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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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ten; vielleicht auch sank die Kunst zu Rom, nachdem der Hof
nach Ravenna gezogen; wahrscheinlich indeß ward die Bildne-
rey durch das neu erwachende Interesse an malerischen, vor-
nehmlich musivischen Darstellungen, für den Augenblick zu-
rück gedrängt.

Die hohe technische Ausbildung, welche die Musivmale-
rey schon im classischen Alterthume erlangt hatte, läßt vermu-
then, daß die Maler christlicher Gegenstände schon früh sich
dieser Kunstart bedient haben; und nicht minder, daß die frü-
hesten Versuche technisch auch die besten waren. In so weit,
als das beschädigte und stark wieder hergestellte Christusprofil
im christlichen Museo der Vaticana historischen Glauben ver-
dient, scheint es zu den ältesten Beyspielen seiner Art zu ge-
hören, und mehr Geschicklichkeit und mehr Kenntniß der na-
türlichen Typen zu verrathen, als der größere Theil der zu
Rom und Ravenna erhaltenen Kirchenzierden derselben Kunst-
art. Indeß ward die musivische Malerey erst um das fünfte
Jahrhundert durch Errichtung prachtvoller Basiliken begünstigt,
deren viele zu Rom und Ravenna bis auf unsere Zeiten sich
erhalten haben *). Die großen Mauerflächen und weitge-

*) Ueber die Menge und Größe solcher Unternehmungen wäh-
rend des fünften und sechsten Jahrhunderts ertheilen uns verschie-
dene Schriftsteller derselben, oder doch nur um wenig späteren Zeit
ziemlich umständliche Nachrichten. Procop. de aedif. Justiniani.
Venet. 1729; Agnelli, liber pontificalis (To. II scriptt. rer. Ital.).
P. 1; Anast. bibl. ib. To. III.
durchhin. -- Sogar im mittleren
Frankreich ward nach Einwanderung der Westgothen und Burgun-
dionen noch immer manche prächtige Basilika erbaut; s. Gregor.
Tur. hist. Franc. (To. I. scriptt. h. Franc. op. Du Chesne) lib. II.
No. XIV -- XVI
. -- Ueberall aber, hier wie dort, werden musivi-
sche Wandverzierungen angeführt, welche, wenigstens in Italien,

ten; vielleicht auch ſank die Kunſt zu Rom, nachdem der Hof
nach Ravenna gezogen; wahrſcheinlich indeß ward die Bildne-
rey durch das neu erwachende Intereſſe an maleriſchen, vor-
nehmlich muſiviſchen Darſtellungen, fuͤr den Augenblick zu-
ruͤck gedraͤngt.

Die hohe techniſche Ausbildung, welche die Muſivmale-
rey ſchon im claſſiſchen Alterthume erlangt hatte, laͤßt vermu-
then, daß die Maler chriſtlicher Gegenſtaͤnde ſchon fruͤh ſich
dieſer Kunſtart bedient haben; und nicht minder, daß die fruͤ-
heſten Verſuche techniſch auch die beſten waren. In ſo weit,
als das beſchaͤdigte und ſtark wieder hergeſtellte Chriſtusprofil
im chriſtlichen Muſeo der Vaticana hiſtoriſchen Glauben ver-
dient, ſcheint es zu den aͤlteſten Beyſpielen ſeiner Art zu ge-
hoͤren, und mehr Geſchicklichkeit und mehr Kenntniß der na-
tuͤrlichen Typen zu verrathen, als der groͤßere Theil der zu
Rom und Ravenna erhaltenen Kirchenzierden derſelben Kunſt-
art. Indeß ward die muſiviſche Malerey erſt um das fuͤnfte
Jahrhundert durch Errichtung prachtvoller Baſiliken beguͤnſtigt,
deren viele zu Rom und Ravenna bis auf unſere Zeiten ſich
erhalten haben *). Die großen Mauerflaͤchen und weitge-

*) Ueber die Menge und Groͤße ſolcher Unternehmungen waͤh-
rend des fuͤnften und ſechsten Jahrhunderts ertheilen uns verſchie-
dene Schriftſteller derſelben, oder doch nur um wenig ſpaͤteren Zeit
ziemlich umſtaͤndliche Nachrichten. Procop. de aedif. Justiniani.
Venet. 1729; Agnelli, liber pontificalis (To. II scriptt. rer. Ital.).
P. 1; Anast. bibl. ib. To. III.
durchhin. — Sogar im mittleren
Frankreich ward nach Einwanderung der Weſtgothen und Burgun-
dionen noch immer manche praͤchtige Baſilika erbaut; ſ. Gregor.
Tur. hist. Franc. (To. I. scriptt. h. Franc. op. Du Chesne) lib. II.
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[170/0188] ten; vielleicht auch ſank die Kunſt zu Rom, nachdem der Hof nach Ravenna gezogen; wahrſcheinlich indeß ward die Bildne- rey durch das neu erwachende Intereſſe an maleriſchen, vor- nehmlich muſiviſchen Darſtellungen, fuͤr den Augenblick zu- ruͤck gedraͤngt. Die hohe techniſche Ausbildung, welche die Muſivmale- rey ſchon im claſſiſchen Alterthume erlangt hatte, laͤßt vermu- then, daß die Maler chriſtlicher Gegenſtaͤnde ſchon fruͤh ſich dieſer Kunſtart bedient haben; und nicht minder, daß die fruͤ- heſten Verſuche techniſch auch die beſten waren. In ſo weit, als das beſchaͤdigte und ſtark wieder hergeſtellte Chriſtusprofil im chriſtlichen Muſeo der Vaticana hiſtoriſchen Glauben ver- dient, ſcheint es zu den aͤlteſten Beyſpielen ſeiner Art zu ge- hoͤren, und mehr Geſchicklichkeit und mehr Kenntniß der na- tuͤrlichen Typen zu verrathen, als der groͤßere Theil der zu Rom und Ravenna erhaltenen Kirchenzierden derſelben Kunſt- art. Indeß ward die muſiviſche Malerey erſt um das fuͤnfte Jahrhundert durch Errichtung prachtvoller Baſiliken beguͤnſtigt, deren viele zu Rom und Ravenna bis auf unſere Zeiten ſich erhalten haben *). Die großen Mauerflaͤchen und weitge- *) Ueber die Menge und Groͤße ſolcher Unternehmungen waͤh- rend des fuͤnften und ſechsten Jahrhunderts ertheilen uns verſchie- dene Schriftſteller derſelben, oder doch nur um wenig ſpaͤteren Zeit ziemlich umſtaͤndliche Nachrichten. Procop. de aedif. Justiniani. Venet. 1729; Agnelli, liber pontificalis (To. II scriptt. rer. Ital.). P. 1; Anast. bibl. ib. To. III. durchhin. — Sogar im mittleren Frankreich ward nach Einwanderung der Weſtgothen und Burgun- dionen noch immer manche praͤchtige Baſilika erbaut; ſ. Gregor. Tur. hist. Franc. (To. I. scriptt. h. Franc. op. Du Chesne) lib. II. No. XIV — XVI. — Ueberall aber, hier wie dort, werden muſivi- ſche Wandverzierungen angefuͤhrt, welche, wenigſtens in Italien,

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/188>, abgerufen am 24.11.2024.