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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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sagen magst, laß Betty einen Blick in Dein Herz
thun.

W. Nein, ich will noch warten, ich will ihrer
erst recht werth werden.

Jch. Gut, Woldemar, so wünscht es Dein
Vater. Auch bist Du ja noch so jung. Nicht
ganz so steht es mit Platov. Der ist um ein be-
trächtliches älter, und wenn der sein Herz noch
lange hinhält, so wird es zum höchsten Glück in
diesem Bündniß zu spät.

W. Wenn ich mich in Platov's Wünschen nicht
irre, wenn er Jda wirklich so liebt, wie sie ge-
liebt werden muß, und wenn auch Jda ihn unter
allen Männern allein für den Auserwählten, Ein-
zigen hält, der sie glücklich machen kann, dann
muß sie sein werden: das könnt' ich und würde ich
vom Vater erbetteln oder ertrotzen, aber haben
muß er sie; denn wie anders wär' ihm die Wohl-
that der neun Lebensjahre zu vergelten, die er mir
opfert? Und schöner ist noch kein solches Opfer ge-
bracht worden. O der Vater kann ihm Jda nicht
versagen: er hat sonst nichts in seinem Vermögen,
das zur Vergeltung für Platov's königliches Ge-



ſagen magſt, laß Betty einen Blick in Dein Herz
thun.

W. Nein, ich will noch warten, ich will ihrer
erſt recht werth werden.

Jch. Gut, Woldemar, ſo wünſcht es Dein
Vater. Auch biſt Du ja noch ſo jung. Nicht
ganz ſo ſteht es mit Platov. Der iſt um ein be-
trächtliches älter, und wenn der ſein Herz noch
lange hinhält, ſo wird es zum höchſten Glück in
dieſem Bündniß zu ſpät.

W. Wenn ich mich in Platov’s Wünſchen nicht
irre, wenn er Jda wirklich ſo liebt, wie ſie ge-
liebt werden muß, und wenn auch Jda ihn unter
allen Männern allein für den Auserwählten, Ein-
zigen hält, der ſie glücklich machen kann, dann
muß ſie ſein werden: das könnt’ ich und würde ich
vom Vater erbetteln oder ertrotzen, aber haben
muß er ſie; denn wie anders wär’ ihm die Wohl-
that der neun Lebensjahre zu vergelten, die er mir
opfert? Und ſchöner iſt noch kein ſolches Opfer ge-
bracht worden. O der Vater kann ihm Jda nicht
verſagen: er hat ſonſt nichts in ſeinem Vermögen,
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[296/0304] ſagen magſt, laß Betty einen Blick in Dein Herz thun. W. Nein, ich will noch warten, ich will ihrer erſt recht werth werden. Jch. Gut, Woldemar, ſo wünſcht es Dein Vater. Auch biſt Du ja noch ſo jung. Nicht ganz ſo ſteht es mit Platov. Der iſt um ein be- trächtliches älter, und wenn der ſein Herz noch lange hinhält, ſo wird es zum höchſten Glück in dieſem Bündniß zu ſpät. W. Wenn ich mich in Platov’s Wünſchen nicht irre, wenn er Jda wirklich ſo liebt, wie ſie ge- liebt werden muß, und wenn auch Jda ihn unter allen Männern allein für den Auserwählten, Ein- zigen hält, der ſie glücklich machen kann, dann muß ſie ſein werden: das könnt’ ich und würde ich vom Vater erbetteln oder ertrotzen, aber haben muß er ſie; denn wie anders wär’ ihm die Wohl- that der neun Lebensjahre zu vergelten, die er mir opfert? Und ſchöner iſt noch kein ſolches Opfer ge- bracht worden. O der Vater kann ihm Jda nicht verſagen: er hat ſonſt nichts in ſeinem Vermögen, das zur Vergeltung für Platov’s königliches Ge-

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/304>, abgerufen am 04.05.2024.