Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.werden, sie entschädigen? Elv. Aber der Tanz, die eigentliche Seele des Vergnügens? Jch. Der wird das Leben, die Seele der jungen Seele, wird ihr einziger herrschende Gedanke, wenn man die Mädchen früh auf öffentliche Bälle führt. Der Reiz, da schon eine bedeutende Rolle zu ha- ben, ist zu mächtig für sie, um sie nicht aus dem Gleichgewichte zu bringen. Alles ihr Dichten und Trachten gehet von nun an nur dahin. Sie berechnen die glücklichen Tage eines Winters nur nach der Anzahl der Bälle, und die wirklich ver- lebten Stunden nur nach den vertanzten. Jedes ruhige Vergnügen muß ihnen jetzt fade scheinen; die stille Einkehr in sich selber immer seltener, der angestrengte Fleiß immer unmögli- cher werden. Elv. Wie sollen sie sich denn aber gegen das männliche Geschlecht benehmen lernen? Wann sollen sie mit diesem in ein engeres Ver- kehr treten? Jch. Mit den Männern in freieres Verkehr tritt eine jede, sobald ein Mann sie zu seiner Lebensgefährtin erkoren. Elv. Und bis dahin sollen sie von Männern ganz entfernt blei- ben, mit ihnen in gar keine Berührung kommen? werden, ſie entſchädigen? Elv. Aber der Tanz, die eigentliche Seele des Vergnügens? Jch. Der wird das Leben, die Seele der jungen Seele, wird ihr einziger herrſchende Gedanke, wenn man die Mädchen früh auf öffentliche Bälle führt. Der Reiz, da ſchon eine bedeutende Rolle zu ha- ben, iſt zu mächtig für ſie, um ſie nicht aus dem Gleichgewichte zu bringen. Alles ihr Dichten und Trachten gehet von nun an nur dahin. Sie berechnen die glücklichen Tage eines Winters nur nach der Anzahl der Bälle, und die wirklich ver- lebten Stunden nur nach den vertanzten. Jedes ruhige Vergnügen muß ihnen jetzt fade ſcheinen; die ſtille Einkehr in ſich ſelber immer ſeltener, der angeſtrengte Fleiß immer unmögli- cher werden. Elv. Wie ſollen ſie ſich denn aber gegen das männliche Geſchlecht benehmen lernen? Wann ſollen ſie mit dieſem in ein engeres Ver- kehr treten? Jch. Mit den Männern in freieres Verkehr tritt eine jede, ſobald ein Mann ſie zu ſeiner Lebensgefährtin erkoren. Elv. Und bis dahin ſollen ſie von Männern ganz entfernt blei- ben, mit ihnen in gar keine Berührung kommen? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0266" n="258"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> werden, ſie entſchädigen? <hi rendition="#g">Elv</hi>. Aber der Tanz,<lb/> die eigentliche Seele des Vergnügens? <hi rendition="#g">Jch</hi>. Der<lb/> wird das Leben, die Seele der jungen Seele,<lb/> wird ihr einziger herrſchende Gedanke, wenn man<lb/> die Mädchen früh auf öffentliche Bälle führt.<lb/> Der Reiz, da ſchon eine bedeutende Rolle zu ha-<lb/> ben, iſt zu mächtig für ſie, um ſie nicht aus dem<lb/> Gleichgewichte zu bringen. Alles ihr Dichten<lb/> und Trachten gehet von nun an nur dahin. Sie<lb/> berechnen die glücklichen Tage eines Winters nur<lb/> nach der Anzahl der Bälle, und die wirklich <hi rendition="#g">ver-<lb/> lebten</hi> Stunden nur nach den <hi rendition="#g">vertanzten</hi>.<lb/> Jedes ruhige Vergnügen muß ihnen jetzt fade<lb/> ſcheinen; die ſtille Einkehr in ſich ſelber immer<lb/> ſeltener, der angeſtrengte Fleiß immer unmögli-<lb/> cher werden. <hi rendition="#g">Elv</hi>. Wie ſollen ſie ſich denn aber<lb/> gegen das männliche Geſchlecht benehmen lernen?<lb/> Wann ſollen ſie mit dieſem in ein engeres Ver-<lb/> kehr treten? <hi rendition="#g">Jch</hi>. Mit den Männern in freieres<lb/> Verkehr tritt eine jede, ſobald ein Mann ſie zu<lb/> ſeiner Lebensgefährtin erkoren. <hi rendition="#g">Elv</hi>. Und bis<lb/> dahin ſollen ſie von Männern ganz entfernt blei-<lb/> ben, mit ihnen in gar keine Berührung kommen?<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [258/0266]
werden, ſie entſchädigen? Elv. Aber der Tanz,
die eigentliche Seele des Vergnügens? Jch. Der
wird das Leben, die Seele der jungen Seele,
wird ihr einziger herrſchende Gedanke, wenn man
die Mädchen früh auf öffentliche Bälle führt.
Der Reiz, da ſchon eine bedeutende Rolle zu ha-
ben, iſt zu mächtig für ſie, um ſie nicht aus dem
Gleichgewichte zu bringen. Alles ihr Dichten
und Trachten gehet von nun an nur dahin. Sie
berechnen die glücklichen Tage eines Winters nur
nach der Anzahl der Bälle, und die wirklich ver-
lebten Stunden nur nach den vertanzten.
Jedes ruhige Vergnügen muß ihnen jetzt fade
ſcheinen; die ſtille Einkehr in ſich ſelber immer
ſeltener, der angeſtrengte Fleiß immer unmögli-
cher werden. Elv. Wie ſollen ſie ſich denn aber
gegen das männliche Geſchlecht benehmen lernen?
Wann ſollen ſie mit dieſem in ein engeres Ver-
kehr treten? Jch. Mit den Männern in freieres
Verkehr tritt eine jede, ſobald ein Mann ſie zu
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Zitationshilfe: | Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/266>, abgerufen am 24.07.2024. |