und glücklich wird, aus der unsichtbaren Vater- hand empfangen, lehrt es, diesen Vater mit tie- fer Ehrfurcht lieben, so kann es über das Versagte nicht murren. Ein so gebildetes Gemüth taugt sicherlich für alle Verhältnisse des Lebens, für die höchsten wie für die niedrigsten. Es ziert den An- tonin auf dem Thron, und macht den Tagelöhner achtungswerth. Es bewahrt ganz unbezweifelt die niedern Stände vor der Niederträchtigkeit, die Armuth vor der Armseligkeit, das Unglück vor dem Elend, und gibt statt der Kriecherei eine De- muth, die mit dem schönsten Selbstgefühl beste- hen kann.
Dies also sey das Ziel der Bildung dieser kleinen Kolonie. Glückt es, so müssen sie, die die Welt unglücklich nennt, in sich selbst und durch sich selbst neidenswerth glücklich seyn. Jemehr diese Kinder sich dem Alter nähern, wo die Kindheit in die eigentliche Jugend übergeht, jemehr müssen sie das Leben mit einem ernsten Blick anschauen, und die Forderungen die sie an sich selbst zu machen haben, mit Klarheit erkennen. Und das Erkannte
und glücklich wird, aus der unſichtbaren Vater- hand empfangen, lehrt es, dieſen Vater mit tie- fer Ehrfurcht lieben, ſo kann es über das Verſagte nicht murren. Ein ſo gebildetes Gemüth taugt ſicherlich für alle Verhältniſſe des Lebens, für die höchſten wie für die niedrigſten. Es ziert den An- tonin auf dem Thron, und macht den Tagelöhner achtungswerth. Es bewahrt ganz unbezweifelt die niedern Stände vor der Niederträchtigkeit, die Armuth vor der Armſeligkeit, das Unglück vor dem Elend, und gibt ſtatt der Kriecherei eine De- muth, die mit dem ſchönſten Selbſtgefühl beſte- hen kann.
Dies alſo ſey das Ziel der Bildung dieſer kleinen Kolonie. Glückt es, ſo müſſen ſie, die die Welt unglücklich nennt, in ſich ſelbſt und durch ſich ſelbſt neidenswerth glücklich ſeyn. Jemehr dieſe Kinder ſich dem Alter nähern, wo die Kindheit in die eigentliche Jugend übergeht, jemehr müſſen ſie das Leben mit einem ernſten Blick anſchauen, und die Forderungen die ſie an ſich ſelbſt zu machen haben, mit Klarheit erkennen. Und das Erkannte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0407"n="399"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
und glücklich wird, aus der unſichtbaren Vater-<lb/>
hand empfangen, lehrt es, dieſen Vater mit tie-<lb/>
fer Ehrfurcht lieben, ſo kann es über das Verſagte<lb/>
nicht murren. Ein ſo gebildetes Gemüth taugt<lb/>ſicherlich für alle Verhältniſſe des Lebens, für die<lb/>
höchſten wie für die niedrigſten. Es ziert den An-<lb/>
tonin auf dem Thron, und macht den Tagelöhner<lb/>
achtungswerth. Es bewahrt ganz unbezweifelt<lb/>
die niedern Stände vor der Niederträchtigkeit, die<lb/>
Armuth vor der Armſeligkeit, das Unglück vor<lb/>
dem Elend, und gibt ſtatt der Kriecherei eine De-<lb/>
muth, die mit dem ſchönſten Selbſtgefühl beſte-<lb/>
hen kann.</p><lb/><p>Dies alſo ſey das Ziel der Bildung dieſer kleinen<lb/>
Kolonie. Glückt es, ſo müſſen ſie, die die Welt<lb/>
unglücklich nennt, in ſich ſelbſt und durch ſich ſelbſt<lb/>
neidenswerth glücklich ſeyn. Jemehr dieſe Kinder<lb/>ſich dem Alter nähern, wo die Kindheit in die<lb/>
eigentliche Jugend übergeht, jemehr müſſen ſie<lb/>
das Leben mit einem ernſten Blick anſchauen, und<lb/>
die Forderungen die ſie an ſich ſelbſt zu machen<lb/>
haben, mit Klarheit erkennen. Und das Erkannte<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[399/0407]
und glücklich wird, aus der unſichtbaren Vater-
hand empfangen, lehrt es, dieſen Vater mit tie-
fer Ehrfurcht lieben, ſo kann es über das Verſagte
nicht murren. Ein ſo gebildetes Gemüth taugt
ſicherlich für alle Verhältniſſe des Lebens, für die
höchſten wie für die niedrigſten. Es ziert den An-
tonin auf dem Thron, und macht den Tagelöhner
achtungswerth. Es bewahrt ganz unbezweifelt
die niedern Stände vor der Niederträchtigkeit, die
Armuth vor der Armſeligkeit, das Unglück vor
dem Elend, und gibt ſtatt der Kriecherei eine De-
muth, die mit dem ſchönſten Selbſtgefühl beſte-
hen kann.
Dies alſo ſey das Ziel der Bildung dieſer kleinen
Kolonie. Glückt es, ſo müſſen ſie, die die Welt
unglücklich nennt, in ſich ſelbſt und durch ſich ſelbſt
neidenswerth glücklich ſeyn. Jemehr dieſe Kinder
ſich dem Alter nähern, wo die Kindheit in die
eigentliche Jugend übergeht, jemehr müſſen ſie
das Leben mit einem ernſten Blick anſchauen, und
die Forderungen die ſie an ſich ſelbſt zu machen
haben, mit Klarheit erkennen. Und das Erkannte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/407>, abgerufen am 17.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.