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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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Wie sollen sie denn über Männerwerth urtheilen,
entscheiden, und den bessern herauswählen, wenn
sie -- Jch. Sie fangen an, sich selbst zu wider-
legen, liebste Elvire. Elv. Wie das? Jch.
Sagen Sie mir, in welchem Lande wählen die
Weiber sich ihre Männer? Wenn nun eine noch
so fein unterscheidet, und den treflichsten unter
allen gefunden; darf sie sagen: Du bist mein?
Elv. Wie soll es denn aber seyn? soll sie unbe-
kannt bleiben, mit dem ganzen Geschlechte, und
die erste Hand ergreifen, die sich ihr darbeut,
ohne die bessere zu kennen? Jch. Nein, Freun-
din, das soll sie nicht. Jn dem Hause der El-
tern, an der Seite des Vaters und der Mutter,
im Schooße der Familie, im engern Kreise der
elterlichen Freunde lerne sie das Geschlecht kennen,
aus welchem sie einen Führer durchs Leben bekom-
men soll. Da beobachte, vergleiche und schätze sie
still, bis ihre entscheidende Stunde schlägt.

Aber kein starksinnlicher Eindruck wie beim Tanze,
sey der erste, der auf sie gemacht wird -- und
noch dazu oft von einem ihr durchaus fremden



Wie ſollen ſie denn über Männerwerth urtheilen,
entſcheiden, und den beſſern herauswählen, wenn
ſie — Jch. Sie fangen an, ſich ſelbſt zu wider-
legen, liebſte Elvire. Elv. Wie das? Jch.
Sagen Sie mir, in welchem Lande wählen die
Weiber ſich ihre Männer? Wenn nun eine noch
ſo fein unterſcheidet, und den treflichſten unter
allen gefunden; darf ſie ſagen: Du biſt mein?
Elv. Wie ſoll es denn aber ſeyn? ſoll ſie unbe-
kannt bleiben, mit dem ganzen Geſchlechte, und
die erſte Hand ergreifen, die ſich ihr darbeut,
ohne die beſſere zu kennen? Jch. Nein, Freun-
din, das ſoll ſie nicht. Jn dem Hauſe der El-
tern, an der Seite des Vaters und der Mutter,
im Schooße der Familie, im engern Kreiſe der
elterlichen Freunde lerne ſie das Geſchlecht kennen,
aus welchem ſie einen Führer durchs Leben bekom-
men ſoll. Da beobachte, vergleiche und ſchätze ſie
ſtill, bis ihre entſcheidende Stunde ſchlägt.

Aber kein ſtarkſinnlicher Eindruck wie beim Tanze,
ſey der erſte, der auf ſie gemacht wird — und
noch dazu oft von einem ihr durchaus fremden

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[259/0267] Wie ſollen ſie denn über Männerwerth urtheilen, entſcheiden, und den beſſern herauswählen, wenn ſie — Jch. Sie fangen an, ſich ſelbſt zu wider- legen, liebſte Elvire. Elv. Wie das? Jch. Sagen Sie mir, in welchem Lande wählen die Weiber ſich ihre Männer? Wenn nun eine noch ſo fein unterſcheidet, und den treflichſten unter allen gefunden; darf ſie ſagen: Du biſt mein? Elv. Wie ſoll es denn aber ſeyn? ſoll ſie unbe- kannt bleiben, mit dem ganzen Geſchlechte, und die erſte Hand ergreifen, die ſich ihr darbeut, ohne die beſſere zu kennen? Jch. Nein, Freun- din, das ſoll ſie nicht. Jn dem Hauſe der El- tern, an der Seite des Vaters und der Mutter, im Schooße der Familie, im engern Kreiſe der elterlichen Freunde lerne ſie das Geſchlecht kennen, aus welchem ſie einen Führer durchs Leben bekom- men ſoll. Da beobachte, vergleiche und ſchätze ſie ſtill, bis ihre entſcheidende Stunde ſchlägt. Aber kein ſtarkſinnlicher Eindruck wie beim Tanze, ſey der erſte, der auf ſie gemacht wird — und noch dazu oft von einem ihr durchaus fremden

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/267>, abgerufen am 21.11.2024.