ser Codex im zehnten oder eilften Jahrhundert geschrieben zu seyn. Die Miniaturen zu Anfang sind unglaublich unförm- lich; die Jungfrau vornehmlich ist auffallend ungestalt und roh behandelt. Was an altchristlichen Gewandmotiven aufge- nommen worden, ist durcheinander geworfen und gänzlich miß- verstanden. Aehnliche Miniaturen, deren Alter mehr und minder mit Sicherheit anzugeben, finden sich überall in den Bibliotheken Italiens, und wahrscheinlich, wenn man sie su- chen wollte, auch in einigen der größeren Sammlungen dies- seit der Berge. Z. B. in der Bibl. der Sapienza zu Siena, No. 1 und 2 der chronologischen Sammlung miniirter HSS. Die erste, s. Augustin. in Ev. fo. m., enthält acquarellirte Anfangsbuchstaben, unter denen in c. Serm. XIII. ein Rund mit Köpfen von äußerster Rohigkeit; die zweyte, Antiphona- rium, hat einfachere Verzierungen, darin Figuren von etwa vier Kopflängen. Diese Kritzeleyen sind schwerlich das Beste ihrer Zeit, stimmen indeß zum Tone ihrer Zeit. Vgl. v. d. Hagen im a. B. Bd. III. S. 251 ff. über Bibl. u. Archiv des Klosters la Cava.
5) In der bereits angeführten Kirche S. Praxedis, welche Paschal I., wie schon erwähnt, neu gebauet hat, befinden sich einige Malereyen, welche offenbar jünger und roher sind, als jene Musive dess. Papstes, doch als minder barbarisch in Be- kleidungen und Beywerken, älter zu seyn scheinen, als das angeführte Musaik in S. Francesca Romana. Diese bestehen, zunächst in dem Musive der kleinen Nische der Kapelle des heil. Paul, worin die Madonna mit dem Kinde, zu beiden Seiten die Hll. Praxedis und Pudentiana. Das lateinische Monogramm im Felde, aufgelöst: Maria, Christi mater, ist wegen seiner Seltenheit bemerkenswerth; zugleich bestätigt
ſer Codex im zehnten oder eilften Jahrhundert geſchrieben zu ſeyn. Die Miniaturen zu Anfang ſind unglaublich unfoͤrm- lich; die Jungfrau vornehmlich iſt auffallend ungeſtalt und roh behandelt. Was an altchriſtlichen Gewandmotiven aufge- nommen worden, iſt durcheinander geworfen und gaͤnzlich miß- verſtanden. Aehnliche Miniaturen, deren Alter mehr und minder mit Sicherheit anzugeben, finden ſich uͤberall in den Bibliotheken Italiens, und wahrſcheinlich, wenn man ſie ſu- chen wollte, auch in einigen der groͤßeren Sammlungen dieſ- ſeit der Berge. Z. B. in der Bibl. der Sapienza zu Siena, No. 1 und 2 der chronologiſchen Sammlung miniirter HSS. Die erſte, ſ. Augustin. in Ev. fo. m., enthaͤlt acquarellirte Anfangsbuchſtaben, unter denen in c. Serm. XIII. ein Rund mit Koͤpfen von aͤußerſter Rohigkeit; die zweyte, Antiphona- rium, hat einfachere Verzierungen, darin Figuren von etwa vier Kopflaͤngen. Dieſe Kritzeleyen ſind ſchwerlich das Beſte ihrer Zeit, ſtimmen indeß zum Tone ihrer Zeit. Vgl. v. d. Hagen im a. B. Bd. III. S. 251 ff. uͤber Bibl. u. Archiv des Kloſters la Cava.
