Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

Bild:
<< vorherige Seite

Hirt leichtlich die älteste. Denn obwohl unter so vielen, wel-
che ich gesehen, nur eine Statue des guten Hirten -- zur lin-
ken des Einganges in das christliche Museum der Vaticana
-- einiges technische Kunstverdienst besitzt, so dürfen wir doch
aus dem guten Ansehen dieses einzigen Werkes auf ein ziem-
lich hohes Alterthum der Vorstellung schließen. Freilich wur-
den noch in sehr später Zeit, in der Mitte des vierten Jahr-
hunderts, sehr löbliche Bildnereyen verfertigt, welche der be-
merkten Statue durchaus nicht nachstehen. Durch Bosius
ist die Graburne des Junius Bassus bekannt, welche ich in
den Gewölben der Peterskirche zu Rom verschiedentlich mit
Interesse betrachtet habe; diese fällt nach der Inschrift, die
keine äußere Spur von Verfälschung zeigt *), in die Mitte
des vierten Jahrhunderts; und der Arbeit nach dürfte die um
etwas schönere Graburne unter einem Altare der Franciscaner-
kirche zu Perugia, nur um Weniges älter seyn. Vieles jedoch,

*) Ich habe früher im Kunstblatte 1821, Nr. 12, angedeutet,
daß sie von dem Verzeichniß der Präfecten bey Almeloveen (Fasti
Consulares, Amstel
. 1740. 8. vergl. Jac. Gothofred. Chronol. cod.
Theodos. ad. a. Chr
. 359) um ein Geringes abweicht. -- In Be-
zug auf die gute Arbeit gewähren vornehmlich die Diptycha man-
ches Gegenstück, wie jenes der barberinischen Bibliothek, welches,
nach den Münzen, Constantius II. beygemessen wird, wo das Bild-
niß zu Pferde gewiß sehr schätzbare Arbeit zeigt. Vergleiche Gori,
Thes. vet. Diptych
. und andere vereinzelte Abbildungen von Denk-
malen ders. Art und Bestimmung. Die schätzbare Sammlung von
Denkmalen dies. Art, welche der Abbe Triulzi zu Mayland ver-
einigt hatte, werde ich später berühren. Hier, wie in anderen
Sammlungen, und selbst bey Gori, werden nur zu häufig die klei-
nen Altartafeln des dunkleren Mittelalters, sogar Bruchstücke von
Reliquiarien, mit den Diptychen der letzten Jahrh. des röm. Rei-
ches durcheinander geworfen.

Hirt leichtlich die aͤlteſte. Denn obwohl unter ſo vielen, wel-
che ich geſehen, nur eine Statue des guten Hirten — zur lin-
ken des Einganges in das chriſtliche Muſeum der Vaticana
— einiges techniſche Kunſtverdienſt beſitzt, ſo duͤrfen wir doch
aus dem guten Anſehen dieſes einzigen Werkes auf ein ziem-
lich hohes Alterthum der Vorſtellung ſchließen. Freilich wur-
den noch in ſehr ſpaͤter Zeit, in der Mitte des vierten Jahr-
hunderts, ſehr loͤbliche Bildnereyen verfertigt, welche der be-
merkten Statue durchaus nicht nachſtehen. Durch Boſius
iſt die Graburne des Junius Baſſus bekannt, welche ich in
den Gewoͤlben der Peterskirche zu Rom verſchiedentlich mit
Intereſſe betrachtet habe; dieſe faͤllt nach der Inſchrift, die
keine aͤußere Spur von Verfaͤlſchung zeigt *), in die Mitte
des vierten Jahrhunderts; und der Arbeit nach duͤrfte die um
etwas ſchoͤnere Graburne unter einem Altare der Franciscaner-
kirche zu Perugia, nur um Weniges aͤlter ſeyn. Vieles jedoch,

