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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827.

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liche Autorität des Vasari verlassen. Was dieser über das
Leben und den persönlichen Charakter des Künstlers gemeldet
hat, ohne seine Quelle anzuführen, möchte allerdings auf
mündlichen, leichtsinnig aufgefaßten Traditionen beruhen. Um
die Zeit, in welcher unser Künstler, nach dem Vasari, gelebt
hat, gab es einen florentinischen Bildner, oder Metallarbeiter,
welcher Tomaso di Bartolomeo hieß und vielleicht seines Aeuße-
ren willen, den Beynamen: Masaccio, *) erhalten hatte.
Verwechselte Vasari unseren Maler mit diesem Bildner? oder
hatte dieser Bildner, gleich dem Pollajuolo und Verocchio sich
auch in der Malerey versucht und seine bildnerischen Reflectio-
nen über die Erscheinungen der Beleuchtung auf die Malerey
übertragen wollen? Möge indeß dieser Maler derselbe Masac-
cio
seyn, den wir oben auch als Bildner kennen gelernt, oder
auch ein zweyter; möge er selbst einen andern Namen geführt
haben, wie es bey der geringen Gewähr der Angaben des
Vasari allerdings nicht ganz undenkbar ist: so bleibt doch so
viel gewiß, daß seine Arbeiten ungefähr in die Zeit einfallen,
welche Vasari denselben anweiset, und, in der Richtung, welche
ich bezeichnet habe, (weil sie noch ungewiß und im Einzelnen
mißlungen) nothwendig auch die frühesten Versuche sind.

Wenn es nun vor der Hand nicht wohl auszumachen
ist, in wiefern, was Vasari von den Lebensumständen unse-

*) Archiv. dell' op. del Duomo di Firenze, Alloghagioni.
1438. -- 75. fo. 51. (anno 1445. -- 1446. Febr.
28.) wird einem,
Maso di Bartholomeo, gemeinschaftlich mit anderen das eherne
Thor der Sacristey des flor. Domes verstiftet. Dieser Maso war
(S. fo. 72.) im J. 1461. (1462.) nicht mehr am Leben, und heißt in
den späteren Erwähnungen (das. fo. 73. a. t. und a. a. St.): Maso
di Bartholomeo
, detto Masaccio.
S. Belege IV. 3. ff.

liche Autoritaͤt des Vaſari verlaſſen. Was dieſer uͤber das
Leben und den perſoͤnlichen Charakter des Kuͤnſtlers gemeldet
hat, ohne ſeine Quelle anzufuͤhren, moͤchte allerdings auf
muͤndlichen, leichtſinnig aufgefaßten Traditionen beruhen. Um
die Zeit, in welcher unſer Kuͤnſtler, nach dem Vaſari, gelebt
hat, gab es einen florentiniſchen Bildner, oder Metallarbeiter,
welcher Tomaſo di Bartolomeo hieß und vielleicht ſeines Aeuße-
ren willen, den Beynamen: Maſaccio, *) erhalten hatte.
Verwechſelte Vaſari unſeren Maler mit dieſem Bildner? oder
hatte dieſer Bildner, gleich dem Pollajuolo und Verocchio ſich
auch in der Malerey verſucht und ſeine bildneriſchen Reflectio-
nen uͤber die Erſcheinungen der Beleuchtung auf die Malerey
uͤbertragen wollen? Moͤge indeß dieſer Maler derſelbe Maſac-
cio
ſeyn, den wir oben auch als Bildner kennen gelernt, oder
auch ein zweyter; moͤge er ſelbſt einen andern Namen gefuͤhrt
haben, wie es bey der geringen Gewaͤhr der Angaben des
Vaſari allerdings nicht ganz undenkbar iſt: ſo bleibt doch ſo
viel gewiß, daß ſeine Arbeiten ungefaͤhr in die Zeit einfallen,
welche Vaſari denſelben anweiſet, und, in der Richtung, welche
ich bezeichnet habe, (weil ſie noch ungewiß und im Einzelnen
mißlungen) nothwendig auch die fruͤheſten Verſuche ſind.

Wenn es nun vor der Hand nicht wohl auszumachen
iſt, in wiefern, was Vaſari von den Lebensumſtaͤnden unſe-

*) Archiv. dell’ op. del Duomo di Firenze, Alloghagioni.
1438. — 75. fo. 51. (anno 1445. — 1446. Febr.
28.) wird einem,
Maso di Bartholomeo, gemeinſchaftlich mit anderen das eherne
Thor der Sacriſtey des flor. Domes verſtiftet. Dieſer Maſo war
(S. fo. 72.) im J. 1461. (1462.) nicht mehr am Leben, und heißt in
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, detto Masaccio.
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[244/0262] liche Autoritaͤt des Vaſari verlaſſen. Was dieſer uͤber das Leben und den perſoͤnlichen Charakter des Kuͤnſtlers gemeldet hat, ohne ſeine Quelle anzufuͤhren, moͤchte allerdings auf muͤndlichen, leichtſinnig aufgefaßten Traditionen beruhen. Um die Zeit, in welcher unſer Kuͤnſtler, nach dem Vaſari, gelebt hat, gab es einen florentiniſchen Bildner, oder Metallarbeiter, welcher Tomaſo di Bartolomeo hieß und vielleicht ſeines Aeuße- ren willen, den Beynamen: Maſaccio, *) erhalten hatte. Verwechſelte Vaſari unſeren Maler mit dieſem Bildner? oder hatte dieſer Bildner, gleich dem Pollajuolo und Verocchio ſich auch in der Malerey verſucht und ſeine bildneriſchen Reflectio- nen uͤber die Erſcheinungen der Beleuchtung auf die Malerey uͤbertragen wollen? Moͤge indeß dieſer Maler derſelbe Maſac- cio ſeyn, den wir oben auch als Bildner kennen gelernt, oder auch ein zweyter; moͤge er ſelbſt einen andern Namen gefuͤhrt haben, wie es bey der geringen Gewaͤhr der Angaben des Vaſari allerdings nicht ganz undenkbar iſt: ſo bleibt doch ſo viel gewiß, daß ſeine Arbeiten ungefaͤhr in die Zeit einfallen, welche Vaſari denſelben anweiſet, und, in der Richtung, welche ich bezeichnet habe, (weil ſie noch ungewiß und im Einzelnen mißlungen) nothwendig auch die fruͤheſten Verſuche ſind. Wenn es nun vor der Hand nicht wohl auszumachen iſt, in wiefern, was Vaſari von den Lebensumſtaͤnden unſe- *) Archiv. dell’ op. del Duomo di Firenze, Alloghagioni. 1438. — 75. fo. 51. (anno 1445. — 1446. Febr. 28.) wird einem, Maso di Bartholomeo, gemeinſchaftlich mit anderen das eherne Thor der Sacriſtey des flor. Domes verſtiftet. Dieſer Maſo war (S. fo. 72.) im J. 1461. (1462.) nicht mehr am Leben, und heißt in den ſpaͤteren Erwaͤhnungen (daſ. fo. 73. a. t. und a. a. St.): Maso di Bartholomeo, detto Masaccio. S. Belege IV. 3. ff.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 2. Berlin u. a., 1827, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen02_1827/262>, abgerufen am 25.11.2024.