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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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ist nicht nennenswerth gegen die Abschwächung
Deines Körpers, und was Du an moralischer Fe-
stigkeit dadurch gewinnen könntest, hast Du durch
Deinen ernsten Willen schon gewonnen. Und
wolltest du den Ekel durch Hunger bestrafen und
überwinden, so dürftest Du nicht eher wieder essen,
als bis Du das widrigste ohne Empörung Deines
innern Sinnes anschauen und berühren könntest.
Es bleibt also bei dem einen Tage. Sie hielt ihren
Fasttag vortreflich ohne Sauersehen, und ganz wie
es im Evangelio geboten, wenn man ja fasten
wollte. Auch hatte sie es der Lisel streng unter-
sagt, der armen Frau auch nur durch ein Wört-
chen zu verrathen, wer aus der Gesellschaft ihr
das heutige Mittagsessen sende, und ich habe die-
sen Befehl verstärkt, damit Mathilde auch nie ein
lobendes Wörtchen darüber höre. Selbst Jda
fühlte daß sie sich alles Lobes enthalten müsse;
aber sie ist seitdem noch viel liebreicher gegen sie, als
je zuvor.

Wie gefällt Dir jetzt unsere Mathilde? O ich
wußt' es immer, daß sie uns durch ihr hohes Ge-

iſt nicht nennenswerth gegen die Abſchwächung
Deines Körpers, und was Du an moraliſcher Fe-
ſtigkeit dadurch gewinnen könnteſt, haſt Du durch
Deinen ernſten Willen ſchon gewonnen. Und
wollteſt du den Ekel durch Hunger beſtrafen und
überwinden, ſo dürfteſt Du nicht eher wieder eſſen,
als bis Du das widrigſte ohne Empörung Deines
innern Sinnes anſchauen und berühren könnteſt.
Es bleibt alſo bei dem einen Tage. Sie hielt ihren
Faſttag vortreflich ohne Sauerſehen, und ganz wie
es im Evangelio geboten, wenn man ja faſten
wollte. Auch hatte ſie es der Liſel ſtreng unter-
ſagt, der armen Frau auch nur durch ein Wört-
chen zu verrathen, wer aus der Geſellſchaft ihr
das heutige Mittagseſſen ſende, und ich habe die-
ſen Befehl verſtärkt, damit Mathilde auch nie ein
lobendes Wörtchen darüber höre. Selbſt Jda
fühlte daß ſie ſich alles Lobes enthalten müſſe;
aber ſie iſt ſeitdem noch viel liebreicher gegen ſie, als
je zuvor.

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wußt’ es immer, daß ſie uns durch ihr hohes Ge-

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[190/0198] iſt nicht nennenswerth gegen die Abſchwächung Deines Körpers, und was Du an moraliſcher Fe- ſtigkeit dadurch gewinnen könnteſt, haſt Du durch Deinen ernſten Willen ſchon gewonnen. Und wollteſt du den Ekel durch Hunger beſtrafen und überwinden, ſo dürfteſt Du nicht eher wieder eſſen, als bis Du das widrigſte ohne Empörung Deines innern Sinnes anſchauen und berühren könnteſt. Es bleibt alſo bei dem einen Tage. Sie hielt ihren Faſttag vortreflich ohne Sauerſehen, und ganz wie es im Evangelio geboten, wenn man ja faſten wollte. Auch hatte ſie es der Liſel ſtreng unter- ſagt, der armen Frau auch nur durch ein Wört- chen zu verrathen, wer aus der Geſellſchaft ihr das heutige Mittagseſſen ſende, und ich habe die- ſen Befehl verſtärkt, damit Mathilde auch nie ein lobendes Wörtchen darüber höre. Selbſt Jda fühlte daß ſie ſich alles Lobes enthalten müſſe; aber ſie iſt ſeitdem noch viel liebreicher gegen ſie, als je zuvor. Wie gefällt Dir jetzt unſere Mathilde? O ich wußt’ es immer, daß ſie uns durch ihr hohes Ge-

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/198>, abgerufen am 21.11.2024.