre 1456. war derſelbe, wie wir oben geſehn, einer der groͤßeſten Maler ſeiner Zeit; alſo werden ſeine geringeren und ſchlechten Arbeiten in den florenti- niſchen Kirchen und Sammlungen, deren einige in die ehmals ſolly’ſche Sammlung kunſthiſtoriſcher Denkmale gelangt ſind, nothwendig in ſpaͤteren Jahren beſchafft worden ſeyn, wohin auch die zunehmende, obwohl rohe Fertigkeit der Handhabung zu verweiſen ſcheint. Richa **) verſichert, ich hoffe, aus guten kloͤſterlichen Quellen, das Halbrund, welches Coſimo im Vor- hofe der ſſ. Nunziata gemalt hat, ſey im Jahre 1476., alſo etwa zwanzig Jahre nach der Lunette in ſ. Ambruogio gemalt worden. Iſt dieſe Angabe richtig, ſo beſtaͤtigt ſie die ohnehin unumſtoͤßliche Annahme, daß Coſimo mit den Jahren der Manier ſich hingegeben und den Anfriſchungen ſeines kuͤnſtle- riſchen Seyns durch entſchloſſene Hingebung in den Eindruck natuͤrlicher Erſcheinungen und Bildungen mehr und mehr ſich entzogen habe. Denn auch hier begegnen wir, etwa mit Aus- nahme der individuelleren Bildung des einen, bey Einkleidung *) Vas. vita di Coſimo Rosselli — „nella sua giovinezza fece nella chiesa di Ambruogio etc.“ **) Richa, l. c. To. VIII. p. 108. — von der Aufnahme des Hl. Fil. Benizzi in den Orden der Serviten: „questo fatto fu de- lineato 1476. da Coſimo Rosselli pittore acanto alle finestre dell’ oratorio della stessa annunziata, come oggi si vede nel claustro primo.“ Auf einer Stufe der Kappelle, in welcher der Heilige knieet und betet, ſtehet in gelber Farbe geſchrieben: Coſimo Ros- selli; doch entdeckte ich kein Jahr.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/285
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/285>, abgerufen am 17.05.2024.