*) Ich habe fruͤher im Kunſtblatte 1821, Nr. 12, angedeutet,
daß ſie von dem Verzeichniß der Praͤfecten bey Almeloveen (Fasti
Consulares, Amstel
. 1740. 8. vergl. Jac. Gothofred. Chronol. cod.
Theodos. ad. a. Chr
. 359) um ein Geringes abweicht. — In Be-
zug auf die gute Arbeit gewaͤhren vornehmlich die Diptycha man-
ches Gegenſtuͤck, wie jenes der barberiniſchen Bibliothek, welches,
nach den Muͤnzen, Conſtantius II. beygemeſſen wird, wo das Bild-
niß zu Pferde gewiß ſehr ſchaͤtzbare Arbeit zeigt. Vergleiche Gori,
Thes. vet. Diptych
. und andere vereinzelte Abbildungen von Denk-
malen derſ. Art und Beſtimmung. Die ſchaͤtzbare Sammlung von
Denkmalen dieſ. Art, welche der Abbé Triulzi zu Mayland ver-
einigt hatte, werde ich ſpaͤter beruͤhren. Hier, wie in anderen
Sammlungen, und ſelbſt bey Gori, werden nur zu haͤufig die klei-
nen Altartafeln des dunkleren Mittelalters, ſogar Bruchſtuͤcke von
Reliquiarien, mit den Diptychen der letzten Jahrh. des roͤm. Rei-
ches durcheinander geworfen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0186" n="168"/>
Hirt leichtlich die a&#x0364;lte&#x017F;te. Denn obwohl unter &#x017F;o vielen, wel-<lb/>
che ich ge&#x017F;ehen, nur eine Statue des guten Hirten &#x2014; zur lin-<lb/>
ken des Einganges in das chri&#x017F;tliche Mu&#x017F;eum der Vaticana<lb/>
&#x2014; einiges techni&#x017F;che Kun&#x017F;tverdien&#x017F;t be&#x017F;itzt, &#x017F;o du&#x0364;rfen wir doch<lb/>
aus dem guten An&#x017F;ehen die&#x017F;es einzigen Werkes auf ein ziem-<lb/>
lich hohes Alterthum der Vor&#x017F;tellung &#x017F;chließen. Freilich wur-<lb/>
den noch in &#x017F;ehr &#x017F;pa&#x0364;ter Zeit, in der Mitte des vierten Jahr-<lb/>
hunderts, &#x017F;ehr lo&#x0364;bliche Bildnereyen verfertigt, welche der be-<lb/>
merkten Statue durchaus nicht nach&#x017F;tehen. Durch <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/124525490">Bo&#x017F;ius</persName></hi><lb/>
i&#x017F;t die Graburne des <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118990195">Junius Ba&#x017F;&#x017F;us</persName> bekannt, welche ich in<lb/>
den Gewo&#x0364;lben der Peterskirche zu <placeName>Rom</placeName> ver&#x017F;chiedentlich mit<lb/>
Intere&#x017F;&#x017F;e betrachtet habe; die&#x017F;e fa&#x0364;llt nach der In&#x017F;chrift, die<lb/>
keine a&#x0364;ußere Spur von Verfa&#x0364;l&#x017F;chung zeigt <note place="foot" n="*)">Ich habe fru&#x0364;her im Kun&#x017F;tblatte 1821, Nr. 12, angedeutet,<lb/>
daß &#x017F;ie von dem Verzeichniß der Pra&#x0364;fecten bey <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119514877">Almeloveen</persName> (<hi rendition="#aq">Fasti<lb/>
Consulares, <placeName>Amstel</placeName></hi>. 1740. 8. vergl. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118974041"><hi rendition="#aq">Jac. <hi rendition="#g">Gothofred</hi>.</hi></persName><hi rendition="#aq"> Chronol. cod.<lb/>
Theodos. ad. a. Chr</hi>. 359) um ein Geringes abweicht. &#x2014; In Be-<lb/>
zug auf die gute Arbeit gewa&#x0364;hren vornehmlich die Diptycha man-<lb/>
ches Gegen&#x017F;tu&#x0364;ck, wie jenes der barberini&#x017F;chen Bibliothek, welches,<lb/>
nach den Mu&#x0364;nzen, <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118521969">Con&#x017F;tantius <hi rendition="#aq">II.</hi></persName> beygeme&#x017F;&#x017F;en wird, wo das Bild-<lb/>
niß zu Pferde gewiß &#x017F;ehr &#x017F;cha&#x0364;tzbare Arbeit zeigt. Vergleiche <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118964925">Gori</persName></hi>,<lb/>
