Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.mit welcher die Holländer im siebzehnten Jahrhundert sich dem Bildende Kunst war uns dort: eine eigene und wohl die *) In einer edleren, unserm künstlerischen Denken verwand-
teren Bedeutung steht Phantasie in den angef. Versuchen des Hrn. v. Humboldt. mit welcher die Hollaͤnder im ſiebzehnten Jahrhundert ſich dem Bildende Kunſt war uns dort: eine eigene und wohl die *) In einer edleren, unſerm kuͤnſtleriſchen Denken verwand-
teren Bedeutung ſteht Phantaſie in den angef. Verſuchen des Hrn. v. Humboldt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0139" n="121"/> mit welcher die Hollaͤnder im ſiebzehnten Jahrhundert ſich dem<lb/> Eindruck des ihnen ſinnlich Vorliegenden hingegeben, ohne<lb/> einige Ausnahme fuͤr gute und loͤbliche Richtungen der allge-<lb/> meinen Kunſtanlage zu achten ſind. Denn eben, wie ſie nir-<lb/> gend dem Sinn und Gefuͤhl gebildeter Kunſtfreunde wider-<lb/> ſtreben, eben wie ſie ſogar von den Bekennern ſolcher Syſteme,<lb/> in denen ſich fuͤr einzelne dieſer Richtungen kein Raum vor-<lb/> gefunden, nicht ohne Inconſequenz doch in der Anwendung<lb/> immer gebilligt werden: eben ſo vereinbar ſind ſie ſaͤmmtlich<lb/> mit dem allgemeinſten Seyn und Wirken der Kunſt, wenn<lb/> wir anders bey der Erklaͤrung, die ich oben vorangeſtellt, be-<lb/> harren wollen.</p><lb/> <p>Bildende Kunſt war uns dort: eine eigene und wohl die<lb/> angemeſſenſte Form der Darſtellung anſchaulich aufgefaßter<lb/> Dinge; die geiſtige Thaͤtigkeit aber, aus welcher die Kunſt<lb/> hervorgeht, hatte ich zwar dem abſtracten Denken entgegenge-<lb/> ſetzt, doch vermieden, ſie zu zergliedern. Denn auch davon<lb/> abgeſehen, daß ich einer ſolchen Unterſuchung mich keineswe-<lb/> ges gewachſen fuͤhle, duͤrfte das anſchauliche Denken, oder die<lb/> kuͤnſtleriſche Geiſtesart, dem Verſtande mit ſeinen ſcharfen Be-<lb/> griffeszangen, mit ſeinen trennenden Meſſern und Scheeren<lb/> uͤberhaupt minder zugaͤnglich ſeyn. Gewiß gewaͤhrt die Sprache<lb/> nicht einmal ein Wort, welches nur ihren allgemeinſten Be-<lb/> griff ganz deckte. Denn Imagination, Phantaſie werden meiſt<lb/> als regelloſe untergeordnete Kraͤfte und Thaͤtigkeiten betrach-<lb/> tet <note place="foot" n="*)">In einer edleren, unſerm kuͤnſtleriſchen Denken verwand-<lb/> teren Bedeutung ſteht Phantaſie in den angef. Verſuchen des Hrn.<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118554727">v. <hi rendition="#g">Humboldt</hi></persName>.</note>; Contemplation und Beſchauung haben einen einſeitig<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [121/0139]
mit welcher die Hollaͤnder im ſiebzehnten Jahrhundert ſich dem
Eindruck des ihnen ſinnlich Vorliegenden hingegeben, ohne
einige Ausnahme fuͤr gute und loͤbliche Richtungen der allge-
meinen Kunſtanlage zu achten ſind. Denn eben, wie ſie nir-
gend dem Sinn und Gefuͤhl gebildeter Kunſtfreunde wider-
ſtreben, eben wie ſie ſogar von den Bekennern ſolcher Syſteme,
in denen ſich fuͤr einzelne dieſer Richtungen kein Raum vor-
gefunden, nicht ohne Inconſequenz doch in der Anwendung
immer gebilligt werden: eben ſo vereinbar ſind ſie ſaͤmmtlich
mit dem allgemeinſten Seyn und Wirken der Kunſt, wenn
wir anders bey der Erklaͤrung, die ich oben vorangeſtellt, be-
harren wollen.
Bildende Kunſt war uns dort: eine eigene und wohl die
angemeſſenſte Form der Darſtellung anſchaulich aufgefaßter
Dinge; die geiſtige Thaͤtigkeit aber, aus welcher die Kunſt
hervorgeht, hatte ich zwar dem abſtracten Denken entgegenge-
ſetzt, doch vermieden, ſie zu zergliedern. Denn auch davon
abgeſehen, daß ich einer ſolchen Unterſuchung mich keineswe-
ges gewachſen fuͤhle, duͤrfte das anſchauliche Denken, oder die
kuͤnſtleriſche Geiſtesart, dem Verſtande mit ſeinen ſcharfen Be-
griffeszangen, mit ſeinen trennenden Meſſern und Scheeren
uͤberhaupt minder zugaͤnglich ſeyn. Gewiß gewaͤhrt die Sprache
nicht einmal ein Wort, welches nur ihren allgemeinſten Be-
griff ganz deckte. Denn Imagination, Phantaſie werden meiſt
als regelloſe untergeordnete Kraͤfte und Thaͤtigkeiten betrach-
tet *); Contemplation und Beſchauung haben einen einſeitig
*) In einer edleren, unſerm kuͤnſtleriſchen Denken verwand-
teren Bedeutung ſteht Phantaſie in den angef. Verſuchen des Hrn.
v. Humboldt.
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