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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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sprengten Gewölbe, welche das Innere dieser Gebäude darbot,
gewährten damals zuerst Gelegenheit, die Malerey in der
Versinnlichung sittlicher und göttlicher Hoheit, durch eine
schreckhafte Größe zu unterstützen; hierdurch wiederum wurde
die Kunst sowohl veranlaßt, als erfähigt, mehr und mehr von
der Andeutung zur wirklichen Darstellung, von willkührlichen
Zeichen zu solchen Charakteren überzugehen, deren Bedeutung
nach einem allgemeinen Naturgesetze, und ohne vorangehende
Uebertragung in Begriffe, der Anschauung selbst unmittel-
bar einleuchtet.

Freilich giebt es in den Darstellungen der musivischen
Epoche sehr Vieles, so in ein weit höheres Alterthum, viel-
leicht bis in die ersten Jahrhunderte des Christenthumes zu-
rück verweiset. Der Heiland, die Apostel und die Propheten
erscheinen darin jederzeit in streng alterthümlicher Bekleidung,
in langer Tunica mit übergeschlagenem Pallium, in nackten,
durch Sandalen geschützten Füßen; neuere Heilige dagegen in
reichen und barbarischen Trachten, die Füße aber durchhin be-
kleidet *). Auch scheint es nicht ohne äußere Veranlassung,

an vielen Stellen sich erhalten haben. Die ältesten unterscheiden
sich durch größere Annäherung an Förmlichkeiten der classischen
Kunst. So zu Rom in S. Maria maggiore die freilich sehr be-
schädigten Musive des Mittelschiffes über den Säulen; und das
halb versenkte, doch wohl etwas neuere, der Tribune von S. Pu-
dentiana. Wären die Musive des großen Bogens der jetzt abge-
brannten Paulskirche zu Rom nicht, wie aus Ciampini's älte-
ren Abbildungen zu ersehen, sehr stark restaurirt, so würden wir
schließen müssen, daß diese Kunst, wenigstens zu Rom, um Theo-
dosius des Großen
Zeit zurück geschritten sey, später sich wiederum
gehoben habe.
*) So in einem der besten musivischen Gemälde der römischen

ſprengten Gewoͤlbe, welche das Innere dieſer Gebaͤude darbot,
gewaͤhrten damals zuerſt Gelegenheit, die Malerey in der
Verſinnlichung ſittlicher und goͤttlicher Hoheit, durch eine
ſchreckhafte Groͤße zu unterſtuͤtzen; hierdurch wiederum wurde
die Kunſt ſowohl veranlaßt, als erfaͤhigt, mehr und mehr von
der Andeutung zur wirklichen Darſtellung, von willkuͤhrlichen
Zeichen zu ſolchen Charakteren uͤberzugehen, deren Bedeutung
nach einem allgemeinen Naturgeſetze, und ohne vorangehende
Uebertragung in Begriffe, der Anſchauung ſelbſt unmittel-
bar einleuchtet.

Freilich giebt es in den Darſtellungen der muſiviſchen
Epoche ſehr Vieles, ſo in ein weit hoͤheres Alterthum, viel-
leicht bis in die erſten Jahrhunderte des Chriſtenthumes zu-
ruͤck verweiſet. Der Heiland, die Apoſtel und die Propheten
erſcheinen darin jederzeit in ſtreng alterthuͤmlicher Bekleidung,
in langer Tunica mit uͤbergeſchlagenem Pallium, in nackten,
durch Sandalen geſchuͤtzten Fuͤßen; neuere Heilige dagegen in
reichen und barbariſchen Trachten, die Fuͤße aber durchhin be-
kleidet *). Auch ſcheint es nicht ohne aͤußere Veranlaſſung,

an vielen Stellen ſich erhalten haben. Die aͤlteſten unterſcheiden
ſich durch groͤßere Annaͤherung an Foͤrmlichkeiten der claſſiſchen
Kunſt. So zu Rom in S. Maria maggiore die freilich ſehr be-
ſchaͤdigten Muſive des Mittelſchiffes uͤber den Saͤulen; und das
halb verſenkte, doch wohl etwas neuere, der Tribune von S. Pu-
dentiana. Waͤren die Muſive des großen Bogens der jetzt abge-
brannten Paulskirche zu Rom nicht, wie aus Ciampini’s aͤlte-
ren Abbildungen zu erſehen, ſehr ſtark reſtaurirt, ſo wuͤrden wir
ſchließen muͤſſen, daß dieſe Kunſt, wenigſtens zu Rom, um Theo-
doſius des Großen
Zeit zuruͤck geſchritten ſey, ſpaͤter ſich wiederum
gehoben habe.
*) So in einem der beſten muſiviſchen Gemaͤlde der roͤmiſchen
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[171/0189] ſprengten Gewoͤlbe, welche das Innere dieſer Gebaͤude darbot, gewaͤhrten damals zuerſt Gelegenheit, die Malerey in der Verſinnlichung ſittlicher und goͤttlicher Hoheit, durch eine ſchreckhafte Groͤße zu unterſtuͤtzen; hierdurch wiederum wurde die Kunſt ſowohl veranlaßt, als erfaͤhigt, mehr und mehr von der Andeutung zur wirklichen Darſtellung, von willkuͤhrlichen Zeichen zu ſolchen Charakteren uͤberzugehen, deren Bedeutung nach einem allgemeinen Naturgeſetze, und ohne vorangehende Uebertragung in Begriffe, der Anſchauung ſelbſt unmittel- bar einleuchtet. Freilich giebt es in den Darſtellungen der muſiviſchen Epoche ſehr Vieles, ſo in ein weit hoͤheres Alterthum, viel- leicht bis in die erſten Jahrhunderte des Chriſtenthumes zu- ruͤck verweiſet. Der Heiland, die Apoſtel und die Propheten erſcheinen darin jederzeit in ſtreng alterthuͤmlicher Bekleidung, in langer Tunica mit uͤbergeſchlagenem Pallium, in nackten, durch Sandalen geſchuͤtzten Fuͤßen; neuere Heilige dagegen in reichen und barbariſchen Trachten, die Fuͤße aber durchhin be- kleidet *). Auch ſcheint es nicht ohne aͤußere Veranlaſſung, *) *) So in einem der beſten muſiviſchen Gemaͤlde der roͤmiſchen *) an vielen Stellen ſich erhalten haben. Die aͤlteſten unterſcheiden ſich durch groͤßere Annaͤherung an Foͤrmlichkeiten der claſſiſchen Kunſt. So zu Rom in S. Maria maggiore die freilich ſehr be- ſchaͤdigten Muſive des Mittelſchiffes uͤber den Saͤulen; und das halb verſenkte, doch wohl etwas neuere, der Tribune von S. Pu- dentiana. Waͤren die Muſive des großen Bogens der jetzt abge- brannten Paulskirche zu Rom nicht, wie aus Ciampini’s aͤlte- ren Abbildungen zu erſehen, ſehr ſtark reſtaurirt, ſo wuͤrden wir ſchließen muͤſſen, daß dieſe Kunſt, wenigſtens zu Rom, um Theo- doſius des Großen Zeit zuruͤck geſchritten ſey, ſpaͤter ſich wiederum gehoben habe.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/189>, abgerufen am 24.11.2024.