Thes. vet. Diptych</hi>. und andere vereinzelte Abbildungen von Denk-<lb/>
malen der&#x017F;. Art und Be&#x017F;timmung. Die &#x017F;cha&#x0364;tzbare Sammlung von<lb/>
Denkmalen die&#x017F;. Art, welche der Abb<hi rendition="#aq">é</hi> <hi rendition="#g"><choice><sic>Triubzi</sic><corr><persName ref="nognd">Triulzi</persName></corr></choice></hi> zu <placeName>Mayland</placeName> ver-<lb/>
einigt hatte, werde ich &#x017F;pa&#x0364;ter beru&#x0364;hren. Hier, wie in anderen<lb/>
Sammlungen, und &#x017F;elb&#x017F;t bey <hi rendition="#g"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118964925">Gori</persName></hi>, werden nur zu ha&#x0364;ufig die klei-<lb/>
nen Altartafeln des dunkleren Mittelalters, &#x017F;ogar Bruch&#x017F;tu&#x0364;cke von<lb/>
Reliquiarien, mit den Diptychen der letzten Jahrh. des ro&#x0364;m. Rei-<lb/>
ches durcheinander geworfen.</note>, in die Mitte<lb/>
des vierten Jahrhunderts; und der Arbeit nach du&#x0364;rfte die um<lb/>
etwas &#x017F;cho&#x0364;nere Graburne unter einem Altare der Franciscaner-<lb/>
kirche zu <placeName>Perugia</placeName>, nur um Weniges a&#x0364;lter &#x017F;eyn. Vieles jedoch,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[168/0186] Hirt leichtlich die aͤlteſte. Denn obwohl unter ſo vielen, wel- che ich geſehen, nur eine Statue des guten Hirten — zur lin- ken des Einganges in das chriſtliche Muſeum der Vaticana — einiges techniſche Kunſtverdienſt beſitzt, ſo duͤrfen wir doch aus dem guten Anſehen dieſes einzigen Werkes auf ein ziem- lich hohes Alterthum der Vorſtellung ſchließen. Freilich wur- den noch in ſehr ſpaͤter Zeit, in der Mitte des vierten Jahr- hunderts, ſehr loͤbliche Bildnereyen verfertigt, welche der be- merkten Statue durchaus nicht nachſtehen. Durch Boſius iſt die Graburne des Junius Baſſus bekannt, welche ich in den Gewoͤlben der Peterskirche zu Rom verſchiedentlich mit Intereſſe betrachtet habe; dieſe faͤllt nach der Inſchrift, die keine aͤußere Spur von Verfaͤlſchung zeigt *), in die Mitte des vierten Jahrhunderts; und der Arbeit nach duͤrfte die um etwas ſchoͤnere Graburne unter einem Altare der Franciscaner- kirche zu Perugia, nur um Weniges aͤlter ſeyn. Vieles jedoch, *) Ich habe fruͤher im Kunſtblatte 1821, Nr. 12, angedeutet, daß ſie von dem Verzeichniß der Praͤfecten bey Almeloveen (Fasti Consulares, Amstel. 1740. 8. vergl. Jac. Gothofred. Chronol. cod. Theodos. ad. a. Chr. 359) um ein Geringes abweicht. — In Be- zug auf die gute Arbeit gewaͤhren vornehmlich die Diptycha man- ches Gegenſtuͤck, wie jenes der barberiniſchen Bibliothek, welches, nach den Muͤnzen, Conſtantius II. beygemeſſen wird, wo das Bild- niß zu Pferde gewiß ſehr ſchaͤtzbare Arbeit zeigt. Vergleiche Gori, Thes. vet. Diptych. und andere vereinzelte Abbildungen von Denk- malen derſ. Art und Beſtimmung. Die ſchaͤtzbare Sammlung von Denkmalen dieſ. Art, welche der Abbé Triulzi zu Mayland ver- einigt hatte, werde ich ſpaͤter beruͤhren. Hier, wie in anderen Sammlungen, und ſelbſt bey Gori, werden nur zu haͤufig die klei- nen Altartafeln des dunkleren Mittelalters, ſogar Bruchſtuͤcke von Reliquiarien, mit den Diptychen der letzten Jahrh. des roͤm. Rei- ches durcheinander geworfen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/186
Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/186>, abgerufen am 01.05.2024.