5) In der bereits angefuͤhrten Kirche S. Praxedis, welche Paſchal I., wie ſchon erwaͤhnt, neu gebauet hat, befinden ſich einige Malereyen, welche offenbar juͤnger und roher ſind, als jene Muſive deſſ. Papſtes, doch als minder barbariſch in Be- kleidungen und Beywerken, aͤlter zu ſeyn ſcheinen, als das angefuͤhrte Muſaik in S. Francesca Romana. Dieſe beſtehen, zunaͤchſt in dem Muſive der kleinen Niſche der Kapelle des heil. Paul, worin die Madonna mit dem Kinde, zu beiden Seiten die Hll. Praxedis und Pudentiana. Das lateiniſche Monogramm im Felde, aufgeloͤſt: Maria, Christi mater, iſt wegen ſeiner Seltenheit bemerkenswerth; zugleich beſtaͤtigt
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0264"n="246"/>ſer Codex im zehnten oder eilften Jahrhundert geſchrieben zu<lb/>ſeyn. Die Miniaturen zu Anfang ſind unglaublich unfoͤrm-<lb/>
lich; die Jungfrau vornehmlich iſt auffallend ungeſtalt und<lb/>
roh behandelt. Was an altchriſtlichen Gewandmotiven aufge-<lb/>
nommen worden, iſt durcheinander geworfen und gaͤnzlich miß-<lb/>
verſtanden. Aehnliche Miniaturen, deren Alter mehr und<lb/>
minder mit Sicherheit anzugeben, finden ſich uͤberall in den<lb/>
Bibliotheken <placeName>Italiens</placeName>, und wahrſcheinlich, wenn man ſie ſu-<lb/>
chen wollte, auch in einigen der groͤßeren Sammlungen dieſ-<lb/>ſeit der Berge. Z. B. in der Bibl. der Sapienza zu <placeName>Siena</placeName>,<lb/>
No. 1 und 2 der chronologiſchen Sammlung miniirter HSS.<lb/>
Die erſte, ſ. <hirendition="#aq"><hirendition="#g">Augustin</hi>. in Ev. fo. m.,</hi> enthaͤlt acquarellirte<lb/>
Anfangsbuchſtaben, unter denen in <hirendition="#aq">c. Serm. XIII.</hi> ein Rund<lb/>
mit Koͤpfen von aͤußerſter Rohigkeit; die zweyte, <hirendition="#aq">Antiphona-<lb/>
rium,</hi> hat einfachere Verzierungen, darin Figuren von etwa<lb/>
vier Kopflaͤngen. Dieſe Kritzeleyen ſind ſchwerlich das Beſte<lb/>
ihrer Zeit, ſtimmen indeß zum Tone ihrer Zeit. Vgl. <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118829130">v. d.<lb/><hirendition="#g">Hagen</hi></persName> im a. B. Bd. <hirendition="#aq">III.</hi> S. 251 ff. uͤber Bibl. u. Archiv<lb/>
des Kloſters la Cava.</p><lb/><p>5) In der bereits angefuͤhrten Kirche S. Praxedis, welche<lb/><persNameref="http://d-nb.info/gnd/100957021">Paſchal <hirendition="#aq">I.</hi></persName>, wie ſchon erwaͤhnt, neu gebauet hat, befinden ſich<lb/>
einige Malereyen, welche offenbar juͤnger und roher ſind, als<lb/>
jene Muſive deſſ. Papſtes, doch als minder barbariſch in Be-<lb/>
kleidungen und Beywerken, aͤlter zu ſeyn ſcheinen, als das<lb/>
angefuͤhrte Muſaik in S. Francesca Romana. Dieſe beſtehen,<lb/>
zunaͤchſt in dem Muſive der kleinen Niſche der Kapelle des<lb/>
heil. Paul, worin die Madonna mit dem Kinde, zu beiden<lb/>
Seiten die Hll. Praxedis und Pudentiana. Das lateiniſche<lb/>
Monogramm im Felde, aufgeloͤſt: <hirendition="#aq">Maria, Christi mater,</hi><lb/>
iſt wegen ſeiner Seltenheit bemerkenswerth; zugleich beſtaͤtigt<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[246/0264]
ſer Codex im zehnten oder eilften Jahrhundert geſchrieben zu
ſeyn. Die Miniaturen zu Anfang ſind unglaublich unfoͤrm-
lich; die Jungfrau vornehmlich iſt auffallend ungeſtalt und
roh behandelt. Was an altchriſtlichen Gewandmotiven aufge-
nommen worden, iſt durcheinander geworfen und gaͤnzlich miß-
verſtanden. Aehnliche Miniaturen, deren Alter mehr und
minder mit Sicherheit anzugeben, finden ſich uͤberall in den
Bibliotheken Italiens, und wahrſcheinlich, wenn man ſie ſu-
chen wollte, auch in einigen der groͤßeren Sammlungen dieſ-
ſeit der Berge. Z. B. in der Bibl. der Sapienza zu Siena,
No. 1 und 2 der chronologiſchen Sammlung miniirter HSS.
Die erſte, ſ. Augustin. in Ev. fo. m., enthaͤlt acquarellirte
Anfangsbuchſtaben, unter denen in c. Serm. XIII. ein Rund
mit Koͤpfen von aͤußerſter Rohigkeit; die zweyte, Antiphona-
rium, hat einfachere Verzierungen, darin Figuren von etwa
vier Kopflaͤngen. Dieſe Kritzeleyen ſind ſchwerlich das Beſte
ihrer Zeit, ſtimmen indeß zum Tone ihrer Zeit. Vgl. v. d.
Hagen im a. B. Bd. III. S. 251 ff. uͤber Bibl. u. Archiv
des Kloſters la Cava.
5) In der bereits angefuͤhrten Kirche S. Praxedis, welche
Paſchal I., wie ſchon erwaͤhnt, neu gebauet hat, befinden ſich
einige Malereyen, welche offenbar juͤnger und roher ſind, als
jene Muſive deſſ. Papſtes, doch als minder barbariſch in Be-
kleidungen und Beywerken, aͤlter zu ſeyn ſcheinen, als das
angefuͤhrte Muſaik in S. Francesca Romana. Dieſe beſtehen,
zunaͤchſt in dem Muſive der kleinen Niſche der Kapelle des
heil. Paul, worin die Madonna mit dem Kinde, zu beiden
Seiten die Hll. Praxedis und Pudentiana. Das lateiniſche
Monogramm im Felde, aufgeloͤſt: Maria, Christi mater,
iſt wegen ſeiner Seltenheit bemerkenswerth; zugleich beſtaͤtigt
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/264>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.