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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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waren. Die Zeitgenossen Giotto's, des berühmten Florenti-
ners, der wenigstens in der Bewegung der Figuren, und in der
Freyheit der Erfindung noch weiter vorgeschritten war, glaubten,
da auf so frühen Kunststufen auch der Beschauer mehr Phantasie
und Wärme hinzubringt, in seinen Werken das Leben, oder
wenigstens die Lebendigkeit selbst zu erblicken *). Diese war
das Maß, nach welchem der Werth der Kunstform schon da-
mals bestimmt wurde, wie es vollends aus Ghiberti's
Schrift hervorgeht, welcher in seinen Nachrichten über die
Werke des Giotto und Anderer Alles, was er in Bezug auf
die Darstellung lobt und billigt, mit der Naturgestalt und
mit den Werken der antiken Bildner vergleicht, welche ihm
nach einem richtigen Gefühle völlig übereinzustimmen schei-
nen **). Im funfzehnten Jahrhunderte stieg nun gar die
Begier, sich bedeutende und schöne Naturformen anzueignen,
eben bey den beachtenswerthesten Malern so hoch, daß nicht
selten, wie bey Domenico Ghirlandajo die eigentlichen
Gegenstände ihrer Darstellung sich ihrem Blicke entrückten,

was
*) Gio. Boccaccio, Dec. gior. 6. n. 5. von Giotto: -- "niuna
cosa da la Natura madre de tutte le cose -- che egli con lo stile
e con la penna, o col pennello non dipignesse si simile a quella,
che non simile anzi dessa paresse;
u. s. f." -- Villani, Gio, stor.
Fior. lib. XI. (ed. Torrent. Flor. 1554. p. 30.) ad. a. 1334. --
"Giotto --, il piu sovrano maestro stato in dipintura, che si tro-
vasse al suo tempo, e quegli, che piu trasse ogni figura ed atti
al naturale."
**) Lor. Ghiberti, trattato di scultura e pittura; Magliabecch.
classe XVII. palch. 1. No. 33. p. 7. a tergo -- Giotto -- areco
l'arte naturale con esso non uscendo dalle misure
-- und p. 9.
a tergo,
von einem deutschen Bildner, "perfetto -- al pari degli
statuarj antichi Greci." --

waren. Die Zeitgenoſſen Giotto’s, des beruͤhmten Florenti-
ners, der wenigſtens in der Bewegung der Figuren, und in der
Freyheit der Erfindung noch weiter vorgeſchritten war, glaubten,
da auf ſo fruͤhen Kunſtſtufen auch der Beſchauer mehr Phantaſie
und Waͤrme hinzubringt, in ſeinen Werken das Leben, oder
wenigſtens die Lebendigkeit ſelbſt zu erblicken *). Dieſe war
das Maß, nach welchem der Werth der Kunſtform ſchon da-
mals beſtimmt wurde, wie es vollends aus Ghiberti’s
Schrift hervorgeht, welcher in ſeinen Nachrichten uͤber die
Werke des Giotto und Anderer Alles, was er in Bezug auf
die Darſtellung lobt und billigt, mit der Naturgeſtalt und
mit den Werken der antiken Bildner vergleicht, welche ihm
nach einem richtigen Gefuͤhle voͤllig uͤbereinzuſtimmen ſchei-
nen **). Im funfzehnten Jahrhunderte ſtieg nun gar die
Begier, ſich bedeutende und ſchoͤne Naturformen anzueignen,
eben bey den beachtenswertheſten Malern ſo hoch, daß nicht
ſelten, wie bey Domenico Ghirlandajo die eigentlichen
Gegenſtaͤnde ihrer Darſtellung ſich ihrem Blicke entruͤckten,

was
*) Gio. Boccaccio, Dec. gior. 6. n. 5. von Giotto: — „niuna
cosa dà la Natura madre de tutte le cose — che egli con lo stile
e con la penna, o col pennello non dipignesse sì simile a quella,
che non simile anzi déssa paresse;
u. ſ. f.” — Villani, Gio, stor.
Fior. lib. XI. (ed. Torrent. Flor. 1554. p. 30.) ad. a. 1334. —
Giotto —, il più sovrano maestro stato in dipintura, che si tro-
vasse al suo tempo, e quegli, che più trasse ogni figura ed atti
al naturale.”
**) Lor. Ghiberti, trattato di scultura e pittura; Magliabecch.
classe XVII. palch. 1. No. 33. p. 7. a tergo — Giotto — arecò
l’arte naturale con esso non uscendo dalle misure
— und p. 9.
a tergo,
von einem deutſchen Bildner, „perfetto — al pari degli
statuarj antichi Greci.” —
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[32/0050] waren. Die Zeitgenoſſen Giotto’s, des beruͤhmten Florenti- ners, der wenigſtens in der Bewegung der Figuren, und in der Freyheit der Erfindung noch weiter vorgeſchritten war, glaubten, da auf ſo fruͤhen Kunſtſtufen auch der Beſchauer mehr Phantaſie und Waͤrme hinzubringt, in ſeinen Werken das Leben, oder wenigſtens die Lebendigkeit ſelbſt zu erblicken *). Dieſe war das Maß, nach welchem der Werth der Kunſtform ſchon da- mals beſtimmt wurde, wie es vollends aus Ghiberti’s Schrift hervorgeht, welcher in ſeinen Nachrichten uͤber die Werke des Giotto und Anderer Alles, was er in Bezug auf die Darſtellung lobt und billigt, mit der Naturgeſtalt und mit den Werken der antiken Bildner vergleicht, welche ihm nach einem richtigen Gefuͤhle voͤllig uͤbereinzuſtimmen ſchei- nen **). Im funfzehnten Jahrhunderte ſtieg nun gar die Begier, ſich bedeutende und ſchoͤne Naturformen anzueignen, eben bey den beachtenswertheſten Malern ſo hoch, daß nicht ſelten, wie bey Domenico Ghirlandajo die eigentlichen Gegenſtaͤnde ihrer Darſtellung ſich ihrem Blicke entruͤckten, was *) Gio. Boccaccio, Dec. gior. 6. n. 5. von Giotto: — „niuna cosa dà la Natura madre de tutte le cose — che egli con lo stile e con la penna, o col pennello non dipignesse sì simile a quella, che non simile anzi déssa paresse; u. ſ. f.” — Villani, Gio, stor. Fior. lib. XI. (ed. Torrent. Flor. 1554. p. 30.) ad. a. 1334. — „Giotto —, il più sovrano maestro stato in dipintura, che si tro- vasse al suo tempo, e quegli, che più trasse ogni figura ed atti al naturale.” **) Lor. Ghiberti, trattato di scultura e pittura; Magliabecch. classe XVII. palch. 1. No. 33. p. 7. a tergo — Giotto — arecò l’arte naturale con esso non uscendo dalle misure — und p. 9. a tergo, von einem deutſchen Bildner, „perfetto — al pari degli statuarj antichi Greci.” —

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/50>, abgerufen am 28.03.2024.