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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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unaufhaltsamen Verfalle der Bildung der alten Welt als be-
kannt voraus. Denn die Untersuchungen neuerer Forscher ha-
ben allgemach eine verbreitete Anerkennung der Milde und
Schonung herbeygeführt, welche die Gothen, vornehmlich un-
ter Theodorich, doch auch noch unter den späteren Regierun-
gen, den schwachen Ueberresten römischer Bildung und Sitte
bewiesen *).

Die Kunstbestrebungen der älteren Christen, die classisch
alterthümlichen, hatten ja ohnehin längst aufgehört, erlitten
demnach während der gothischen Herrschaft über Italien durch-
aus keine Hemmungen, noch erhielten sie, wie man vormals
gewähnt, eine neue oder ganz verschiedene Richtung. Im Ge-
gentheil ward die Musivmalerey eben in der Richtung, welche
wir oben im Ganzen übersehen haben, mit Erfolg und Eifer
fortgeübt, und, wenn wir einigen Berichten so unbedingt
trauen könnten, so wäre sogar die Bildnerey, deren gänzliche
Abnahme seit der Mitte des vierten Jahrhunderts schon
in Erinnerung gekommen, in dieser Zeit von neuem in etwas
vorgeschritten.

Ein Vertrag des Theodahat bey Procop **) setzt den
Gebrauch voraus, den gothischen Königen und ihren Oberher-
ren, den oströmischen Kaisern ***), Denksäulen zu errichten;

*) S. Muratori, autt. Ital. Diss. I.; Tiraboschi, sto. della
lett. It. To. V
. -- Gibbon jedoch, dem die griechischen Quellen
zugänglicher waren, der über Geschmack und Sitte nicht, wie jene,
durch den höfischen Cassiodor geblendet wurde, faßte anderer-
seits, als Britte, den militärisch-politischen Geist der Verwaltung
Theodorichs ungleich schärfer ins Auge. Vgl. unseres Sarto-
rius
Preisschrift.
**) De bello Goth. lib. V. cap. VII.
***) Diesen wurde, obwohl sparsam, doch immer auch noch

unaufhaltſamen Verfalle der Bildung der alten Welt als be-
kannt voraus. Denn die Unterſuchungen neuerer Forſcher ha-
ben allgemach eine verbreitete Anerkennung der Milde und
Schonung herbeygefuͤhrt, welche die Gothen, vornehmlich un-
ter Theodorich, doch auch noch unter den ſpaͤteren Regierun-
gen, den ſchwachen Ueberreſten roͤmiſcher Bildung und Sitte
bewieſen *).

Die Kunſtbeſtrebungen der aͤlteren Chriſten, die claſſiſch
alterthuͤmlichen, hatten ja ohnehin laͤngſt aufgehoͤrt, erlitten
demnach waͤhrend der gothiſchen Herrſchaft uͤber Italien durch-
aus keine Hemmungen, noch erhielten ſie, wie man vormals
gewaͤhnt, eine neue oder ganz verſchiedene Richtung. Im Ge-
gentheil ward die Muſivmalerey eben in der Richtung, welche
wir oben im Ganzen uͤberſehen haben, mit Erfolg und Eifer
fortgeuͤbt, und, wenn wir einigen Berichten ſo unbedingt
trauen koͤnnten, ſo waͤre ſogar die Bildnerey, deren gaͤnzliche
Abnahme ſeit der Mitte des vierten Jahrhunderts ſchon
in Erinnerung gekommen, in dieſer Zeit von neuem in etwas
vorgeſchritten.

Ein Vertrag des Theodahat bey Procop **) ſetzt den
Gebrauch voraus, den gothiſchen Koͤnigen und ihren Oberher-
ren, den oſtroͤmiſchen Kaiſern ***), Denkſaͤulen zu errichten;

*) S. Muratori, autt. Ital. Diss. I.; Tiraboschi, sto. della
lett. It. To. V
. — Gibbon jedoch, dem die griechiſchen Quellen
zugaͤnglicher waren, der uͤber Geſchmack und Sitte nicht, wie jene,
durch den hoͤfiſchen Caſſiodor geblendet wurde, faßte anderer-
ſeits, als Britte, den militaͤriſch-politiſchen Geiſt der Verwaltung
Theodorichs ungleich ſchaͤrfer ins Auge. Vgl. unſeres Sarto-
rius
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[181/0199] unaufhaltſamen Verfalle der Bildung der alten Welt als be- kannt voraus. Denn die Unterſuchungen neuerer Forſcher ha- ben allgemach eine verbreitete Anerkennung der Milde und Schonung herbeygefuͤhrt, welche die Gothen, vornehmlich un- ter Theodorich, doch auch noch unter den ſpaͤteren Regierun- gen, den ſchwachen Ueberreſten roͤmiſcher Bildung und Sitte bewieſen *). Die Kunſtbeſtrebungen der aͤlteren Chriſten, die claſſiſch alterthuͤmlichen, hatten ja ohnehin laͤngſt aufgehoͤrt, erlitten demnach waͤhrend der gothiſchen Herrſchaft uͤber Italien durch- aus keine Hemmungen, noch erhielten ſie, wie man vormals gewaͤhnt, eine neue oder ganz verſchiedene Richtung. Im Ge- gentheil ward die Muſivmalerey eben in der Richtung, welche wir oben im Ganzen uͤberſehen haben, mit Erfolg und Eifer fortgeuͤbt, und, wenn wir einigen Berichten ſo unbedingt trauen koͤnnten, ſo waͤre ſogar die Bildnerey, deren gaͤnzliche Abnahme ſeit der Mitte des vierten Jahrhunderts ſchon in Erinnerung gekommen, in dieſer Zeit von neuem in etwas vorgeſchritten. Ein Vertrag des Theodahat bey Procop **) ſetzt den Gebrauch voraus, den gothiſchen Koͤnigen und ihren Oberher- ren, den oſtroͤmiſchen Kaiſern ***), Denkſaͤulen zu errichten; *) S. Muratori, autt. Ital. Diss. I.; Tiraboschi, sto. della lett. It. To. V. — Gibbon jedoch, dem die griechiſchen Quellen zugaͤnglicher waren, der uͤber Geſchmack und Sitte nicht, wie jene, durch den hoͤfiſchen Caſſiodor geblendet wurde, faßte anderer- ſeits, als Britte, den militaͤriſch-politiſchen Geiſt der Verwaltung Theodorichs ungleich ſchaͤrfer ins Auge. Vgl. unſeres Sarto- rius Preisſchrift. **) De bello Goth. lib. V. cap. VII. ***) Dieſen wurde, obwohl ſparſam, doch immer auch noch

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/199>, abgerufen am 22.11.2024.