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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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an den Tag legen *). Winckelmann indeß, der diesen,
gleich anderen Kunstausdrücken, von den Italienern annahm,
erweiterte ihn sogleich nach seiner durchhin höheren Ansicht,
indem er die Manier, den Styl im Sinne der Italiener, mit
gewissen Richtungen des Geistes in Verbindung dachte, aus
diesen, jenen ableitete. Denn es ist klar, daß seine verschie-
denen Kunststyle der Griechen, welche in Aller Munde sind,
nicht bloß auf Wahrnehmungen angenommener Artungen des
Vortrages beruhen, vielmehr besonders auf der Beobachtung
bestimmter Richtungen des geistigen Sinnes auf Edles, Ge-
fälliges, oder Anderes. Der Ausdruck, Styl schöner For-
men
, welcher in noch neueren Kunstschriften vorkommt, scheint
eine entschiedenere Neigung, oder Gewöhnung zum Schönen
anzudeuten; denn es ist undeutlich, ob er mehr von bestimm-
ten Richtungen des Geistes, oder nur von Fertigkeiten der
Hand zu verstehen sey. -- Doch unter allen Umständen möchte
es gegen die Ableitung seyn, Solches, was bereits auf der
Wahl und Auffassung des Gegenstandes beruhet, also auf der
allgemeinen Empfänglichkeit und Richtung des Geistes ganzer
Schulen, oder einzelner Meister, mit einem Worte zu bezeich-
nen, welches ursprünglich ein bloßes Werkzeug bedeutet, also
in der Strenge auch bildlich nur von Vorzügen der Behand-
lung des äußeren Stoffes sollte verstanden werden.

Es ist mir unbekannt, durch welchen Zufall der, obwohl
noch schwankende, Stylbegriff vieler Künstler der jüngsten Zeit
dem Grundbilde des Wortes sich wiederum angenähert hat **).

*) Stile facile, robusto etc.
**) Ich vermuthe, daß dieses damals geschehen, als Car-
stens
, Thorwaldsen
und andere Künstler zu Rom den Grund

an den Tag legen *). Winckelmann indeß, der dieſen,
gleich anderen Kunſtausdruͤcken, von den Italienern annahm,
erweiterte ihn ſogleich nach ſeiner durchhin hoͤheren Anſicht,
indem er die Manier, den Styl im Sinne der Italiener, mit
gewiſſen Richtungen des Geiſtes in Verbindung dachte, aus
dieſen, jenen ableitete. Denn es iſt klar, daß ſeine verſchie-
denen Kunſtſtyle der Griechen, welche in Aller Munde ſind,
nicht bloß auf Wahrnehmungen angenommener Artungen des
Vortrages beruhen, vielmehr beſonders auf der Beobachtung
beſtimmter Richtungen des geiſtigen Sinnes auf Edles, Ge-
faͤlliges, oder Anderes. Der Ausdruck, Styl ſchoͤner For-
men
, welcher in noch neueren Kunſtſchriften vorkommt, ſcheint
eine entſchiedenere Neigung, oder Gewoͤhnung zum Schoͤnen
anzudeuten; denn es iſt undeutlich, ob er mehr von beſtimm-
ten Richtungen des Geiſtes, oder nur von Fertigkeiten der
Hand zu verſtehen ſey. — Doch unter allen Umſtaͤnden moͤchte
es gegen die Ableitung ſeyn, Solches, was bereits auf der
Wahl und Auffaſſung des Gegenſtandes beruhet, alſo auf der
allgemeinen Empfaͤnglichkeit und Richtung des Geiſtes ganzer
Schulen, oder einzelner Meiſter, mit einem Worte zu bezeich-
nen, welches urſpruͤnglich ein bloßes Werkzeug bedeutet, alſo
in der Strenge auch bildlich nur von Vorzuͤgen der Behand-
lung des aͤußeren Stoffes ſollte verſtanden werden.

Es iſt mir unbekannt, durch welchen Zufall der, obwohl
noch ſchwankende, Stylbegriff vieler Kuͤnſtler der juͤngſten Zeit
dem Grundbilde des Wortes ſich wiederum angenaͤhert hat **).

*) Stile facile, robusto etc.
**) Ich vermuthe, daß dieſes damals geſchehen, als Car-
ſtens
, Thorwaldſen
und andere Kuͤnſtler zu Rom den Grund
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[86/0104] an den Tag legen *). Winckelmann indeß, der dieſen, gleich anderen Kunſtausdruͤcken, von den Italienern annahm, erweiterte ihn ſogleich nach ſeiner durchhin hoͤheren Anſicht, indem er die Manier, den Styl im Sinne der Italiener, mit gewiſſen Richtungen des Geiſtes in Verbindung dachte, aus dieſen, jenen ableitete. Denn es iſt klar, daß ſeine verſchie- denen Kunſtſtyle der Griechen, welche in Aller Munde ſind, nicht bloß auf Wahrnehmungen angenommener Artungen des Vortrages beruhen, vielmehr beſonders auf der Beobachtung beſtimmter Richtungen des geiſtigen Sinnes auf Edles, Ge- faͤlliges, oder Anderes. Der Ausdruck, Styl ſchoͤner For- men, welcher in noch neueren Kunſtſchriften vorkommt, ſcheint eine entſchiedenere Neigung, oder Gewoͤhnung zum Schoͤnen anzudeuten; denn es iſt undeutlich, ob er mehr von beſtimm- ten Richtungen des Geiſtes, oder nur von Fertigkeiten der Hand zu verſtehen ſey. — Doch unter allen Umſtaͤnden moͤchte es gegen die Ableitung ſeyn, Solches, was bereits auf der Wahl und Auffaſſung des Gegenſtandes beruhet, alſo auf der allgemeinen Empfaͤnglichkeit und Richtung des Geiſtes ganzer Schulen, oder einzelner Meiſter, mit einem Worte zu bezeich- nen, welches urſpruͤnglich ein bloßes Werkzeug bedeutet, alſo in der Strenge auch bildlich nur von Vorzuͤgen der Behand- lung des aͤußeren Stoffes ſollte verſtanden werden. Es iſt mir unbekannt, durch welchen Zufall der, obwohl noch ſchwankende, Stylbegriff vieler Kuͤnſtler der juͤngſten Zeit dem Grundbilde des Wortes ſich wiederum angenaͤhert hat **). *) Stile facile, robusto etc. **) Ich vermuthe, daß dieſes damals geſchehen, als Car- ſtens, Thorwaldſen und andere Kuͤnſtler zu Rom den Grund

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/104>, abgerufen am 28.11.2024.